Schlossrestaurant - Wolfgang Schröck-Schmidt präsentiert „Essen wie vor hundert Jahren“ / Liebeserklärung an alte kulinarische Schätze

"Essen wie vor hundert Jahren" im Schlossrestaurant

Von 
Maria Herlo
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Wolfgang Schröck-Schmidt (l.) präsentiert den Gästen im Schlossrestaurant die hitorischen Menüs und erzählt die Geschichten dazu. © Lenhardt

Keiner Kunst als der des Kochens gelingt es so hervorragend, die hintersten Regionen des Gehirns wach zu kitzeln. Eine Prise Zimt, der Duft von gebratenen Äpfeln, und schon läuft der innere Film ab, der zurück in die weihnachtlichen Kindertage führt. Kaum jemand weiß das besser als der Kunsthistoriker Wolfgang Schröck-Schmidt, dessen große Leidenschaft die Geschichte ist, vor allem die Geschichte der Kurpfalz, des Schlosses und des Parks. Seit 1991 ist er als Kunsthistoriker hier angestellt.

Sein Interesse an der Erschließung der ferneren Vergangenheit ist immens, seine Neugierde groß. Immer wieder findet er, oft durch Zufall, unbekannte Schätze. Sie öffnen Fenster in ein Stück Kurpfälzer Geschichte, die in Urkunden und anderen schriftlichen Dokumenten nicht festgehalten ist.

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So stieß er beim Plankstadter Walter Ott auf ein Rezeptbuch von dessen Großtanten, der Schwestern Magdalena und Anna Ziegler aus dem Jahr 1915, das ihn sofort faszinierte und es wunderschön gestaltet in seinem Verlag, der Edition Schröck-Schmidt, herausbrachte (wir berichteten). Was kann man nicht alles an Zeitgeschichte daraus ablesen! Zudem enthalten die Rezepte genau das, was zurzeit im Trend liegt: beim Zubereiten des täglichen Essens Zutaten aus heimischen Gärten zu verwenden.

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Wie eine zeitgemäße Adaption eines Rezepts aus dem Kochbuch aussah, führte Donnerstagabend Andreas Bante vor, der Geschäftsführer vom Schlossrestaurant „Theodors“. Er hatte den Mut, sich auf dieses einzigartige Abenteuer einzulassen und lud Gäste zu einem „Essen wie vor hundert Jahren“ ein mit einem Viergangmenü aus dem alten Rezeptbuch.

In Erinnerung wird dieses außergewöhnliche Koch-Event nicht nur wegen der vorzüglich zubereiteten Gerichte bleiben, sondern auch wegen des stilvollen weihnachtlichen Ambientes, wegen des aufmerksamen Servicepersonals, des freundlichen Gastgebers und vor allem wegen der vielen unterhaltsamen, lustigen, informativen Geschichten und Anekdoten, die Wolfgang Schröck-Schmidt zwischen den Gängen servierte, immer auch mit dem entsprechenden Rezept. In gewisser Weise entsprach der Abend einem Gesamtkunstwerk, das eine Seele besaß und eine Atmosphäre von Feinheit und Raffinement verbreitete.

Der „Gruß aus der Küche“

Vorab gab es einen appetitanregenden „Gruß aus der Küche“ in Form von „süßen Gurken“, nicht ohne dass Schröck-Schmidt die Gäste davor kurz in die Geschichte des Schlosses und die der Firma Weck einführte. Denn genau zu Beginn des Jahres 1900 begann die Erfolgsgeschichte der Weck-Gläser und des Einkochens.

Direkt in die Vergangenheit führten die Geröstete Weckmehlsuppe sowie die Schupfnudeln mit gedämpftem Weißkraut als Vorspeise und in die Zeit, als die Menschen in der Schwetzingervorstadt nach Mannheim oder Ludwigshafen fuhren und dort hart arbeiteten.

Zwar gab es keine Not, wie der Kunsthistoriker betonte, aber man „lebte einfach und sparsam. Alles wurde aufgebraucht, auch das trockene Brot“. Und die Gäste konnten probieren, wie man die Weckmehlsuppe, „den Schmalhans von damals“, in ein schmackhaftes Gericht von heute verwandeln kann. Wer wusste schon, dass Schupfnudeln von „schupfen“ kommt und landschaftlich „rollen“, „wälzen“ bedeutet? Auch davon erfuhren die Gäste und dass die Schupfnudeln das Gericht der Landsknechte schon während des Dreißigjährigen Kriegs waren. Bis heute sind sie in der schwäbischen und badischen Küche verbreitet.

Der Begriff „Kraut“ hingegen geht auf das Lateinische „caul(is)“ zurück. Der römische Schriftsteller Cato preist es in seinem Werk „De agricultura“ als Allheilmittel an. Zur traditionellen deutschen Küche gehört der Sauerbraten, der als Hauptgericht mit Butterspätzle serviert wurde, und geschmorter Hase mit Kartoffelklößchen und Rosenkohl. Erste Belege für dessen Anbau datieren auf das Jahr 1587 in den damaligen spanischen Niederlanden, im deutschsprachigen Raum wurde er als „Brüsseler Sprossen“ oder „Brüsseler Kohl“ bekannt, so Schröck-Schmidt. Üblich sind auch die Namen Brabanter oder Rosenwirsing.

Dessert als Augenschmaus

Griespudding, Schneeberg und Gestürzte Kirschwasser-Creme wurde schließlich als Dessert aufgetischt. Spannend zu erfahren, dass „Dessert“ aus dem Französischen stammt und so viel wie „abdecken, die Speisen abtragen“ bedeutet, und dass die Herkunft des Begriffs „Pudding“ nicht eindeutig geklärt ist. Das Dessert wie übrigens das gesamte Menü war nicht nur ein Gaumen-, sondern auch ein Augenschmaus durch die Art, wie alles auf den Tellern angerichtet wurde.

Freie Autorin

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