Was macht eigentlich?

Hans Schreiner - als Spieler und Trainer ein ganz Großer

Von 
Lothar Fischer
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Hans Schreiner zählte in den 1960er Jahren als Spieler und später als Trainer zu den markantesten Akteuren des SV 98 Schwetzingen. Mit nicht mal 18 Jahren debütierte er bereits in der ersten Mannschaft in der 2. Fußball-Amateurliga. Wir befragten den Oftersheimer, der am Freitag seinen 76. Geburtstag feiert, wie es ihm derzeit persönlich geht und ließen dabei zurückliegende Zeiten Revue passieren.

Herr Schreiner, zunächst die Frage: Wie geht es Ihnen?

Zur Person: Hans Schreiner

Hans Schreiner wurde am 9. April 1945 in Schwetzingen in der Herzogstraße (Froschgasse) geboren. Der 75-Jährige wohnt in Oftersheim und nennt als seine Hobbys neben dem Fußball Schwimmen, Radfahren, Lesen und Kunst (Sakralbauten).

Seine Stationen als Spieler: 1957 bis 1966 SV 98 Schwetzingen – drei Jugendmeisterschaften 1958 bis 1961; Meister 2. Amateurliga 1962 bis 1963 und Meister 1. Amateurliga 1963 bis 1964.

1966 bis 1969 ASV Feudenheim – Meister 1. Amateurliga 1966/67; deutscher Amateurländerpokalsieger mit der Nordbadischen Auswahl 1967.

1967 bis 1969: Zwei schwere Verletzungen (linkes Auge und ein Kreuzbandriss) zwangen Schreiner zu einer langen Spielpause, aus der er nicht mehr gestärkt herauskam, so dass er mit 25-Jahren als Spielertrainer beim damaligen A-Ligisten SV Schriesheim seine Trainerlaufbahn begann.

Seine Stationen als Trainer: 1970 bis 1974 – Spielertrainer beim SV Schriesheim, zwei Vizemeisterschaften 1971 und 1972; 1974 bis 1976 – Spielertrainer beim SV Rohrhof, 2. Amateurliga; 1976 bis 1979 – Spielertrainer bei der SG Oftersheim, drei Meisterschaften ab 1977 in Folge;

1979 bis 1984 – Trainer SV 98 Schwetzingen, Verbandsliga-Vizemeister 1981/82 und Aufstieg in die Oberliga Baden-Württemberg; 1984 Badischer Pokalsieger.

1984 bis 1989 – mit ASV Feudenheim Meister Landesliga 1986/87 sowie 1987 erster Hallenmeister im Rhein-Neckar-Kreis.

1989 bis 1992 – mit VfB Leimen Meister Landesliga 1989/90 und Meister Verbandsliga, 1990/91 Aufstieg in die Oberliga Baden-Württemberg.

1992 bis 1994 – TSG Hoffenheim, Landesliga.

1994: Beendigung der Trainerlaufbahn. lof

Hans Schreiner: Danke der Nachfrage. Mir geht es soweit ganz gut. Kopfzerbrechen bereitet mir das aktuelle Zeitgeschehen, denn in solch einer Lage kann es die Politik mit all ihren Maßnahmen nicht allen recht machen, auch wenn ich persönlich so manche Entscheidung wie die Schließung des Schlossgartens grotesk finde. Auf den Anti-Corona-Demos sind immer wieder Rufe nach Freiheit und unumschränkter Verwirklichung von Persönlichkeitsrechten zu hören, was in meinen Augen in Anbetracht der gegenwärtigen Lage unverständlich ist. Die Mahnung zu Solidarität zugunsten des Gemeinwohls und die Erinnerung daran, dass ein Bürger auch Pflichten hat, sind eben aus diesem Personenkreis kaum vernehmbar.

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Sie wuchsen in der Froschgasse, der Herzogstraße in Schwetzingen, auf. Welche Erinnerungen an diese Zeit sind haften geblieben?

Schreiner: Die Froschgasse war autofrei und somit zum Spielen ein Paradies für uns als Kinder. Wir spielten damals neben dem Fußball auch „Kellerlöchels“ und unser Spielgerät waren Tennisbälle, die uns der frühere Welde-Chef Wilhelm Spielmann spendierte. Später war der Bolzplatz in der Ludwigstraße unser bevorzugtes Terrain, auf dem wir stundenlang unserem Spieltrieb ungestört nachgehen konnten. Wir wuchsen sozusagen als Straßenfußballer auf und brachten uns unsere Balltechnik selbst bei. Unsere Kräfte haben wir dann auch gegen andere Straßenmannschaften aus Schwetzingen und Umgebung gemessen. Diesen Vorteil können sich heutige fußballinteressierte Kinder in einem durchgetakteten Alltag sehr schwer vorstellen.

Sie galten als schneller und trickreicher Spieler und haben darüber hinaus gewusst, wo das Tor steht. Wie sind Sie mit Ihren jungen Jahren in der gestandenen Mannschaft um Trainer Theo Wahl zurechtgekommen und aufgenommen worden?

Schreiner: Ich freute mich, dass ich von nun an mit meinem früheren Jugendtrainer Johann Klemm trainieren und spielen durfte. Die Mannschaft hat mich als vollwertigen Mitspieler schnell akzeptiert, was mir den Sprung in den Seniorenbereich im jungen Alter von 17 Jahren enorm erleichterte. Dabei erfuhr ich besondere Unterstützung durch Fritz Münch und meinem Sturmpartner „Locher“, Hans Schmitt, mit denen ich mich gleich gut verstand.

Wie schwer war es für Sie, in der Spielzeit 1963/64 wegen einer Roten Karte nicht an den Aufstiegsspielen zur Regionalliga mitwirken zu können?

Schreiner: Die Nichtteilnahme an den Aufstiegsspielen bedeutete für mich eine enorme emotionale und sportliche Lücke in meinem Werdegang als junger Spieler beim SV 98. Schiedsrichter Berner aus Enzberg/Pforzheim hatte mir zu Unrecht Rot gezeigt, wie er mir gegenüber bei späteren Spielbegegnungen zugab. Er ist damals meinem Gegenspieler vom KFV Karlsruhe auf den Leim gegangen, der mich fast über die gesamte Spielzeit provoziert hatte. Enttäuscht war ich auch, dass man vonseiten des SV 98 nicht versuchte, ein Gnadengesuch einzureichen, um mir eventuell doch noch die Spielerlaubnis zu ermöglichen.

Sie sagen von sich selbst, dass Sie viel Herzblut für Ihren SV 98 empfunden haben. Dennoch sprechen Sie Dinge an, die Ihrer Meinung nach nicht richtig gelaufen sind, worüber Sie enttäuscht waren. Können Sie uns das schildern?

Schreiner: Der SV 98 war mein Verein vom zwölften Lebensjahr an. Ich kann mich sogar an mein erstes Spiel für den SV 98 erinnern, bei dem ich zugleich mein erstes Tor in der Begegnung gegen die TSG Plankstadt erzielte. Ich durfte drei Jugendmeisterschaften, im Seniorenbereich den Aufstieg in die 2. Amateurliga und ein Jahr später die Meisterschaft in der 1. Amateurliga – damals die dritthöchste Spielklasse in Deutschland – feiern. Obwohl ich stets versuchte, mein Bestes für Mannschaft und Verein zu geben, musste ich zu jener Zeit auch manche Enttäuschungen erfahren. So wurden mir sowohl in der Jugend als auch im aktiven Bereich Einladungen des Badischen Fußballverbandes zu Nordbadischen Auswahlspielen von den Funktionären des SV 98 vorenthalten und nicht übermittelt. Dadurch wurde mir möglicherweise ein anderer sportlicher Werdegang verwehrt. Dieser Umstand sowie weitere Ungereimtheiten trugen maßgeblich zu meiner Entscheidung bei, den Verein 1966 in Richtung ASV Feudenheim zu verlassen, wo ich von nun an mehrere Einladungen zur Auswahlmannschaft erhielt.

Sie sind in der Saison 1981/82 als Trainer mit dem SV 98 in die Oberliga auf- und ein Jahr später wieder abgestiegen. Was waren Ihrer Meinung nach die Gründe?

Schreiner: Zum einen war die Regenerationszeit zwischen dem letzten Aufstiegsspiel und Beginn der Oberligarunde recht kurz. Zudem verloren wir mit Wolfgang Nagel und Horst Lauinger zwei große Stützen. Auch war der Anforderungsunterschied zwischen Oberliga und Verbandsliga enorm. Trotz anfänglicher Anpassungsprobleme konnten wir uns peu à peu steigern und erreichten mit dem „Kerwe-Sieg“ gegen den VfR Mannheim sowie einem mehr als respektablen 1:1-Unentschieden beim späteren Meister SSV Ulm 1846 echte Höhepunkte. Doch schnell holte uns der Fußballalltag wieder ein und die ungewohnte neue körperliche und psychische Belastung in der Oberliga hinterließ Spuren. Hinzu kam, dass Pfeiler der Mannschaft wie Peter Ferch, Willi Schöneck, Tolga Tanyeri und Peter Hartmann verletzungsbedingt für längere Zeit ausfielen. Dies konnte schwerlich kompensiert werden. Nach dem Beginn der Rückrunde kam dann der Einbruch. Man konnte förmlich zusehen, wie Moral und Kräfte von Spiel zu Spiel immer mehr nachließen, sodass der Abstieg nicht mehr aufzuhalten war. Auch irgendwie verständlich, bei einem Spieleraufgebot von insgesamt nur 17 Akteuren ohne jegliche Oberliga-Erfahrung. Dennoch möchte ich an dieser Stelle hervorheben, dass meine Spieler in jenen zwei besonders emotionalen Spielzeiten alles gegeben haben, leider nicht mit dem Klassenerhalt belohnt wurden.

Man sagt Ihnen nach, dass Sie bei Ihrer Trainertätigkeit vieles aus dem Bauch heraus entschieden und von Fußballphilosophie nicht viel gehalten haben. Stimmt das denn?

Schreiner: Mit dem Begriff Philosophie, der vor einigen Jahren in den Fußballjournalismus Eingang gefunden hat, kann ich wenig anfangen. Vielmehr neige ich dazu, von Spielidee oder Spielauffassung, vielleicht noch von Spielkonzept zu sprechen – ansonsten wäre ich ja ein Trainer-Philosoph gewesen (lacht). Meine Trainingsgestaltung diente in erster Linie dazu, meine Mannschaft vor jedem Spieltag bestens vorzubereiten. Spielweise und Taktik richtet sich meines Erachtens weitgehend an der Qualität des vorhandenen Spielerkaders. Mein Spielkonzept war immer offensiv ausgerichtet, beruhend auf schnellen Außenverteidigern, die die Aufgabe hatten, die gegnerische Abwehr zu hinterlaufen und von der Grundlinie aus nachrückende Mitspieler anzuspielen. Sehr erfolgreich gelang mir dies beim SV 98 mit Spielern wie Horst Lauinger und Peter Ferch sowie bei der SG Oftersheim mit Rolf Vogt und Helmut Münkel. Diese Spielweise versuchte ich bei allen Vereinen, wo ich als Trainer arbeitete, zu etablieren.

Sie haben sich einmal die Mühe gemacht und dabei festgestellt, dass viele Ihrer früheren Spieler die Trainerlaufbahn eingeschlagen haben. Wie erklären Sie sich dass?

Schreiner: Tatsächlich haben nach meiner Recherche über 30 Spieler, die ich im Laufe meiner Trainertätigkeit bei sieben verschiedenen Vereinen betreut habe, ein Traineramt übernommen. Aus der Schwetzinger Zeit waren dies Peter Ferch, Ehrhard Frei, Rainer Graf, Karl-Heinz Hausruckinger, Peter Hartmann, Reiner Hollich, Udo Körner, Peter Kumpf, Norbert Meckler, Andreas Vogt, Helmut Neureiter, Frank Rathnau und Willi Schöneck. Ihnen zum Trainer-vorbild geworden zu sein war vielleicht dem Umstand geschuldet, dass gemeinsame sportliche Erfolge auf einem vertrauensvollen Verhältnis zwischen Trainer und Spieler(n) beruhten, auf das ich immer großen Wert legte. Diese gute Vertrauensbasis, aus der sich mitunter noch immer währende Freundschaften entwickelten, mag ebenfalls erklären, dass ich mit vielen Spielern im Durchschnitt mindestens vier bis fünf Jahre sowie mit vier Akteuren wie Körner, Neureiter, Meckler und Mike Görke sogar insgesamt acht Jahre zusammengearbeitet habe. Ansonsten fällt mir keine weitere Erklärung zu Ihrer Frage ein.

Freier Autor Lothar Fischer ist ein Kenner in Sachen Fußball in der Region.

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