Wer regelmäßig Fußballspiele im Fernsehen verfolgt, wird den typi-schen Kommentatorenspruch kennen: „Das Tor fiel zu einem psychologisch wichtigen Zeitpunkt.“
Zumeist bezieht sich dieser Ausspruch auf Treffer, die in der 45. Minute oder in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit fallen. 2019 wies „Der Spiegel“ der vermeintlichen Stammtischweisheit gar eine statistische Bedeutung nach. Das Magazin untersuchte 45 000 Begegnungen aus den vier größten europäischen Ligen. Das Resultat: Tore, die unmittelbar vor dem Pausenpfiff fallen, beeinflussen den weiteren Spielverlauf tatsächlich positiv. Zumindest, wenn es sich um das Ausgleichs- oder Führungstor des Teams handelt, der kurz vor der Pause selbst traf.
Als Sandhausens Mittelfeldspieler Janik Bachmann am Freitagabend im Zweitligaduell mit Fortuna Düsseldorf den Torschrei ausstieß, zeigte die Stadionuhr zwar die erste Minute der zweiten Hälfte an, dennoch waren sich die Beteiligten nach Spielende sicher, dass auch dieses Tor zu einem psychologisch wichti-gen Zeitpunkt gefallen war.
Fortuna überrumpelt
„Die 46. Minute war der ‚Game-breaker‘ für uns“, urteilte Gästetrainer Daniel Thioune. SVS-Keeper Patrick Drewes betonte: „Wir haben das 1:0 zu einem sehr guten Zeitpunkt erzielt, das war für Düsseldorf überraschend.“ In der Tat wirkten die zuvor überlegenen Rheinländer vom Auftreten der Hausherren nach der Pause überrumpelt. Nach dem Rückstand hatte die Fortuna konsequent verteidigenden Sandhäusern nicht mehr allzu viel entgegenzusetzen und der SVS gewann mit 1:0.
Als überraschend lässt sich auch die Entwicklung von Janik Bach-mann beschreiben. Eigentlich gelernter Verteidiger, steht der Schlaks von 1,96 Metern nach sechs Toren in der Vorsaison in dieser Spielzeit bereits bei drei Treffern. Das ist nach vier Pflichtspielen Bestwert in seinem Team. Sind Sie also der neue Goalgetter, Herr Bachmann? „Ob ich Torjäger werde, weiß ich nicht“, grinste der 26-Jährige bescheiden. „Ich ackere für die Mannschaft und gebe alles. Wenn dabei ein Tor herausspringt, bin ich glücklich.“
Mit einem kleinen Abstrich trifft das auch auf Söhnchen Noah Jay zu, der beim Interview stolz auf dem Arm seines Papas saß. „Er freut sich immer, wenn ich ein Tor schieße. Ich glaube aber, er klatscht auch, wenn eins für die Gegner fällt“, lachte Bachmann Senior über den einjährigen Junior.
Ein weiteres Mal psychologisch wichtig wurde es gegen die Fortuna unmittelbar vor Spielende. Die Zuschauer wie auch die Sandhäuser Bank hatten sich bereits in sehnsüchtiger Erwartung des Schlusspfiffs erhoben, da schrammte Daniel Ginczeks Schuss haarscharf am späten Ausgleich vorbei (90.+5).
Am Samstag beim KSC
Aufseiten des SV Sandhausen hätte man vermutlich von einer gefühlten Niederlage gesprochen. So aber feierten die Kurpfälzer ihren Coup ausgelassen mit den Fans und gehen mit einem äußerst positiven Gefühl in die anstehende Derbywoche. In deren Verlauf treffen die Hardtwaldkicker am Samstag, 13. August, ab 13 Uhr auf den Karlsruher SC, dessen Saisonstart mit einem Punkt aus drei Spielen und neun Gegentoren mindestens holprig ausgefallen ist. Platz 16 dürfte den KSC keineswegs zufrieden stimmen.
Es gibt aus Sandhäuser Sicht wohl schlechtere Zeitpunkte, um auf den badischen Lokalrivalen zu treffen. Auch psychologisch gesehen.
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