Eishockey - Trainer der Adler Mannheim bezieht eine Position, die der seines Arbeitgebers entgegensteht.

Adler Mannheim distanzieren sich von Trainer Pavel Gross

Pavel Gross hat nicht nur einmal die politischen Entscheidungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie scharf kritisiert. Der Trainer der Adler Mannheim bezieht eine Position, die der seines Arbeitgebers entgegensteht. Adler-Gesellschafter Daniel Hopp wirft dem Coach vor, die Werte des Clubs zu verletzen. Kommt es zum Bruch?

Von 
Christian Rotter
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Adler-Chefcoach Pavel Gross (r.), hier mit seinem Assistenztrainer Mike Pellegrims, hat sich mit seinen wiederholten Äußerungen zur Corona-Politik den Unmut von Clubboss Daniel Hopp zugezogen. © Sörli Binder

Mannheim. Sportlich sind die Adler Mannheim im Soll. Das 1:2 in Wolfsburg am Dienstagabend war in der Deutschen Eishockey Liga zwar ein Rückschlag, und der Rückstand auf den Spitzenreiter Eisbären Berlin wuchs auf sieben Punkte an. Doch trotz des zweiten Tabellenplatzes herrscht bei den Blau-Weiß-Roten nicht eitel Sonnenschein. Im Gegenteil, über dem Club hängt eine negative Stimmungswolke. In der Arena, in der Kabine, in der Führungsetage. Trainer Pavel Gross isoliert sich mit seiner kritischen Einstellung zur Corona-Pandemie im Allgemeinen und zu den politischen Entscheidungen im Speziellen immer mehr.

In den vergangenen Wochen und Monaten verfestigte sich der Eindruck, dass Gross keine Gelegenheit ausließ - diese ab und zu sogar bewusst suchte -, um gegen die Corona-Politik zu wettern. Am Sonntag lieferte der 53-Jährige nach dem 5:1-Erfolg gegen München das jüngste Beispiel. Auf die Nachfrage, warum Verteidiger Thomas Larkin kurzfristig nicht zur Verfügung gestanden hatte, antwortete Gross: "Da bin ich immer noch sauer, dass er nicht gespielt hat. Da kommt mir die Galle hoch. Ihr müsst andere fragen, warum er nicht spielen durfte." Hintergrund ist, dass es in Larkins näherem Umfeld einen Omikron-Verdachtsfall gab. Um die Ausbreitung dieser Corona-Variante zu verlangsamen, gelten in Baden-Württemberg verschärfte Richtlinien. Sportmanager Jan-Axel Alavaara soll entschieden haben, in Larkins Fall kein Risiko einzugehen.

Diese persönlichen Aussagen von Pavel Gross sind eine Respektlosigkeit gegenüber den Werten des Clubs.

Adler-Gesellschafter Daniel Hopp reagierte verärgert auf die erneut in der Öffentlichkeit getätigte Äußerung seines Coachs. "Diese persönlichen Aussagen von Pavel Gross in einer Pressekonferenz des Clubs sind eine Respektlosigkeit gegenüber den Werten des Clubs und des Managements - und letztlich auch mir persönlich gegenüber, die ich in dieser Form noch nicht erlebt habe", betonte der 41-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion - und er legte nach: "Als Trainer der Adler Mannheim Pressekonferenzen des Arbeitgebers zu missbrauchen, um persönliche Meinungen kundzutun, die Interpretationsspielraum zulassen, ist respektlos und gefährlich." Als Gross am Mittwoch damit konfrontiert wurde, dass die Vereinsführung sein Verhalten nicht gutheißt, wollte er sich dazu nicht äußern, sondern betonte, zunächst clubintern das Gespräch suchen zu wollen.

Gross kritisierte nicht zum ersten Mal Richtlinien und Vorgehensweisen der Politik sowie deren Umsetzung seitens der Deutschen Eishockey Liga. Manche Punkte, die der Coach ansprach, waren in der Tat diskussionswürdig. So stieß bei ihm die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabte Stadionauslastung auf Unverständnis. Er kritisierte aber nicht nur einmal Maßnahmen, die seine Spieler und auch der Club ausdrücklich begrüßten. Während die Profis das sogenannte Return-to-play-Protokoll mehrfach lobten - dieses Stufen-Programm soll Sportler nach überstandener Corona-Infektion langsam an den Spielbetrieb heranführen und vor lebensgefährlichen Spätfolgen wie Herzschäden bewahren -, stellte Gross den Sinn in Abrede. "Das sind Profisportler. In den ersten vier Tagen des Return-to-play-Protokolls haben sie fast gar nichts gemacht. Wenn ich in der Arena dreimal die Treppen in den dritten Stock hochlaufe, habe ich höheren Puls", sagte er im September.

Teamintern stieß Gross' Umgang mit den Spielern auf Kritik, die sich nach auskurierter Corona-Infektion zurückmeldeten. Von ihnen sei sofort Vollgas verlangt worden, es habe keine langsame Herangehensweise gegeben. Insofern passte es ins Bild, dass der Trainer die corona-bedingten Ausfälle nie als Entschuldigung heranziehen wollte. Nach dem 3:7 gegen Wolfsburg Anfang Dezember warf er seiner Mannschaft stattdessen ein arrogantes Auftreten vor. Erklärungsversuche, ob einige Spieler nach ihrer Covid-Infektion möglicherweise noch gar nicht wieder bei 100 Prozent sein konnten, wischte er beiseite.

Gross, der sich im November selbst mit dem Virus infiziert hatte, wandelte bei seinen Meinungsäußerungen zur Corona-Politik auf einem schmalen Grat. Einige ließen sich mit seinem kritischen Geist erklären, für den der 53-Jährige bekannt ist. Mit anderen schoss er jedoch deutlich übers Ziel hinaus, als er in kleinem Kreis forderte, dass mehr Menschen für ihre Grundrechte demonstrieren sollten und die schweigende Mehrheit als "kleine Esel" bezeichnete. "Wenn er sagt, dass mehr Leute aufstehen müssen, dann sind das nicht hinnehmbare Aussagen. Das muss man ganz klar sagen", wies ihn Hopp zurecht. "Das sind Aussagen, die er als Person des öffentlichen Lebens trifft. Das geht nicht. Pavel kennt sich sehr gut aus mit Rechten und Pflichten - insofern überrascht mich das schon. Er braucht da eigentlich keine Nachhilfe."

Gross' sportliche Bilanz seit seiner Amtsübernahme in Mannheim ist beachtlich. Gleich im ersten Jahr führte er die Adler 2019 zum Titel, ein Jahr später fielen die Play-offs der Corona-Pandemie zum Opfer, hinter München wären die Mannheimer als Nummer zwei in die K.o.-Runde gegangen. Die Saison 2020/21 endete aber mit einer Enttäuschung. Die Adler dominierten die Hauptrunde zwar nach Belieben, sie waren aber zu früh auf ihrem Leistungszenit. In den Play-offs konnten sie nicht mehr entscheidend zulegen. Im Viertelfinale zogen sie zwar gegen die Straubing Tigers noch einmal den Kopf aus der Schlinge, im Halbfinale gegen die Grizzlys Wolfsburg war jedoch Endstation. Gross kritisierte die DEL dafür, die Play-offs im Modus "Best of Three" ausgetragen zu haben und warf der Liga unverhohlen Erpressung vor: "Durch die Unfähigkeit der DEL, die als einzige Liga auf der Welt ihren Saisonstart zweimal verschoben hat, haben die Jungs ein Jahr ohne Pause geackert. Das geht nicht als Spitzensportler." Im Umfeld des Clubs heißt es hinter vorgehaltener Hand, Gross sei seine eigene Gerichtsbarkeit.

Pavel soll seine Arbeit als Trainer machen. Wenn er Politiker werden will, soll er in die Politik gehen.

Noch, erklärte Hopp, habe er das Gespräch mit Gross nach den jüngsten Vorfällen nicht gesucht. Es gehe auch gar nicht darum, jemandem einen Maulkorb zu verpassen. Klar ist: Der Club kann die Situation nicht aussitzen, denn sie hat negativen Einfluss auf den sportlichen Bereich. Wenn im Umfeld der Adler von fragwürdigen Trainingsmethoden die Rede ist, spricht sich das herum. Nach Informationen dieser Redaktion sollen Spieler, die über einen über die laufende Saison gültigen Vertrag verfügen, mit ihren Beratern nach Möglichkeiten suchen, die Adler vorzeitig verlassen zu können. Für Mannheim interessante Profis verweisen mitunter auf die Trainerposition, wenn der Club an sie herantritt. Das mag an sich nichts Außergewöhnliches sein, sollte den Adlern angesichts der jüngsten Häufigkeit jedoch zu denken geben.

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So hat sich auch das Verhältnis zwischen Gross und Jan-Axel Alavaara merklich abgekühlt. Es heißt sogar, beide würden nur noch das Nötigste miteinander reden. Es liegt auf der Hand, dass dies eine ungesunde Gemengelage ist, da die sportlichen Entscheidungsträger Hand in Hand arbeiten müssen. So kann Alavaaras Aussage: "In Sachen Kaderplanung für die neue Saison stehen wir noch ganz am Anfang" unterschiedlich verstanden werden. Zum einen sind die negativen finanziellen Auswirkungen einer abermals leeren SAP Arena nicht zu leugnen; zum anderen muss der Sportliche Leiter befürchten, dass er im Sommer mehr Spieler ersetzen muss als gedacht. Clubboss Daniel Hopp äußerte sich auf Nachfrage ausweichend dazu: "Wir müssen intern gut zusammenarbeiten, das ist keine Frage. Über interne Verhältnisse werde ich aber nicht sprechen. Unser Job ist es, für die Adler das Richtige zu machen, darauf sollten wir uns konzentrieren."

Das Verhältnis zwischen Trainer Pavel Gross (l.) und Sportmanager Jan-Axel Alavaara ist belastet. © AS Sportfoto/ Binder

Nun stellt sich im Zusammenhang mit Pavel Gross immer drängender die Frage, ob eine gute Zusammenarbeit aller Verantwortlichen noch möglich ist. Vor knapp einem Jahr verlängerten Chefcoach Gross, Co-Trainer Mike Pellegrims und Manager Alavaara ihre Verträge bei den Adlern vorzeitig bis 2024. Es ist unwahrscheinlich, dass eine Aussprache die Risse kitten wird. Zu unterschiedlich sind die Wertvorstellungen zwischen einem Club, der für die Corona-Schutzimpfung wirbt, Karten an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in systemrelevanten Berufen für das "Spiel der leuchtenden Herzen" verschenkt oder in der Frühphase der Pandemie die damalige Mangelware Schutzmasken an Diakonie und Caritas spendet, und einem Trainer, der nach einer überstandenen Covid-Infektion das Virus kleinredet.

"Wir sollten nicht als Hobby-Politiker oder Philosophen auftreten. Pavel soll seine Arbeit als Trainer machen. Wenn er Politiker werden will, soll er in die Politik gehen, aber nicht unser Forum für seine Meinungen nutzen", betonte Hopp. Die Adler sitzen auf einem Pulverfass. Vor diesem Hintergrund ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum Knall kommt.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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