Handball

Nach XXL-Umbruch: Das nehmen sich die Rhein-Neckar Löwen vor

Den halben Kader ausgetauscht, den Trainer gewechselt. Bei den Bundesliga-Handballern der Rhein-Neckar Löwen gab es einen radikalen Schnitt. So ist die Lage kurz vor dem Ligastart.

Von 
Marc Stevermüer
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Der neue Trainer Maik Machulla gibt die Taktik vor. © PIX-Sportfotos

Mannheim. Der erste Eindruck fiel bei Patrick Groetzki schon recht schnell sehr positiv aus. Die Rhein-Neckar Löwen standen gerade einmal etwas mehr als zwei Wochen im Training, als sich der Kapitän des Handball-Bundesligisten ein kleines Urteil erlaubte: „Wir haben ein gutes Grundgerüst. Gefühlt sind wir in der neuen Saison stärker als in der vergangenen, auch wenn sich das natürlich noch über 34 Spieltage zeigen muss. Aber man hat im Training schon gesehen, dass wir ballsicherer geworden sind und nicht so viele einfache Fehler machen.“

Ungefähr einen Monat später und kurz vor dem Liga-Auftakt am Freitag (19 Uhr) bei der MT Melsungen haben sich Groetzkis Einschätzungen bestätigt. Die Löwen wirken stabiler – und wissen eben doch nicht so genau, wo sie stehen. Das liegt einerseits vor dem ersten Spieltag in der Natur der Sache, andererseits aber auch am zweifachen Meister und Pokalsieger selbst. Die Nordbadener tauschten den halben Kader aus. Entsprechend groß ist der Umbruch – und eben auch die Ungewissheit.

Acht Zugängen stehen sechs Abgänge gegenüber

Acht neue Spieler sind gekommen. Und sechs gegangen. Spielmacher Juri Knorr (Aalborg/Dänemark), Weltklasse-Linkshänder Ivan Martinovic (One Veszprém/Ungarn) und Abwehrchef Olle Forsell Schefvert (MT Melsungen) sind weg. Drei gestandene Profis, drei unumstrittene Leistungsträger. Mit Torwart Mikael Appelgren (One Veszprém/Ungarn) ging außerdem eine absolute Club-Legende, die auch einen großen Wert fürs Teamgefüge hatte. Einzig die Abgänge von Gustav Davidsson (Hammarby/Schweden) und Jon Lindenchrone (Skjern/Dänemark) scheinen – gerade auch mit Blick auf das Thema Ballsicherheit – verschmerzbar zu sein.

Sportchef Uwe Gensheimer ist trotzdem optimistisch: „Wir haben spannende Spieler geholt.“ Eine Einschätzung, die die Saisonvorbereitung bislang bestätigte. Der schwedische Nationalspieler Lukas Sandell (One Veszprém/Ungarn) ist eine Soforthilfe, Dani Baijens (Paris Saint-Germain/Frankreich) kennt die Bundesliga aus seiner Zeit in Flensburg, Lemgo und Hamburg. Haukur Thrastarson (Dinamo Bukarest/Rumänien) galt einst als eines der größten Spielmacher-Talente der Welt, ehe ihn mehrere Verletzungen aus dem Tritt brachten.

Geht in seine letzte Saison: Patrick Groetzki. © Photo: Krause / Rohdiamant.net

Der in Deutschland bislang wohl nur Experten bekannte und vom norwegischen Erstligisten Elverum verpflichtete Mathias Larson setzte in der Saisonvorbereitung einige Akzente. Der ebenfalls neue Trainer Maik Machulla bezeichnet ihn als „kleine Spielmaus“. Außerdem holte der zweifache Meister und Pokalsieger das Schweizer Toptalent Gino Steenaerts vom HC Kriens-Luzern als Alternative für Groetzki auf dem rechten Flügel, der routinierte Mike Jensen (One Veszprém/Ungarn) nimmt künftig die Rolle hinter Stammkeeper David Späth ein.

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Außerdem kehrte Eigengewächs Robert Timmermeister nach Lehrjahren bei KIF Kolding in Dänemark und bei Zweitligist HBW Balingen-Weilstetten zurück. Die Löwen wollen weiterhin Spieler aus dem eigenen Nachwuchs einbauen. Nach Späth und Linksaußen David Móré ist Timmermeister nun der nächste Jungprofi aus dem eigenen Talentschuppen. Der Rückraumspieler gilt als Alternative für die Abwehr, bekam in der Vorbereitung aber auch im Angriff Einsatzzeit.

Großes Lob für Trainer Machulla

In den vergangenen Wochen ging es für die Löwen vor allem darum, sich zu finden. Auf dem Feld. Und auch daneben. Einige Spieler besuchten zusammen den Saisonauftakt des Fußball-Drittligisten SV Waldhof, im einwöchigen Trainingslager wuchs die Gruppe in der Pfalz dann noch mehr zusammen. Trainer Machulla registrierte das mit großer Freude. „Wir können viele Sachen trainieren und sie zigmal wiederholen – aber die Spieler müssen sich auch verstehen und bereit sein, sich gegenseitig zu helfen“, sagt der 48-Jährige, der bei der Mannschaft sehr gut ankommt.

Löwen-Kader 2025/2026



Tor: David Späth, Mike Jensen.

Linksaußen: David Móré, Tim Nothdurft.

Rechtsaußen: Patrick Groetzki, Gino Steenaerts.

Kreis: Jannik Kohlbacher, Steven Plucnar.

Rückraum links: Sebastian Heymann, Halil Jaganjac, Robert Timmermeister.

Rückraum Mitte: Dani Baijens, Haukur Thrastarson, Mathias Larson.

Rückraum rechts: Lukas Sandell, Edwin Aspenbäck.

Trainer: Maik Machulla (seit Juli 2025, zuvor Aalborg/Dänemark).

Zugänge: Robert Timmermeister(HBW Balingen-Weilstetten, nach Leihe), Dani Baijens (Paris Saint-Germain/Frankreich), Haukur Thrastarson (Dinamo Bukarest/Rumänien), Mathias Larson (Elverum/Norwegen), Lukas Sandell (One Veszprém/Ungarn), Edwin Aspenbäck (TTH Holstebro/Dänemark), Gino Steenaerts (HC Kriens-Luzern/Schweiz), Mike Jensen (One Veszprém/Ungarn).

Abgänge: Kuri Knorr (Aalborg/Dänemark), Ivan Martinovic (One Veszprém/Ungarn), Mikael Appelgren, (One Veszprém/Ungarn), Olle Forsell Schefvert (MT Melsungen), Jon Lindenchrone (Skjern/Dänemark), Gustav Davidsson (Hammarby/Schweden).

„Maik erwartet, dass jeder seinen Job zu 100 Prozent erledigt. Aber das Allerwichtigste ist: Er geht seinen Job jeden Tag mit 110 Prozent an, man spürt das schon in seiner Ansprache. Jede Mannschaft möchte solch einen Trainer haben“, schwärmt Abwehrchef Halil Jaganjac vom neuen Coach, der den Verein wieder zu einer Bundesliga-Spitzenmannschaft machen soll.

Keine Frage: Das ist eine Aufgabe, die nach den Plätzen zwölf und neun in den beiden Vorsaisons einen gewissen Reiz hat. „Eine riesengroße Herausforderung“, nennt es Machulla, der in den Löwen einen bekannten Handball-Namen „mit einer großen Strahlkraft weit über die Region hinaus“ sieht.

Die Löwen wollen ein „Herausforderer“ sein

Die Erfolge der Vergangenheit sind allerdings längst verblasst. Auch der Pokalsieg 2023, der im Nachhinein eher als Ausreißer nach oben durchgeht. Denn danach fanden sich die Mannheimer ganz schnell im tabellarischen und stilistischen Niemandsland wieder. Im Mittelmaß. Weit weg vom eigenen Anspruch, dauerhaft in einem internationalen Wettbewerb vertreten zu sein.

Machulla und Gensheimer wissen, dass viel zusammenkommen muss, damit ihr Team schon in dieser Saison wieder den Anschluss an die Spitzenclubs herstellt. Entsprechend vorsichtig formulieren sie beim zweifachen Meister und Pokalsieger auch ihr Saisonziel. Die Löwen wollen ein „Herausforderer“ für die Mannschaften sein, die sich zuletzt für den Europapokal qualifizierten, sagt der Sportchef. Der Trainer äußert sich ähnlich zurückhaltend: „Es kann Platz sechs, aber auch Platz zehn werden.“

Er weiß, dass die Konkurrenz auf Augenhöhe momentan eher VfL Gummersbach, TBV Lemgo Lippe und TSV Hannover-Burgdorf heißt – und nicht THW Kiel, MT Melsungen, SG Flensburg-Handewitt. Vom Meister Füchse Berlin und Champions-League-Gewinner SC Magdeburg ganz zu schweigen, wenngleich die beiden herausragenden Teams der vergangenen Saison mit ihrem Spielstil als Vorbild gelten.

Eine Mannschaft mit Perspektive

Machulla fordert ein schnelles Umschaltspiel ein – und er will unberechenbar sein. Jahrelang wurde der Löwen-Angriff von einem dominanten Regisseur wie Andy Schmid und Juri Knorr geprägt. Die zwei Mittelmänner mussten viel Verantwortung tragen – im Fall von Knorr übrigens auch deshalb, weil sich andere häufig versteckten. Der neue Löwen-Trainer sieht nun alle in der Pflicht: „Wir haben sehr viel Potenzial im Angriff mit verschiedenen Spielertypen. Das müssen wir nutzen.“

In der Tat scheint der Kader in der Breite besser aufgestellt zu sein als in der Vorsaison. Kapitän Groetzki, der nach 19 Bundesligaspielzeiten bei den Löwen seine Karriere im Sommer 2026 beendet und einen Job im Club-Management übernimmt, sieht das ähnlich. Er weiß aber genauso, dass der Faktor Zeit eine Rolle spielen wird. „Ich finde, wir haben eine Mannschaft mit einem großen Potenzial. Dieser Kader kann die Löwen vielleicht über viele Jahre prägen.“ Und muss dennoch auch schon in der Gegenwart liefern.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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