Mannheim. Wenn man nicht gewusst hätte, wie dieses Spiel ausgegangen ist, hätte man beim Blick ins leere Gesicht von Baxter Bahn im Kabinentrakt des Sportparks Höhenberg von einer Niederlage des SV Waldhof ausgehen müssen. „Rotzeblöd“ war das Wort, das der enttäuschte Mannheimer Profi nach dem 2:2 (0:1) bei Viktoria Köln am häufigsten benutzte. „Das Spiel musst du gewinnen, da gibt es keine zwei Meinungen“, sagte Bahn. Es war wirklich „rotzeblöd“, wie der SVW just in dem Moment, als die Partie nach den Toren von Samuel Abifade (64.) und Terrence Boyd (71.) beim Stand von 2:1 komplett auf die eigene Seite gekippt war, noch den Ausgleich durch den einstigen Waldhof-Aufstiegsheld Michael Schultz (78.) kassierte.
Schultz jubelte aus Respekt vor seinem Ex-Verein nicht, er hätte sich aber auch darüber an den Kopf fassen können, wie einfach ihm die Mannheimer Defensive sein Kopfballtor zum 2:2 gemacht hatte. Bei einem kurz ausgeführten Freistoß aus dem Halbfeld funktionierte die Abseitsfalle nicht, der eingewechselte Fridolin Wagner verlor Schultz aus den Augen, und am Ende dieser Fehlerkette ließ sich der herausgeeilte Torhüter Lucien Hawryluk im direkten Duell abkochen. „Das ist ganz einfach ein Torwartball. Wenn ich nicht sicher bin, dass ich den Ball bekomme, bleibe ich im Tor“, beantwortete Trainer Marco Antwerpen die Schuldfrage eindeutig.
Immer wieder Standard-Tore
Der Frust saß danach tief im blau-schwarzen Lager. „Wenn man so spielt wie heute, dann musst du zwingend als Sieger vom Platz gehen“, sagte Antwerpen. Der zweite Sieg in Folge nach dem 3:1 gegen Regensburg wäre ein Ausrufezeichen im Abstiegskampf gewesen. So aber stagniert der Waldhof (28 Punkte) auf Abstiegsplatz 17 und konnte noch froh darüber sein, dass der Rückstand aufs rettende Ufer durch Münsters 1:0-Sieg gegen Halle (31) weiter nur drei Punkte beträgt.
Die Leistungskurve zeigt generell seit drei Spielen spürbar nach oben, in der Punkteausbeute spiegelt sich das jedoch mit vier Zählern nur bedingt wider. Da die Mannheimer immer wieder Gegentore nach dem gleichen Muster hinnehmen müssen. „Da hilft dir kein Trainer der Welt, wenn du solche Dinger aus Standardsituationen fängst. Das müssen wir schon auf dem Platz regeln“, sagte Bahn. Schon beim unglücklichen 0:1 in Freiburg vor zwei Wochen fiel der Gegentreffer nach einem ruhenden Ball, in Köln resultierte auch das Billard-Tor von Jeremias Lorch zum 1:0 der Viktoria (41.) aus einem (allerdings fragwürdigen) Freistoß an der Eckfahne, der für Panikzustände in der Waldhof-Defensive sorgte. Wieder einmal. „Wir bekommen zu viele Tore, die unnötig sind. Ich kann mich in den letzten drei Spielen an kein Gegentor erinnern, das herausgespielt war“, meinte Rechtsverteidiger Lukas Klünter.
Man sieht Antwerpen an, wie sehr ihn diese bedingte Abwehrbereitschaft seines Teams und die ständige Anfälligkeit bei hohen Bällen nerven. „Klar ist die Leistung immer das Wichtigste, aber wir brauchen auch das Ergebnis dabei. Wir lassen leider Punkte liegen“, sagte der 52-Jährige in Köln. Und das ist neun Spieltage vor Saisonende, wenn man sich im Abstiegskampf in der Rolle des Jägers befindet, verhängnisvoll. Dem SV Waldhof läuft die Zeit davon.
„Art Endspiel“ gegen Bielefeld
Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob sich die Mannheimer im Kampf um den Klassenerhalt in eine bessere Ausgangsposition hätten bringen können, wenn Antwerpen früher als Ende Januar das Ruder übernommen hätte. Fußnote: Es ist sehr wahrscheinlich. Aber die Realität sieht nun einmal dergestalt aus, dass Antwerpen nach einer schwierigen Startphase, die er durch zu viele Experimente und Umstellungen auch selbst mitverschuldete, erst jetzt den Schlüssel zu diesem Team gefunden hat. „Wir spielen aktuell nicht wie ein Absteiger, die Mannschaft hat sich gefunden“, sagte Bahn. Und Klünter ergänzte: „Die Mechanismen greifen besser, wir fühlen uns sicherer.“ Die Frage bleibt nur, ob das für die Rettung nicht zu spät ist.
Gegen Arminia Bielefeld, nach dem 2:0-Sieg bei Dortmund II nun fünf Punkte vor dem Waldhof, steht am Freitag (19 Uhr) im Carl-Benz-Stadion schon eine „Art Endspiel“ (Klünter) an. „Da müssen wir unbedingt punkten“, forderte Antwerpen. Sonst droht ein Spieltag, nach dem es langsam zappenduster beim großen Traditionsverein der Kurpfalz werden könnte. Halle trifft am Samstag auf Schlusslicht Freiburg II, und wenn sich der Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz bei dann noch acht ausstehenden Spielen auf fünf oder sechs Punkte summiert haben sollte, würde dem SVW wirklich nur noch ein Fußballwunder helfen.
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