Manchmal ist es eine Frage unterschiedlicher Wahrnehmung. Am Sonntag (13.30 Uhr) steht für den auf einen Abstiegsplatz der 3. Liga abgestürzten SV Waldhof gegen Schlusslicht MSV Duisburg sicher noch kein Schicksalsspiel, aber zweifellos ein Schlüsselspiel an. Ohne einen Befreiungsschlag nach fünf Partien ohne Sieg muss sich der SVW darauf einstellen, bis zur Winterpause tief im Abstiegssumpf zu stecken. Mindestens. Nur einen von 15 möglichen Punkten haben die Mannheimer zuletzt geholt.
Beim 0:3 in Unterhaching hatte sich der Gästeblock schon lange vor dem Abpfiff geleert, in den Kommentarspalten ging es im Nachgang hoch her. Wahlweise wurde die zeitnahe Ablösung von Sportchef Tim Schork, Geschäftsführer Markus Kompp oder Trainer Rüdiger Rehm gefordert. Präsident Bernd Beetz beschrieb die Situation in einer Stellungnahme als „dramatisch“, forderte eine schnelle Trendwende, bekannte sich allerdings auch zum Duo Schork/Rehm. Und wer die gefühlt unzerstörbare Treue des Mäzens zu Kompp kennt, muss sich um die Jobsicherheit des langjährigen Chefs der Spielbetriebs-GmbH grundsätzlich keine Sorgen machen.
Waldhof-Trainer Rehm: Keine sozialen Medien lesen
Trainer Rehm lassen die atmosphärischen Turbulenzen vor dem Krisengipfel indes unbeeindruckt. Der SVW-Coach registriert den wachsenden Unmut nach eigenen Angaben überhaupt nicht. „Ich habe keine Unruhe im Umfeld festgestellt. Die Fans machen sich natürlich auch Sorgen um den Verein und sind enttäuscht. Aber es war weder am Alsenweg noch sonst wo irgendetwas Unruhiges zu spüren“, sagte Rehm auf der Pressekonferenz am Freitag. In der prekären sportlichen Situation predigt der 44-Jährige digitale Enthaltsamkeit. „Wir lesen keine sozialen Medien, da bin ich auch froh darum. Das würde uns nicht guttun. Wir müssen uns auf unsere Arbeit konzentrieren“, erklärte Rehm.
Dass die Lage rund um den SVW extrem angespannt ist, stellt aber auch der 44-Jährige nicht in Abrede. „Natürlich ist die Situation sehr unbefriedigend, das hängt natürlich in der Trainingswoche drin. Wir wollen mit aller Macht aus dieser Situation herauskommen“, meinte Rehm. Die Frage, gegen wen der Waldhof überhaupt noch gewinnen will, wenn nicht gegen den fast noch schlimmer als der SVW strauchelnden MSV, steht im Raum.
Die Duisburger sind mit nur sieben Punkten aus zwölf Spielen Letzter, der Trainerwechsel zu Ex-Lautern-Coach Boris Schommers ist mit drei Niederlagen aus drei Spielen bereits verpufft. „Beide Mannschaften stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagte Schommers zum richtungsweisenden Duell im Carl-Benz-Stadion.
Sein Mannheimer Kollege Rehm bemühte sich am Freitag hingegen, die Bedeutung der Partie gegen Duisburg rhetorisch ein wenig herunterzudimmen. Eine „Krisensitzung“ mit Präsident Beetz habe es in der abgelaufenen Woche nicht gegeben, berichtete der Ex-Profi. „Meiner Meinung nach sind wir am 14. Spieltag von einer Krisensitzung noch sehr weit weg. Aber wir sitzen immer zusammen, manchmal sprechen wir uns auch telefonisch ab. Alle sind nicht zufrieden, da spreche ich auch für die Vereinsführung. Wir müssen die Vereinsführung genauso glücklich machen wie unsere Fans. Das geht nur mit Siegen“, formulierte Rehm.
Wohl nächste Chance für Taz
Im bevorstehenden „Nervenspiel“ gegen das Gründungsmitglied der Bundesliga wird es vielleicht noch mehr als sonst auf die Waldhof-Anhänger ankommen. Dem Vernehmen nach haben die organisierten Fans einige Aktionen vorbereitet, aber wichtiger wird sein, ob die Zuschauer auch in möglichen heiklen Situationen positiv bleiben. „Entscheidend wird sein, was wir auf den Platz bringen. Die Fans haben uns auch nach Rückständen immer wieder angefeuert, das wird auch am Sonntag so sein“, sagte Rehm.
Was die Startelf angeht, spricht einiges dafür, dass der Formation aus Haching wieder das Vertrauen geschenkt bekommen wird. In der Münchner Vorstadt hatten die Mannheimer trotz der 0:3-Niederlage vor allem in der ersten Halbzeit einen Auftritt gezeigt, der als kleiner Mutmacher für Duisburg durchging. Auch Berkan Taz im offensiven Mittelfeld hat dort seine Chance offensichtlich genutzt. Die Wahrscheinlichkeit sei „hoch“, dass er wieder aufläuft, bekundete Rehm, verband dies allerdings auch mit einem klaren Auftrag: „Berkan war in Haching ein wichtiger Faktor in unserem Spiel, weil er einfach diese Ballsicherheit mitbringt. Er muss aber noch mehr zum Abschluss kommen und seine Mitspieler noch ein bisschen besser einsetzen.“
Grundsätzlich gehe es am Sonntag darum, die Nebengeräusche auszublenden. „Wir müssen unsere Stärken an den Tag legen und nicht daran denken, was war. Es geht um die Konzentration auf den Job. Wenn wir hart arbeiten und jeder noch eine Schippe drauflegt, dann werden wir irgendwann belohnt werden. Das ,irgendwann’ sollte halt nur so schnell wie möglich sein“, meinte der Waldhof-Coach. Genauer gesagt am Sonntag.
Mit einem Sieg würde sich nicht nur die Unruhe im Umfeld ein wenig legen, sondern auch im Hause Rehm wieder bessere Stimmung Einzug halten. „Ihr könnt meine Frau fragen: Ich bin auch nur glücklich, wenn ich gewinne, sonst ist das Wochenende verhagelt.“ Und Rehms schlechte Laune nach Niederlagen ist ziemlich sicher keine Frage unterschiedlicher Wahrnehmung.
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