Mannheim/Köln. Es war eine emotionale Szene, die man so im Profifußball sehr selten sieht. Als Viktoria Köln im vergangenen Oktober beim SV Waldhof antrat, trafen sich vor dem Anpfiff zwei Kapitäne zur Platzwahl, die eine gemeinsame Geschichte als Mannheimer Aufstiegshelden wohl auf immer verbindet. Michael Schultz, mittlerweile in Köln unter Vertrag, und SVW-Anführer Marcel Seegert nahmen sich in den Arm. Nicht nur so ein bisschen, sondern sie drückten sich richtig fest. Die Erinnerung, Teil der legendären Waldhof-Mannschaft unter Trainer Bernhard Trares gewesen zu sein, die den Verein 2019 zurück in den Profifußball brachte, schweißt zusammen.
Michael Schultz hat nie einen Hehl daraus gemacht, wie viel ihm die mit dem Drittliga-Aufstieg gekrönte Zeit in Mannheim weiterhin bedeutet. „Waldhof ist für mich ein Herzensverein. Da sind Fans, die dankbar dafür sind, wenn man sein Herz auf dem Platz lässt. Diese Wucht spürt man, dieses Trikot hat ein gewisses Gewicht“, sagte der 1,94 Meter große Innenverteidiger aus dem südpfälzischen Herxheim vor einem halben Jahr. Am Samstag (14 Uhr) trifft der mittlerweile 30-Jährige bei der Platzwahl wieder auf seinen alten Kumpel Seegert. Schultz vertritt den verletzten Moritz Fritz seit längerem als Kapitän bei der Viktoria.
Michael Schultz trägt den SV Waldhof noch im Herzen
Den Waldhof trägt er noch im Herzen, die Identifikation mit seinem neuen Club Viktoria, zu dem er nach einer Leihe in der Rückrunde der Saison 2020/2021 im Januar 2023 final gewechselt ist, ist aber hoch. „Ich bin damals bewusst den Schritt von Braunschweig nach Köln gegangen. Es ist ein kleiner Verein, aber da hatte ich richtig Bock drauf. Ich mache meine Spiele, habe eine wichtige Rolle in der Mannschaft und muss Führungsaufgaben übernehmen“, sagt Schultz.
Der kopfballstarke Abwehrspieler fühlt sich wohl in der Metropole am Rhein, angekommen. „Die Pfälzer sind schon offen, aber hier ist es gefühlt noch mal mehr. Ich fand das Lebensgefühl hier schon immer cool“, berichtet er. Aus seiner Wohnung in der Kölner City ist Schultz schnell in seinen Lieblingscafés, auch wenn er aufgrund einer englischen Woche in der 3. Liga nur sehr dosiert mitfeiern konnte, hat Schultz den Straßenkarneval genossen. „Die ganze Stadt steht dann Kopf.“
Was zur Frage überführt, die sich bei einem Pfälzer in Köln aufdrängt: Mittlerweile lieber Kölsch oder doch weiterhin Rieslingschorle? Schultz lacht. „Ich bin Profisportler, also trinke ich nur selten Alkohol. Aber beides ist zum jeweils richtigen Anlass schon lecker.“
Mit Stefano Russo, einem in Ludwigshafen geborenen weiteren Ex-Waldhöfer, und dem Heidelberger Andre Becker (SVW-Jugend, FC Astoria Walldorf) bildet Schultz beim Drittligisten auf der rechten Rheinseite, die im Kölner Sprachgebrauch „Schääl Sick“ heißt, eine echte Kurpfalz-Connection. „Ich verstehe mich mit beiden sehr gut. Da kommt auf dem Trainingsplatz auch schon mal ein bisschen Pfälzer und Monnemer Slang durch. Das versteht dann zwar keiner, aber wir wissen schon, was gemeint ist“, erzählt Schultz.
Das Trio hat dementsprechend auch teamintern Werbung für das Köln-Gastspiel des größten Popstars gemacht, den die Metropolregion Rhein-Neckar derzeit zu bieten hat. „Apache spielt im Mai hier in der Lanxess Arena, da gehen wir mit der Mannschaft hin“, sagt Schultz.
Bis zum Kölner Apache-Konzert nach dem letzten Spieltag am 18. Mai liegt der Fokus aber klar auf dem Fußball. Mit zwei Siegen gegen den SV Sandhausen (2:1) und beim FC Ingolstadt (3:1) hat die Viktoria nach vorher vier Niederlagen am Stück rechtzeitig die Kurve bekommen, bevor die Kölner womöglich in ernsthafte Abstiegsgefahr geraten wären. Die Mannschaft von Olaf Janßen steht bei 38 Punkten, der Waldhof bei 27. „In dem Spiel ist viel Spannung drin. Für uns ist das die Chance, den Deckel auf das Thema Klassenerhalt so gut wie drauf zu machen“, sagt Schultz zum Duell am Samstag im Sportpark Höhenberg.
Schultz hat die 2. Liga als Ziel im Hinterkopf
Der 3:1-Sieg des Waldhof gegen Tabellenführer Regensburg sei jedoch eine Warnung zur rechten Zeit gewesen, so Schultz. „Da hat man gesehen, was möglich ist. Wir haben auf jeden Fall Respekt, ich habe es den Jungs auch gesagt. Wenn es für einen Verein um alles geht, sind die Spiele nochmal anders als am 13. Spieltag. Da müssen wir uns auf ein Riesenbrett einstellen“, mahnt der gebürtige Landauer.
In dieser Saison will Schultz erst einmal einen Haken an das Thema Klassenerhalt machen - und dann im Sommer neu angreifen. Die 2. Liga, die er mit Eintracht Braunschweig schon einmal erreicht hat, bleibt als Ziel im Hinterkopf. „Ich will Fußball auf dem höchstmöglichen Niveau spielen, solange der Körper das mitmacht. Hoffentlich auch nochmal in der 2. Liga“, sagt der Südpfälzer, der seit seinem Kreuzbandriss 2017 beim SV Waldhof von größeren Verletzungen verschont geblieben ist.
Und wo lässt sich Schultz nieder, wenn er einen fernen Tages einmal seine Profi-Karriere beendet? „Gute Frage“, sagt er. „Ich weiß es selbst noch nicht. In Köln könnte ich mir vorstellen zu bleiben. Heimat ist aber natürlich noch einmal etwas anderes. Die Südpfalz wäre mir mittlerweile wohl zu ruhig, dann würde es wohl eher Richtung Mannheim gehen.“ Dort könnte er dann auch wieder mehr Zeit mit seinem alten Waldhof-Kumpel Marcel Seegert verbringen.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Schork-Aus beim SV Waldhof: Krachend gescheitert