Mannheim. Mit Blick auf die jüngsten Transferaktivitäten des SV Waldhof und den Trainerwechsel sahen Spötter den Mannheimer Drittligisten bereits auf dem Weg zu einer Zweigstelle des in der Quadratestadt traditionell unbeliebten 1. FC Kaiserslautern. Doch bei genauerem Hinsehen haben inzwischen erstaunlich viele SVW-Kicker eher eine Vergangenheit beim 1. FC Köln. Jan-Christoph Bartels und Winter-Neuzugang Kevin Goden verbrachten prägende Jahre in der Jugend des traditionsreichen Geißbock-Clubs. Und im vergangenen Jahr spielte mit Marco Höger eine noch prominentere Figur mit Kölner Stallgeruch in Blau-Schwarz. Und dem Ex-Bundesliga-Kicker, der mittlerweile seine Karriere bei der Regionalliga-Mannschaft seines Herzenvereins am Rhein ausklingen lässt, dürfte es mit zu verdanken sein, dass mit Lukas Klünter nun ein weiterer Ex-Profi des FC in Mannheim gelandet ist.
„Er hat mir immer nur Positives erzählt und dass er hier mit den Leuten und den Fans viel Spaß hatte“, bestätigt Klünter, der als junger Nachwuchsspieler mit Höger zwei Jahre für Köln in der Bundesliga am Ball war. Die beiden kamen zuletzt wieder zusammen, weil sich Klünter als seit Sommer vereinsloser Spieler in der zweiten Mannschaft der Kölner fit halten durfte. Als der Wechsel vergangene Woche nun konkret wurde, konnte sich der 27-Jährige zwar keinen direkten Rat bei seinem ehemaligen Teamkollegen holen, da die Regionalligisten noch pausierten - doch Högers Worte wird er noch im Hinterkopf gehabt haben.
Waldhof-Neuzugang mit Perspektive über die Saison hinaus
Nun also Mannheim - und nach dem Abstieg mit Arminia Bielefeld in der vergangenen Saison erneut ein Club im Krisenmodus. Ist Lukas Klünter also mit einer bestimmten Leidensfähigkeit ausgestattet? Der Rechtsverteidiger betrachtet die Aufgabe eher als Herausforderung, wie er bei einem Gespräch am Alsenweg betont. „Ich kenne mich damit aus, weil ich schon öfter in dieser Situation sein musste. Aber das Kämpferische und das Widerstand leisten definiert vielleicht auch ein bisschen meinen Charakter“, sagt Klünter. „Auf Abstiegskampf habe ich mich eingestellt und überhaupt kein Problem damit“, unterstreicht der Neuzugang, den mit Blick auf seinen Vertrag bis 2025 aber auch die weitere Perspektive reizt.
Zunächst geht es aber natürlich erst einmal darum, aus dem Keller zu kommen, um überhaupt an eine weitere Saison Profi-Fußball auf dem Waldhof denken zu können. Die nächste Gelegenheit, den Schritt ans rettende Ufer zu machen, bietet sich dem SVW am Samstag (14 Uhr) in Aalen gegen Aufsteiger SSV Ulm. Und dass Klünter nach seinem Startelf-Debüt gegen Münster gleich wieder beginnen darf, ist ziemlich wahrscheinlich.
„Lukas hat über seine Spiele in der Bundesliga und der 2. Liga extrem viel Erfahrung gesammelt und lässt sich in schwierigen Situationen einfach nicht beeindrucken. Das hilft uns im Moment sehr und das hat man auch gegen Münster schon gesehen“, stellte ihm Trainer Marco Antwerpen ein gutes erstes Zeugnis aus und setzt auf den Defensivspezialisten. „Er hatte jetzt eine lange Pause und benötigt deshalb die Spielpraxis.“ Dabei rückte der sonst eher eine Vierer-Kette gewohnte Klünter in Antwerpens Dreier-Kette eine Position weiter nach innen, deutete aber auch da an, dass er dem SVW mit seiner Übersicht und nicht zuletzt seiner Schnelligkeit weiterhelfen kann.
Vor allem sein enormes Tempo ist ein Attribut, das den gebürtigen Euskirchener schon seit seiner Jugend auszeichnet. Mit Spikes an den Füßen wurde er im Leichtathletik-Kurs an der Sporthochschule Köln schon mal mit 10,6 Sekunden über 100 Meter gestoppt und dürfte damit selbst am zweiten Waldhöfer Tempo-Läufer Kevin Goden vorbeiziehen. „Wir werden uns aber kein Wettrennen auf der rechten Außenbahn liefern“, lacht Klünter, der nicht nur wegen seiner schnellen Beine aus der Masse heraussticht.
So hat der Ex-Kölner nicht die klassische Tour über ein Nachwuchsleistungszentrum genommen, sondern kam nach eher provinziell klingenden Stationen wie SC Schwarz-Weiß Friesheim, SSV Weilerswist und TSC Euskirchen über den Bonner SC erst in seinem zweiten A-Jugend-Jahr zum 1. FC Köln. Fußball-Profi war deshalb auch lange nicht der Plan, weshalb sich Klünter auch anderweitig umgeschaut hatte.
Talent am Herd und der Leinwand
So zählt ein Praktikum in einer Sterneküche zu seinen Erfahrungen („ein Knochenjob“), die Liebe zum Kochen und dabei immer wieder etwas Neues auszuprobieren, teilt er auch heute noch mit seiner Freundin. Und weil es da am Herd mitunter sehr kreativ zugehen kann, verwundert es nicht, dass der offen und sympathisch wirkende Waldhof-Neuzugang sich mit Acrylfarbe auch gerne an der Leinwand austobt.
„Farbenfroh und abstrakt“, beschreibt Klünter seine Werke, die sogar schon für die Opfer der Flutkatastrophe an der Ahr versteigert wurden. „Momentan ist alles noch eingelagert“, sagt der 27-Jährige, der sein Hobby aber auf jeden Fall wieder pflegen will, wenn er in Mannheim eine feste Bleibe gefunden hat.
Und bis es soweit ist, würden sich seine Teamkollegen und die Waldhof-Fans wohl schon darüber freuen, wenn Lukas Klünter auf dem Fußballplatz wieder etwas mehr Farbe ins triste Grau des Abstiegskampfs bringen würde.
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