Mannheim/Rostock. Auch ein Rostocker Reporter bekam sein Fett weg. Er müsse da schon noch einmal einhaken, schaltete sich Waldhof-Trainer Marco Antwerpen auf der Pressekonferenz nach dem 1:1 bei Hansa Rostock am Samstag bei einer Frage an seinen Kollegen Bernd Hollerbach ein. Der Journalist von der Ostsee hatte seinen Eindruck geschildert, dass sowohl Hansa als auch der SVW im Kellerduell verunsichert gewirkt hätten. „Da will ich auch mal was zu sagen“, meldete sich Antwerpen. „Wo haben Sie denn Verunsicherung festgestellt? Wenn sie den Tabellenplatz nicht hätten, war das ein gutes Drittliga-Spiel.“
Mit dieser sehr speziellen Meinung setzte sich der Mannheimer Coach allerdings dem Verdacht der Schönrednerei aus. Das leistungsgerechte Remis im Spiel des Vorletzten gegen den Letzten der 3. Liga ging aus Waldhof-Sicht zwar als akzeptable Reaktion auf den hochnotpeinlichen Offenbarungseid im Landespokal gegen die siebtklassigen Hobbykicker aus Gommersdorf (0:1) durch, guten Fußball gab es von beiden Teams aber nur in homöopathischen Dosen zu sehen.
Etwa beim von Nicklas Shipnoski mal mit viel Tempo nach vorne getragenen Angriff, der zum 1:0 des SVW durch Terrence Boyd führte (64.). Ansonsten verteidigten die Gäste aus der Kurpfalz - bis auf die Standardsituation beim Ausgleich durch Damian Roßbach (87.) - halbwegs solide. Immerhin.
Aber ein Plan mit dem Ball? War kaum zu erkennen. Im zentralen Mittelfeld fehlt es Ballverteiler Rico Benatelli weiter an Ideen und der nötigen Dynamik, eine Reihe davor wirkt Martin Kobylanski sogar komplett außer Form. In manchen Momenten fragt man sich, wie die Mannheimer freiwillig Spieler mit den Qualitäten eines Fridolin Wagner oder Baxter Bahn ziehen lassen konnten. In der „Schaltzentrale“, da wo die Spiele häufig entschieden werden, passt beim SV Waldhof weiter wenig zusammen.
Loviso zum Sportlichen Leiter „befördert“
Nach einem kurzen Gespräch mit Bruder Nico schlurfte SVW-Kapitän Marcel Seegert durch die Katakomben des Ostseestadions. Auch er legte den Fokus auf das Positive nach zwei sehr unruhigen Waldhof-Wochen. „Wir nehmen was mit, haben aber auch keinen extremen Brustlöser. Wir sind weiter gefragt, uns aus dieser Situation zu befreien, haben aber gezeigt, dass wir auswärts bei einem ambitionierten Verein bestehen können. Das ist schon ein Zeichen, dass mit uns zu rechnen ist“, sagte Seegert.
Nach dem völlig verkorksten Saisonstart muss sich der SVW erst einmal konsolidieren, Boden unter den Füßen suchen, über kleine Erfolgserlebnisse in die Spur finden. „Die Leistungsdichte in der 3. Liga ist so eng, manchmal geht es da nur ein bisschen um den Kopf. Das Fußballspielen, diese Leichtigkeit, kommt immer nur mit Erfolgen. Ich hab’ noch keine Mannschaft gesehen, die locker-flockig aus der Hüfte spielt, wenn sie nur einen Punkt hat“, sagte Seegert. Im Moment geht es nur über harte Arbeit. Die englische Woche mit Partien gegen den VfL Osnabrück, bei Aufsteiger Alemannia Aachen und gegen RW Essen wird den Weg weisen. Trendwende oder schon wieder Abstiegskampf?„Im besten Fall starten wir in den drei Spielen eine kleine Serie. Das brauchen wir“, meinte Seegert.
Antwerpen, dessen Kredit als Retter aus der Vorsaison spätestens seit dem Gommersdorf-Fiasko aufgebraucht schien, darf sich trotz des weiterhin letzten Platzes in der Liga und nur zwei Punkten aus fünf Spielen zumindest vorerst weiter beweisen. „Es gab nie eine Trainerdiskussion. Ich war da immer klar und habe gesagt: Wir machen so weiter“, sagte Anthony Loviso, am Donnerstag vom Aufsichtsrat der Spielbetriebs-GmbH vom „Technischen Leiter Sport“ zum Sportlichen Leiter befördert, wie ein Vereinssprecher am Samstagabend bestätigte. Eine direkte Reaktion auf Antwerpens Aussage auf der Pressekonferenz am Donnerstag, laut der für ihn Präsident Bernd Beetz und Aufsichtsratschef Christian Beetz die wichtigsten Ansprechpartner im Verein seien - und nicht Loviso? Darüber darf man trefflich spekulieren.
Antwerpen hatte in Rostock einen „Schritt nach vorne“ gesehen und will nach den permanenten personellen Änderungen in der Anfangsphase der Saison jetzt Kontinuität ins Team bringen. „Wir haben gesagt, wir wollen den Spielern die Möglichkeit geben, sich über einen längeren Zeitraum einzuspielen. Man kann davon ausgehen, dass diese Truppe nächste Woche wieder auf dem Platz steht“, sagte der 52-Jährige. Dann wollen die Kurpfälzer gegen den VfL Osnabrück - am Samstag 1:1 gegen Hannover II - den nächsten Anlauf für den ersten Saisonsieg wagen. Es wäre am sechsten Spieltag auch höchste Zeit dafür.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Nach 1:1 in Rostock: Die Konflikte beim SV Waldhof schwelen weiter