Fußball

Warum Hoffenheim so schlecht wie einst unter Marco Kurz ist

Die Bilanz des neuen Trainers der TSG Hoffenheim, Christian Ilzer, ist verheerend. Hinzu kommt der Ausbruch von Rekordtorjäger Andrej Kramaric. Im Kraichgau herrscht Alarmstimmung – und nun kommt ein Schlüsselspiel.

Von 
Jan Zurheide
Lesedauer: 
Hoffenheims Trainer Christian Ilzer (rechts) redet beim Spiel in München auf Verteidiger Kevin Akpoguma ein. Es half nichts. Die TSG unterlag mit 0:5. © Tom Weller/dpa

Hoffenheim. Ach, wäre die TSG Hoffenheim doch auf dem Spielfeld so abwehrstark wie ihr Trainer Christian Ilzer bei unangenehmen Fragen. Das Gegentorkonto wäre kleiner und von Krise gäbe es beim Tabellensechzehnten keine Spur. Wiederholt wies der Coach bei der Pressekonferenz darauf hin, Dinge lieber intern behandeln zu wollen, statt öffentlich darüber zu sprechen. Intern gelte es, Klartext zu reden, die Kräfte zu bündeln.

Ilzer zeigte jene Defensivkünste, die sein Team an diesem Samstag (15.30 Uhr/live bei Sky) im Kellerduell beim momentan formstarken Tabellensiebzehnten, Holstein Kiel, dringend braucht.

TSG-Verantwortliche Schicker und Ilzer müssen unruhige Zeiten managen

TSG-Rekordmann Andrej Kramaric hatte nach dem 0:5-Debakel von München öffentlich in den verbalen Angriffsmodus geschaltet. „Ich fühle eine große Scheiße im Club“, sprach der Kroate mit Blick auf das große Ganze und den Abwärtsstrudel, in dem sich die TSG seit dem Abgang der sportlichen Führung um Alexander Rosen im Sommer 2024 befindet.

Kramaric kritisierte die sinnlose Geldverbrennerei von mehr als 70 Millionen Euro seither. Dafür können Sportchef Andreas Schicker und Ilzer nur bedingt etwas. Die Fundamentalkritik des Hoffenheimer Starspielers ist aber auch für das österreichische Duo problematisch, weil sie in unruhigen Zeiten für noch mehr Unruhe sorgt.

Mehr zum Thema

Sport

Hoffenheim-Star Kramaric sieht «große Scheiße im Club»

Veröffentlicht
Von
Ulrike John
Mehr erfahren
Bundesliga

TSG-Star Kramaric übt massiv Kritik: "Große Scheiße im Club"

Veröffentlicht
Von
Felix Schröder
Mehr erfahren
Fußball

TSG Hoffenheim hat in München nichts zu verlieren

Veröffentlicht
Von
Florian Huber
Mehr erfahren

„Andrej ist schon so lange bei der TSG, dass er als Führungsspieler und Rekordtorschütze Kritik äußern darf“, sagt Sportgeschäftsführer Schicker. „Es steht ihm zu, mal aus den Emotionen heraus so einen Rundumschlag zu machen“, findet Ilzer. Laut Schicker seien „Missverständnisse“ aber inzwischen ausgeräumt.

Kramaric bleibt ohne Clubstrafe, aber Ilzer sieht dadurch keinen Autoritätsverlust

Dass Kramaric viel von Rosen hält, ihm stets eng verbunden war, ist ein Erkläransatz für den Ausbruch des Kroaten. Der andere besteht im tief sitzenden Frust über die persönliche Krise. Kramaric fremdelt unter Ilzer mit seiner Rolle, reiht ein schwaches Spiel ans nächste.

Hoffenheimer Personal

  • Mittelfeldspieler Diadie Samassekou fällt aus, dafür kehrt der zuletzt kranke Anton Stach zurück.
  • Bei Dennis Geiger ist offen, ob er 90 Minuten durchhalten kann. Zu oft fehlte Geiger in der Vergangenheit.
  • Pavel Kaderabek fehlt aufgrund seiner fünften Gelben Karte.

Einen Autoritätsverlust sieht Ilzer nicht, wenn Kramaric ohne Strafe und auch in Kiel in der Startelf bleibt. „Das beste Zeichen ist am Samstag ein Erfolgserlebnis. Dafür ist es aber wichtig, dass man versteht, es nur gemeinsam zu schaffen“, betonte Ilzer.

Ilzers Bilanz ist schlechter als einst die von Marco Kurz

Dessen Bilanz bei der TSG erinnert bisher an jene von Marco Kurz vor zwölf Jahren in der Spielzeit 2012/13. Damals holte der Trainer in zehn Ligaspielen nur acht Zähler, blieb sechsmal torlos und flog in höchster Abstiegsnot schnell wieder raus. Markus Gisdol und ein gewisser Alexander Rosen retteten die TSG dann in der Relegation.

Ilzer hat von zehn Spielen in drei Wettbewerben nur eins gewonnen. Das macht 0,6 Punkte pro Spiel. Die TSG erzielte dabei in sechs Partien kein Tor. Auch vor zwölf Jahren krachte es an allen Ecken und Enden beim Kraichgauclub, im Kader passte nichts zusammen und auf dem Platz stand keine Einheit. „Wenn die Ergebnisse ausbleiben, ist es normal, dass in einer Gruppierung Spannungen entstehen“, sagt Ilzer über die aktuelle Situation.

Geschlossenheit von Holstein Kiel ein Vorbild für die TSG Hoffenheim

Seinen Weg, seinen Fußballansatz will der 47-Jährige auch im Abstiegskampf durchziehen. Stürmer Mergim Berisha und Mittelfeld- oder Abwehrstratege Florian Grillitsch bleiben trotz der Krise auf dem Abstellgleis und sollen den Club noch im Wintertransferfenster verlassen. Linksverteidiger David Jurasek passt ebenfalls nichts ins Ilzer-System mit der Viererkette. „Für das, was wir momentan brauchen, sind seine Qualitäten nicht das Richtige“, sagt Ilzer.

Der Trainer wirkte vor dem Kiel-Spiel so angespannt, wie die Hoffenheimer Situation nach neun sieglosen Spielen und dem Sturz auf den Relegationsrang eben ist. Um den Gegner aus Schleswig-Holstein ging es im Vorfeld der Partie nur am Rande. „Man hat dort das Gefühl, dass die Mannschaft über allem steht“, sagte Ilzer aber. Was er nicht sagte: Bei der TSG ist genau das im Moment nicht zu sehen.

Eine „andere Körpersprache“ will Ilzer nun bei den heimstarken Kielern sehen, die zuletzt 5:1 gegen den FC Augsburg und 4:2 gegen Borussia Dortmund siegten: „Wir dürfen nicht beginnen, uns zu verstecken.“ Bei einer klaren TSG-Niederlage droht der Sturz auf Rang 17. Und zu aller Unruhe gesellt sich dann auch noch eine handfeste Trainerdiskussion.

Redaktion Editor der Sportredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke