Heidelberg. Der Maschinenbauer Heidelberger Druckmaschinen will künftig auch außerhalb seines Kerngeschäfts mehr Geld verdienen und hat dabei unter anderem den Verteidigungssektor im Blick. Voraussichtlich schon in der kommenden Woche will das Unternehmen mit Sitz in Wiesloch eine neue strategische Partnerschaft in diesem Bereich verkünden. Das sagte Vorstandschef Jürgen Otto am Donnerstag bei der virtuellen Hauptversammlung.
Heidelberger Druckmaschinen sei durch seine Kompetenzen und Kapazitäten „ein hoch interessanter und einzigartiger Skalierungs-Partner im schweren Maschinenbau und in der Elektronikfertigung“, sagte Otto. Dies sei „ein echtes Pfund, das aktuell im Bereich Defense gesucht und geschätzt wird“.
Aktionärsschützer: „Sie wissen, wir mögen das nicht“
Otto hatte den Vorstandsvorsitz bei dem lange kriselnden Maschinenbauer vor rund einem Jahr übernommen und trimmt das Unternehmen seither in hohem Tempo auf Profitabilität. Neben einer deutlichen Senkung der Personalkosten, die der Manager bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt mit Betriebsrat und Gewerkschaft ausgehandelt hatte, will er bestehende Ressourcen im Unternehmen verstärkt in neue, wachsstumsstärkere Anwendungsgebiete jenseits des Druckmaschinenbaus lenken. Neben dem Bereich Sicherheit und Verteidigung nannte Otto als Beispiel „Megatrends“ wie Energiemanagement und Automatisierung.
Bei Aktionärsschützern kam der Kurs des Vorstands am Donnerstag überwiegend gut an. „Ich habe erstmalig seit langem den Eindruck, dass das Überleben des Unternehmens gesichert ist“, sagte Andreas Schmidt von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Was sonst noch wichtig war auf der Hauptversammlung:
- Hauptversammlungsformat offen: Aufsichtsratschef Martin Sonnenschein und der Vorstand begrüßten die Aktionäre zwar aus dem Gustav-Mahler-Saal im Mannheimer Rosengarten. Die Anteilseigner selbst konnten die Hauptversammlung allerdings dieses Mal nur am Bildschirm verfolgen. Das stieß erwartungsgemäß auf wenig Begeisterung bei den Aktionärsschützern. „Sie wissen, wir mögen das nicht“, kommentierte SdK-Vertreter Schmidt. Auch Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) appellierte an das Management, die Hauptversammlung 2026 wieder in Präsenz abzuhalten. Im vergangenen Jahr waren 700 Aktionärinnen und Aktionäre der Einladung des Unternehmens in den Rosengarten gefolgt. Vorstandschef Otto betonte, dass man sich dieses Jahr für ein virtuelles Format entschieden habe, sei „keine Festlegung für die nächsten Jahre“. Vorsorglich ließ sich das Unternehmen von den Anteilseignern aber für die nächsten zwei Jahre genehmigen, dass ein virtuelles Format möglich ist.
- Änderungen im Aufsichtsrat: Auf der Tagesordnung der Hauptversammlung stand die Abstimmung über einige personelle Wechsel im Aufsichtsrat. So verlässt Investorin Ina Schlie das Gremium. Ihre Amtszeit lief mit Ende der Hauptversammlung ab und sie hatte nicht erneut kandidiert. Für sie rückt Uta Anders nach, Finanzvorständin beim Anlagenbauer Krones. Neu in den Aufsichtsrat gewählt wurde außerdem Ola Elmqvist. Der schwedische Manager verantwortet beim Konzern Tetra Pak das Verpackungsgeschäft und ersetzt bei Heidelberger Druckmaschinen im Aufsichtsrat Karin Dohm, die schon Ende April ausgeschieden war. Auch auf der Arbeitnehmerseite gab es in dem Kontrollgremium einen Wechsel: Die Amtszeit des langjährigen Heidelberger IG-Metall-Chefs Mirko Geiger endete mit der diesjährigen Hauptversammlung, auf ihn folgt Milena Brodt. Aufsichtsratschef Martin Sonnenschein wurde von der Aktionärsversammlung wiedergewählt und im Anschluss in einer Aufsichtsratssitzung in seinem Amt bestätigt.
- Steigender Aktienkurs, aber weiter keine Dividende: Beim Thema Dividende sind die Aktionäre von Heidelberger Druckmaschinen schmerzerprobt - das Unternehmen schüttet seit Jahren nichts an seine Anteilseigner aus. DSW-Vertreter Tüngler fand es deshalb schon „wunderbar“, dass Aufsichtsratschef Sonnenschein „das Wort Dividende mal wieder von sich aus in den Mund“ genommen hat: „Davon träumen wir natürlich“, so Tüngler. Sonnenschein hatte zuvor zum Stichwort Dividende gesagt, er verstehe die „Erwartungshaltung“ der Aktionäre.
- „Unser Fokus liegt aktuell jedoch darauf, unsere liquiden Mittel gezielt in Wachstumsinitiativen im operativen Geschäft zu investieren, mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken und dadurch den Aktienkurs positiv zu beeinflussen.“ Heißt im Klartext: Auch in diesem Jahr gibt es keine Dividende, perspektivisch dürfen die Anteilseigner aber wohl zumindest wieder darauf hoffen. Positive Signale gibt es beim Aktienkurs: Nachdem das Papier lange Zeit auf Pennystock-Niveau vor sich hindümpelte, geht es in letzter Zeit zumindest etwas nach oben: Gestern notierte die Aktie bei immerhin rund 1,60 Euro.
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