Mannheim. Eva Scherer, Finanzchefin von Daimler Truck, hat in diesen Tagen zwei Lieblingswörter: Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Beides will sie steigern. Das Programm „Cost Down Europe“ kommt in Fahrt, erst vor wenigen Tagen hat sich das Management mit dem Gesamtbetriebsrat auf Eckpunkte geeinigt. Für Scherer „ein wichtiger Meilenstein, um Mercedes-Benz Trucks in den nächsten Jahren deutlich profitabler zu machen“. Insgesamt sollen die wiederkehrenden Kosten um mehr als eine Milliarde Euro bis spätestens 2030 dauerhaft gesenkt werden.
Die Arbeitnehmervertretung ist angesichts der Umstände zufrieden mit dem Ergebnis. „In Summe haben wir für die Kolleginnen und Kollegen in Deutschland Sicherheit in unsicheren Zeiten geschaffen“, erklärt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Michael Brecht.
Bis zum Jahr 2034 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen
Die Eckpunkte reichen von einem sozialverträglichen Personalabbau, der Verrechnung von Vergütungsbestandteilen bis hin zu mehr Personalflexibilität mit Zeitarbeit. Wichtiger Punkt: Die bestehende Zukunftssicherung ist verlängert worden, bis zum Jahr 2034 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Das Unternehmen verpflichtet sich zudem nach eigenen Angaben, bis 2030 zwei Milliarden Euro in das deutsche Produktionsnetzwerk zu investieren.
Die vereinbarten Punkte gelten für rund 28.000 Beschäftigte an den Standorten Mannheim, Wörth, Kassel, Gaggenau und Leinfelden-Echterdingen (Zentrale). Dass alle Standorte erhalten bleiben, ist offensichtlich kein Selbstläufer gewesen. Immerhin hatte Konzernchefin Karin Rådström Fabrikschließungen im Vorfeld nicht ausgeschlossen. Das Bus-Segment (Daimler Buses) ist von „Cost Down Europe“ ausgenommen.
Auch im Mercedes-Benz-Werk Mannheim mit rund 4.200 Beschäftigten muss die Effizienz gesteigert – und mit Einschnitten gerechnet werden. „In den kommenden Wochen und Monaten werden die spezifischen Maßnahmen nun weiter ausgearbeitet“, wird der Standwortverantwortliche Andreas Moch in einer Mitteilung zitiert. Gleichzeitig bekräftigt er: „Mannheim bleibt Kompetenzzentrum für Verbrennungsmotoren sowie für Batterietechnologien und Hochvoltsysteme.“
Der Betriebsratsvorsitzende Bruno Buschbacher lobt vor allem die Zukunftssicherung über die Dauer von zehn Jahren. „Besonders zu erwähnen ist, dass es keine pauschalisierte Fremdvergabe der Mannheimer Produktionsumfänge geben wird und wir trotz enormen Kostendrucks durch die Zulieferindustrie das Traditionsgewerk Gießerei in Mannheim erhalten konnten“, fügt er hinzu. Auch die Zerspanungsbereiche und die Motorenmontage sorgten künftig weiterhin für Beschäftigung. Allerdings: „Das Geschäft mit Pkw-Tauschmotoren müssen wir rentabler machen, wenn es langfristig Bestand haben soll.“
IG-Metall-Chef Thomas Hahl: Positives Signal für den Industriestandort Mannheim
Thomas Hahl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, sieht in der Einigung ein starkes positives Signal für den Industriestandort Mannheim: „Nach Daimler Buses und ZF Wabco ist es nun zum dritten Mal gelungen, durch einen Zukunftstarifvertrag langfristig Arbeitsplätze in der Stadt zu sichern.“ Beim Autozulieferer ZF Wabco hatten sich Arbeitnehmervertreter, Gewerkschaft und Management kürzlich auf ein Maßnahmenpaket verständigt. Unter anderem wurde vereinbart, dass betriebsbedingte Kündigungen am Standort Mannheim bis Ende 2030 ausgeschlossen sind. Bei Daimler Buses gilt eine ähnliche Regelung sogar bis Ende 2033. „Das ist ein echtes Pfund für Mannheim“, sagt Hahl.
Die aktuelle Einigung bei Daimler Truck zeige, „dass wir es trotz aller Kritik am Standort Deutschland können. Wir hoffen, dass das Modell noch viele Nachahmer findet.“ Zwar müssten auch die Beschäftigten im Zuge der Einigung Zugeständnisse machen. Diese seien aber mit Blick auf das Gesamtergebnis vertretbar. „Verhandlungen heißt immer auch Kompromisse.“
Wie viele Arbeitsplätze in Deutschland und an einzelnen Standorten wie Mannheim wegfallen werden, ist unklar. Klar ist lediglich: In der Produktion wird man weitestgehend mit der natürlichen Fluktuation und Altersteilzeit bei der Reduzierung der Personalkosten hinkommen. „In den anderen Funktionen werden wir um einen sozialverträglichen Personalabbau nicht herumkommen“, so Vorstandsmitglied Achim Puchert kürzlich.
Die maue Wirtschaftslage und die Zölle von US-Präsident Donald Trump machen dem Nutzfahrzeughersteller zu schaffen. Wegen der Unsicherheit auf ihrem profitabelsten Markt Nordamerika müssen die Schwaben ihren Jahresausblick senken. Aber: Mit den Zahlen für das erste Quartal übertraf das Unternehmen die Erwartungen von Fachleuten. In den ersten drei Monaten gab der Umsatz im Fahrzeuggeschäft im Vergleich zum Vorjahresquartal um sieben Prozent auf 11,6 Milliarden Euro nach, das bereinigte operative Ergebnis um vier Prozent auf 1,16 Milliarden Euro (siehe Tabelle). Unter dem Strich – also nach Steuern – blieben davon 770 Millionen Euro übrig.
Wasserstoffbusse in Mannheim unterwegs
Im Bus-Segment mit rund 3.000 Beschäftigten in Mannheim läuft das Geschäft. „Daimler Buses konnte stark in dieses Jahr starten“, erklärt Unternehmenschef Till Oberwörder. Kennzahlen wie Absatz, Umsatz und bereinigtes Ebit sind gestiegen. Man bleibe „unangefochtener Marktführer“ in den wichtigsten Kernmärkten Europa, Brasilien und Mexiko.
Verstärkt stellen Verkehrsbetriebe auf umweltfreundlichere Busse um, so auch die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv). In Mannheim sollen 13 Wasserstoffmodelle von Daimler Buses (H2-eCitaro) nach und nach den Regelbetrieb aufnehmen. Die notwendige Wasserstofftankstelle auf dem rnv-Betriebshof wurde bereits im Oktober 2024 in Betrieb genommen.
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