Das Wichtigste in Kürze
- Die Fluggesellschaft Mannheim City Air bietet Flüge nach Sylt, Usedom und Elba an
- Geschäftsführer Axel Reißmann denkt über neue Ziele wie Jersey und Saint-Tropez nach
- Die Airline muss sich auf dem Markt etablieren und wirtschaftliche Turbulenzen vermeiden
Mannheim. Der Blick ins Zeitungsarchiv zeigt mal wieder, wie schnell die Zeit vergeht. Fast neun Jahre ist es jetzt schon her, als sich ein früherer Wirtschaftsreporter in die Dornier 328 der Mannheimer Regionalfluggesellschaft Rhein-Neckar Air (RNA) setzte und mit den Kurzurlaubern an Bord nach 90 Minuten Flugzeit auf der Ferieninsel Sylt landete. Es war der erste Linienflug der RNA nach Westerland. Die regionale Airline wollte mit dem neuen Angebot auf dem umkämpften Markt punkten. „Es verging fast keine Woche, in der unsere Kunden nicht nach einer solchen Flugverbindung gefragt haben“, begründete der damalige RNA-Geschäftsführer Dirk Eggert 2016 die Aufnahme der Destination in den Flugplan.
Inzwischen sind nicht nur Eggerts Haare grauer geworden. Er hat auch seinen Job gewechselt und deshalb als Chef des City Airport Mannheim das Ende der RNA nicht mehr an vorderster Front erlebt. Es war sein direkter Nachfolger Axel Reißmann, der 2024 Insolvenz anmelden musste. Dessen Karriere tat dies aber offensichtlich keinen Abbruch. Reißmann ist jetzt nämlich wieder Geschäftsführer - bei der neuen regionalen Fluggesellschaft Mannheim City Air. Diese hat das Geschäft der RNA übernommen, die die wirtschaftlichen Turbulenzen nicht meistern konnte und von der Bildfläche verschwunden ist.
Den Linienverkehr - und da schließt sich der Kreis - hat die Mannheim City Air am Karfreitag mit einem Flug nach Sylt aufgenommen. Da Klappern zum Handwerk gehört, hat Reißmann dieser Tage bei einem Sylt-Flug Journalisten mitgenommen, um ein bisschen die Werbetrommel zu rühren. Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass es wieder Flüge von Mannheim nach Sylt gibt. „Wir sind froh, dass wir wieder auf unsere Lieblingsinsel fliegen können“, sagt Elena Klein aus Hockenheim. „Mein Mann Udo wird nächste Woche 85, da wollten wir dem Geburtstagstrubel entgehen und in aller Ruhe diesen Tag in Westerland feiern“, so die 67-Jährige. Das Paar hat noch ein Feriendomizil in Portugal, aber die Destination Sylt schätzen sie besonders.
Rebekka Fürstenberg (55) und ihr Ehemann Michael (57) aus Karlsruhe fliegen dagegen zum ersten Mal nach Sylt. „Wir sind Großeltern und passen zweimal die Woche auf das Kind unserer berufstätigen Tochter auf. Wir wollten jetzt einfach mal eine Woche am Stück verreisen. Mit der Bahn würden da aber schon zwei Tage draufgehen“, sagt Rebekka Fürstenberg. Ihr Ehemann Michael ergänzt: „Da sind wir dann auf Mannheim gekommen.“ Dass das Fliegen für das Klima nicht gerade besonders gut ist, weiß das Paar natürlich auch. „Wir steigen wirklich selten in ein Flugzeug und nehmen konsequent das Fahrrad, wenn es geht. Insgesamt ist unser CO2-Ausstoß bestimmt unter dem Durchschnitt“, sagt Rebekka Fürstenberg.
Vollständiger Verzicht auf Kerosin unrealistisch
Axel Reißmann betont, dass Propeller-Flugzeuge wie die Dornier 328 im Vergleich zu Jets deutlich weniger CO2 ausstoßen. Zugleich dämpft er Erwartungen an einen raschen Technologiewandel im Luftverkehr: „Ein vollständiger Verzicht auf Kerosin ist auf absehbare Zeit unrealistisch.“ Die Beimischung nachhaltiger Flugkraftstoffe sei zwar ein erster Schritt, doch fehle es weiterhin an ausreichender Verfügbarkeit. Und alternative Antriebstechnologien wie Wasserstoff- oder Elektroflugzeuge befinden sich demnach noch in der Entwicklungs- und Testphase.
Es ist nach Reißmanns Darstellung vor allem das zahlungskräftige Publikum, das nach Sylt fliegt, darunter auch viele Stammkunden, die wie die Kleins schon die Linienflüge der RNA genutzt haben. „Stressige Anreisen und lange Bahnfahrten sind nicht nötig: Unsere Gäste parken direkt am Flughafen – kostenfrei. Für den Check-in reichen 30 Minuten vor Abflug völlig aus“, zählt er die Vorzüge einer Buchung bei der Mannheim City Air auf.
Und: Es sind nicht nur Rentner, die das unbeschwerte Reisen mögen. Den Flieger besteigt auch ein junges Pärchen mit ihren drei Kindern. Je nach Auslastung und Buchungszeitpunkt kostet ein Ticket zwischen 299 bis 545 Euro für die einfache Strecke. Da kommen also dann mehrere tausend Euro zusammen, die sich nicht jeder leisten kann.
Gewinnmargen in der Branche eher niedrig
Bei solchen Preisen müsste für die Airline pro Flug doch ein hübsches Sümmchen übrig bleiben, oder? „Die durchschnittliche Gewinnmarge in der Luftfahrt liegt weltweit bei lediglich 2,7 Prozent. Gleichzeitig steigen die regulatorischen Belastungen in Deutschland stetig“, sagt Reißmann. So hat sich nach seinen Angaben die Luftverkehrsabgabe auf Kurzstreckenflüge seit 2019 mehr als verdoppelt – von 7,38 Euro auf inzwischen 15,53 Euro netto. Hinzu kommen kontinuierlich steigende Kosten für CO₂-Zertifikate im europäischen Emissionshandel. „Diese Entwicklungen erhöhen den Druck auf die gesamte Branche und machen Preissteigerungen nahezu unausweichlich. Wer nachhaltige Mobilität möchte, muss auch für wirtschaftlich tragfähige Rahmenbedingungen sorgen“, so Reißmann.
Und wie läuft das Geschäft? Reißmann: „In den ersten Wochen wurden wir regelrecht überrannt – viele sagten: Endlich können wir wieder nach Sylt fliegen! Aus Start-up-Sicht ist das ein hervorragender Start.“ Doch es gibt auch Herausforderungen: „Im Vergleich zur RNA liegen wir aktuell bei der Auslastung ein paar Prozentpunkte zurück. Das hängt vor allem damit zusammen, dass viele Gäste ihre Reisen bereits im Herbst des Vorjahres planen. Gleichzeitig sehen wir aber schon jetzt eine steigende Nachfrage für 2026 – das stimmt mich sehr optimistisch“, so Reißmann.
Neben Sylt (mittwochs, samstags und sonntags) hat die Mannheim City Air auch Flüge nach Elba (samstags und sonntags) sowie Usedom (samstags) im Programm. Die Leute, die einen Flug nach Sylt oder Usedom buchen, kommen aus einem Einzugsgebiet, das bis nach Karlsruhe, Kaiserslautern und Darmstadt reicht. Richtung Elba steigen auch Urlauber aus Berlin, Tschechien oder der Schweiz in den Flieger.
Reißmann denkt über neue Reiseziele wie Saint-Tropez nach
„Als junges Unternehmen bewerten wir jede Strecke anhand klarer betriebswirtschaftlicher Kriterien“, sagt Reißmann. „Unser Anspruch ist nicht kurzfristiges Wachstum, sondern ein belastbares Geschäftsmodell mit langfristiger Perspektive. Wo eine strategische Neuausrichtung notwendig ist, handeln wir entschlossen“, so der Geschäftsführer.
Dass die Mannheim City Air die von der RNA eingestellten Geschäftsflüge nach Berlin wieder aufnimmt, schließt der Geschäftsführer aus, weil die Gebühren auf dem neuen Flughafen Berlin Brandenburg höher als früher in Tegel sind. Anders stellt sich die Lage bei der potenziellen Verbindung nach Hamburg dar. „Diese Strecke behalten wir im Blick – aber nur unter klaren wirtschaftlichen Voraussetzungen“, sagt Reißmann. „Wir werden sie nur aufnehmen, wenn wir voll und ganz überzeugt sind.“
Mannheim City Air
Die Mannheim City Air ist die dritte regionale Fluggesellschaft , die Linienflüge am City Airport Mannheim anbietet.
Die Cirrus-Airlines , die die Route Mannheim–Berlin im Programm hatte, stellte den Flugbetrieb 2012 ein. Kurz darauf wurde die Rhein-Neckar Air (RNA) gegründet - auf Betreiben von Unternehmen aus der Region wie zum Beispiel SAP, Heidelberg Materials und Südzucker.
Die RNA nahm im März 2014 den Flugbetrieb mit einer Verbindung nach Berlin-Tegel auf. Danach folgten weitere Linienflüge nach Hamburg und zu den Urlaubsinseln Sylt, Usedom und Elba.
Nach der Insolvenz in diesem Jahr besetzte die Mannheim City Air den Markt in Mannheim. Sie hat von der RNA die Ziele Sylt, Usedom und Elba übernommen.
Gesellschafter sind fünf Privatleute und ein regionales Unternehmen. Wie die RNA hat die Mannheim City Air die Dornier 328 nicht gekauft. Auch das Kabinenpersonal steht nicht auf der Lohnliste. Das alles stellt jetzt die Berliner Chartergesellschaft Private Wings . was
Gedanken über neue attraktive Ziele macht sich der Chef der Airline aber schon. „Der City Airport Mannheim bietet ein attraktives Umfeld – wir können Strecken bedienen, die für andere wirtschaftlich oder operativ nicht darstellbar sind“, erklärt Reißmann. Ein Beispiel sei die Verbindung nach Elba: Die Fähigkeit der Dornier 328, auf kurzen Pisten zu operieren, schafft erst die betriebliche Grundlage für solche Strecken. Auch die Sitzplatzkapazität der Maschine sieht Reißmann als strategischen Vorteil. „Ein Ziel wie die Kanalinsel Jersey vor der Küste Nordfrankreichs wäre wirtschaftlich denkbar – allerdings nur im Schulterschluss mit spezialisierten Reiseveranstaltern“, sagt er. Und ergänzt: „Auch Saint-Tropez ist ein spannender Markt. Gerade Nischendestinationen jenseits des Massentourismus bieten Potenzial und verdienen eine genaue betriebswirtschaftliche Bewertung.“
Aber noch ist das alles Zukunftsmusik. Die neue Fluglinie muss sich jetzt erst einmal auf dem harten Markt etablieren und schauen, dass sie nicht wie die Rhein-Neckar Air in ähnliche Turbulenzen gerät. „Die Luftfahrt ist meine Leidenschaft – doch wer diesen Weg geht, muss bereit sein, gegen den Wind zu fliegen“, so Reißmann.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Die Mannheim City Air ist zum Erfolg verdammt