Seifenmanufaktur

Der Duft nach Lavendel: Klar Seifen aus Plankstadt wird 185 Jahre

Die älteste Seifenmanufaktur Deutschlands: Jan Heipcke übernahm die Traditionsmarke „Klar Seifen“ in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Jetzt läuft das Geschäft wieder.

Von 
Joachim Klaehn
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Ein historisches Werbemotiv- Klar Seifen gibt es 185 Jahren. Damit ist es der Betrieb nach eigenen Angaben älteste Seifenmanufaktur Deutschlands. © Philipp Rothe

Das Wichtigste in Kürze

- Die Klar Seifen GmbH, gegründet 1840 in Heidelberg, produziert heute in Plankstadt.

- Die Seifenmanufaktur nutzt Bio-Inhaltsstoffe und produziert bis zu 20.000 Stück täglich.

- Geschäftsführer Jan Heipcke führt das Unternehmen, das 25 Mitarbeitende beschäftigt.

Plankstadt, Heidelberg. Schon beim Betreten des Manufakturgebäudes der Klar Seifen GmbH im Plankstadter Gewerbegebiet werden die Sinne angeregt. Es duftet nach Lavendel, Rosmarin, Zitronengras, Mandel, Sandelholz, Eukalyptus und vieles mehr. 2025 ist Klar Seifen – die nach eigenen Angaben älteste Seifenmanufaktur Deutschlands – stolze 185 Jahre geworden.

„Für uns geht es nicht nur darum, ein Traditionsunternehmen wie Klar Seifen in die Zukunft zu führen, sondern auch wirtschaftliche Tragfähigkeit auf der Grundlage von handwerklicher Qualität kontinuierlich weiterzuentwickeln“, sagt Geschäftsführer Jan Heipcke über das Selbstverständnis einer Manufaktur, deren Produktsortiment mit Hand- und Körperseifen, festen Shampoos, Conditionern, Rasierseifen, feste Deocremes sowie Mitbringsel rund 160 Artikel umfasst.

Für die Grundseife wird Olivenöl oder Kokosöl verwendet

Alle Produkte werden auf Basis pflanzlicher Inhaltsstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau hergestellt. Sie sind frei von tierischen Elementen und Palmöl. Für die sogenannte Grundseife werden Olivenöl aus Griechenland und Kokosöl aus Südostasien verwendet, was als Lauge gekocht geschmeidigen Seifenschaum ergibt. Weitere Standards: Regionale Inhaltsstoffe wie etwa Luvos-Heilerde, Bimsstein aus der Eifel, Lavendel von der Schwäbischen Alb oder Kohle aus dem Ruhrpott liegen im Trend. Die vegan geprägte Produktpalette verfügt über zertifizierte Naturkosmetik-Qualität.

Für Geschäftsführer Jan Heipcke war die Übernahme von Klar Seifen ein Wagnis. Heute investiert er in mehr Lagerkapazität, weil das Geschäft so gut läuft. © Jegliche Verwendung ist honorarpflichtig und nur zu journalistischen/publizistischen Zwecken gestattet.

„Das Einzigartige bei uns ist, dass wir mit unserer wärmeisolierten Holzhalle und der großflächigen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach sehr autark in der Energieproduktion sind“, erklärt Heipcke. „Wir verbrauchen das, was wir selbst produzieren.“ 25 Mitarbeitende hat der mittelständische Betrieb. Die Traditionsmarke erfährt gerade in den vergangenen sechs Jahren eine Renaissance. Am Standort Plankstadt wird die Halle um zwei Drittel der vorhandenen Fläche erweitert – für mehr Lagerkapazitäten. Jan Heipcke und sein Kompagnon Philipp Schäfer warten noch auf die Baugenehmigung – der Anbau soll indes im Sommer 2026 fertig sein.

Firmengründer Philipp Klar lässt sich in Heidelberg nieder

Rückblick ins 19. Jahrhundert: Firmengründer Philipp Klar gründet nach Jahren der Wanderschaft, die ihn bis ins russische St. Petersburg führt, 1840 eine Seifensiederei mit angegliedertem Laden in der Heidelberger Hauptstraße 32. Über fünf Generationen hinweg pflegt die Familie Klar die Kunst des Seifensiedens, ehe 2010 die beiden Freunde Niels Klar und Jan Heipcke die Köpfe zusammenstrecken. Was sie verbindet? Die Neuausrichtung in „einer wirtschaftlich angestrengten Lage“ (Heipcke) anzupacken und dabei die Themen Tradition, Wirtschaftlichkeit, Digitalisierung und Infrastruktur pragmatisch zu sortieren. Für Heipcke ist‘s ein Schritt ins Ungewisse. Wäre es die zweitälteste Seifenmanufaktur Deutschlands gewesen, hätte er die Herausforderung (seit 2018 alleiniger Gesellschafter) wohl nicht gewagt, wie Heipcke einräumt.

Für die Grundseife wird Olivenöl oder Kokosöl verwendet. 20.000 Seifenstücke verlassen täglich die Plankstadter Produktion. © Jegliche Verwendung ist honorarpflichtig und nur zu journalistischen/publizistischen Zwecken gestattet.

Doch der Wandel weg von der einstigen Lohnherstellung hin und zurück zur Investition in die alte Manufaktur-Marke – inklusive des Umzugs des Produktionsorts von Heidelberg-Rohrbach nach Plankstadt – hat sich gelohnt. Heutzutage werden zu jeweils 50 Prozent der bis zu 20.000 Seifen pro Tag entweder für andere Unternehmen oder eben als eigene Marke mit Logo produziert. Seife gilt wie seit Tausenden von Jahren wieder als hochwertiges Alltagserzeugnis, das haptische wie olfaktorische Bedürfnisse bedient. Und Seife passt als Zero-Waste-Produkt zum Zeitgeist.

Der Blick in den Maschinenraum von Klar Seifen illustriert, was sich bereits im Verkaufsbereich erahnen lässt: Hier befindet sich das Herzstück des Duftlabors. Originalrezepturen von 1904/1905 gehören dazu. „Rezepturen sind Duftinspirationen, was man alles daraus machen kann“, sagt Heipcke, der bereits 2010 die alten Rezeptbücher akribisch studiert hat und damals mit dem Rollkoffer quer durch Deutschland zieht, um Händler zu finden. Stand heute gibt es 1.000 eigentümergeführte Einzelläden (darunter 16 in der Region und das 2020 in Heidelbergs Hauptstraße 112 eröffnete Geschäft), die Klar-Seifen-Produkte anbieten.

20.000 Seifentstücke pro Tag



Die heutige Seifen Klar GmbH wurde 1840 in Heidelberg gegründet. Inzwischen ist Plankstadt der Firmensitz.

Geschäftsführer ist Jan Heipcke. Die Manufaktur hat 25 Mitarbeitende.

2 bis 2,5 Millionen Seifenstücke pro Jahr werden in Plankstadt produziert – bis zu 20.000 Stück am Tag.

In der Region gibt es die Seifen unter anderem direkt in der Manufaktur Plankstadt, Am Ochsenhorn 13, zu kaufen oder im Heidelberger Laden, Hauptstraße 112.

Im Onlineshop laufen zwischen 100 und 1.000 Bestellungen pro Tag ein. jog

Die Herstellung der Seifen geht ein bisschen wie das Pasta-Machen

Die Maschinen der italienischen Spezialfirma „Binacchi & Co.“ funktionieren ähnlich wie bei der Herstellung von Pastanudeln. Die Grundseife wird gemischt und mit ätherischen Ölen und Gewürzen versehen. In der Pilliermaschine wird sie verdichtet und dadurch besonders ergiebig. „Wir arbeiten mit fünf Walzvorgängen statt der üblichen drei“, berichtet Heipcke. In einer speziellen Presse, dem Extruder, wird die Seifenmasse unter Hitze zu einem festen Strang und mithilfe von Mundstücken konfiguriert, dann in Teile geschnitten und abschließend in die jeweils gewünschte Form gepresst. Das Zusammenpressen und Stanzen kann mit einer historischen „Weber & Seeländer“ von 1953 geschehen. Nach fachgerechter Lagerungszeit, analog mit Datum versehen, erfolgt die Verpackung in Seidenpapier und Schachteln per Handarbeit.

Heipcke hat ein Faible für die Wiedergeburt von außergewöhnlichen Produkten. Er und Philipp Schäfer haben 2012 die Dachgesellschaft „Unternehmenspension“ gegründet. Klar Seifen bildet den Auftakt der Unternehmensberatung. „Strunkmann & Meister“ (Bettwäsche), „Edel Naturwaren“ (Naturkosmetik), Pumpentechnik-Erkrath (Spezialist für Industriepumpen) und die Reinwert Management GmbH kommen später als Ergänzungsbausteine hinzu. Das Konzept von „UP“ beinhaltet, Nachfolgeprobleme in mittelständischen Unternehmen zu klären, diese mehrheitlich zu übernehmen und zukunftssicher aufzustellen. Ist Heipcke ein romantisch veranlagter Unternehmer? Teils teils. Er macht jedenfalls aus seiner Sammlerleidenschaft für alte Manufakturen keinerlei Hehl.

Klassische Seifen sind wieder gefragt, auch weil sie wenig Abfall produzieren. Ein bisschen Nostalgie hilft auch. © Jegliche Verwendung ist honorarpflichtig und nur zu journalistischen/publizistischen Zwecken gestattet.

Hin und wieder bekommt Heipcke bei Klar Seifen Kartons von alten Kunden zugeschickt. Darin sind zum Beispiel das Zeugnis eines kaufmännischen Lehrlings von 1922, ein Brief von 1958, Bestellungen, Reklamationen, originalverpackte Seifen-Flocken, extra feine Weihnachts-Wachskerzen oder Klar‘s Lavendel der Sonderklasse. Manche Episode scheint in Deutschlands ältester Seifenmanufaktur tatsächlich nie zu Ende zu gehen – es „duftet“ seit 1840 nach Historie und Anekdoten.

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