Mannheim. Die deutschen Unternehmen laufen Sturm gegen die EU. Sie kritisieren die Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. 12,6 Prozent der Betriebe glauben nicht, dass diese zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen. Der erforderliche Aufwand - der außerdem hohe Kosten verursacht - steht demnach in keinem Verhältnis zum Nutzen der Berichte. Dies ist das Ergebnis des German Business Panels (GBP) der Universität Mannheim. Die Unternehmen bemängeln außerdem, dass die für die Erfüllung der Berichtspflichten notwendigen finanziellen Mittel dann regelmäßig fehlen, um neue Nachhaltigkeitsmaßnahmen in die Praxis umzusetzen.
Brüssel will bei Nachhaltigkeitsregeln nachbessern
Als Reaktion auf die weit verbreitete Kritik hatte die EU-Kommission bereits Ende 2024 umfangreiche Entlastungen von den Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit angekündigt. Mit der Omnibus-Initiative sollen die Anforderungen um mindestens 25 Prozent reduziert werden. Betroffen sind unter anderem die Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), zur Sorgfaltspflicht entlang der Lieferketten (CSDDD) und zur EU-Taxonomie. In dieser Woche hat die EU-Kommission angekündigt, dass sie das Lieferkettengesetz verschieben und deutlich entschärfen will.
Der GBP-Bericht gibt Auskunft darüber, wo den Betrieben der Schuh drückt. Der Anteil der Unternehmen, die die CSRD negativ bewerten, ist um knapp zwölf Prozentpunkte auf 67,6 Prozent gestiegen. Nur noch 12,6 Prozent glauben, dass die Regelungen tatsächlich zu mehr Nachhaltigkeit führen können. Die Kritik kommt nicht von den Unternehmen, die nachhaltige Geschäftsmodelle ablehnen, sondern vorrangig von jenen, die bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen.
„Der Vielzahl an Daten, die Unternehmen über ihre Lieferketten, den Beitrag zum Umweltschutz und soziales Engagement erheben müssen, fehlt der Fokus auf die Interessen der Leser dieser Berichte. Dies belastet insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen. Die finanziellen Mittel, die sie aufwenden, allein um diese Berichte zu erstellen und die Anforderungen zu erfüllen, fehlen dann oft an anderen Stellen, beispielsweise für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie“, fasst der Mannheimer Ökonom Jannis Bischof zusammen. Und er ergänzt: „Hinzu kommt, dass viele Unternehmen die Umsetzung der Vorschriften als reine Formalität ohne spürbare Effekte auf die Wirtschaft betrachten.“
Verpasste Investitionen und Innovationsstau
Die Bürokratie führt nicht nur zu Unzufriedenheit, sondern hat auch konkrete Auswirkungen auf Investitionen. Mehr als die Hälfte der Betriebe (54,1 Prozent) gab an, in den vergangenen zwei Jahren geplante Investitionen nicht umgesetzt zu haben. Zudem verzichteten 40,9 Prozent auf die Entwicklung neuer Produkte. „Es besteht die Gefahr, dass die Vorschriften zur Nachhaltigkeit ihr eigentliches Ziel ins Gegenteil verkehren“, so Bischof.
Besonders belastend empfinden Betriebe den Umgang mit Behörden. Bei Firmen, die zu Nachhaltigkeitsberichten verpflichtet sind und Nachhaltigkeit als eigenes strategisches Ziel sehen, wird dieser Aspekt sogar als lästiger empfunden als die eigentlichen Vorschriften (26,5 Prozent gegenüber 20,6 Prozent). Freiwillige Anwender der CSRD hingegen sehen die Offenlegungsstandards selbst als größte Hürde, was auf ihren geringeren Behördenkontakt zurückzuführen sein könnte.
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