Mannheim. Erst im März 2023 hat Georg Müller seinen Vertrag als Vorstandsvorsitzender bei der MVV Energie AG um fünf Jahre verlängert. Auch beim Hintergrundgespräch im November 2023 wirkte der Lenker des Mannheimer Energieversorgers alles andere als amtsmüde. „Diese Frage stellt sich nicht!“, antwortete der Vorstandsvorsitzende darauf, ob er sich einen vorzeitigen Ausstieg vorstellen könne.
OB Specht bedauert die Entscheidung des Konzernlenkers
Woher rührt also sein völlig überraschender Sinneswandel? Fakt ist: Georg Müller hat am Montag das getan, was sein Vertrag hergibt. Eine entsprechende Klausel sieht dem Vernehmen nach vor, dass beide Seiten - also auch der Aufsichtsrat - jeweils bis zur Jahresmitte entscheiden können, ob der Kontrakt weiterläuft oder eben vor 2028 beendet wird. Diese Option hat Müller jetzt gezogen. In der Pressemitteilung heißt es dazu: „Er macht damit von einer Möglichkeit Gebrauch, die ihm im Rahmen der letzten Bestellung Anfang 2023 durch den Aufsichtsrat eingeräumt worden war.“
Das Kontrollgremium selbst wollte mit Müller offensichtlich weitermachen, wie das Zitat von Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) nahelegt. „Ich bedauere diese Entscheidung von Herrn Dr. Müller und danke ihm für die frühzeitige Information“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende. „Gleichwohl respektieren wir seine Entscheidung und danken ihm schon jetzt für seine Impulse zur tiefgreifenden und nachhaltigen Weiterentwicklung von MVV“, lässt sich Specht weiter zitieren.
Da Müller freiwillig abtritt, wird wegen der Vertragsklausel auch keine Abfindung fällig. Nur zum Vergleich: Der geschasste Chef des Energieversorgers EnBW kassierte sechs Millionen Euro als Schmerzensgeld für den Verlust seines Jobs. Müller wollte sich dagegen ein vorzeitiges Ausscheiden nicht versilbern lassen. Ein honoriges Verhalten des aus Ostwestfalen stammenden Managers, das in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft eher die Ausnahme als die Regel ist.
Die Frage nach dem Warum beantwortet Müller in der Pressemitteilung praktisch selber. „Nach dann 16 Jahren als Vorstandsvorsitzender der MVV Energie AG und einem intensiven Weg, den wir im Unternehmen alle gemeinsam gegangen sind, möchte ich aktiv dazu beitragen, den Staffelstab weiterzugeben.“ In diesem langen Satz stecken zwei Botschaften. Müller weiß selbst, dass schon 16 Jahre eine lange Zeit sind. Bis Vertragsende wären es dann 20.
Irgendwann lässt auch bei einem Spitzenmanager die Energie nach. Müller ist Jahrgang 1963. Sein Alter könnte deshalb ein Thema werden. 2022 ließ er sein Amt wegen einer klinischen Behandlung sechs Monate ruhen. Mit seinem Schachzug sorgt Müller jetzt dafür, dass solche Spekulationen nicht ins Kraut schießen und er sein Lebenswerk für sich zu einem guten Ende bringen kann.
Suche nach einem Nachfolger hat schon begonnen
Und damit nach der Ära Müller alles in geordneten Bahnen weiterläuft, will sich der Vorstandschef aktiv in die Suche des Nachfolgers einmischen. Diese hat schon begonnen - nach Spechts Angaben wurden die notwendigen Schritte für ein geordnetes Verfahren bereits eingeleitet. Am Mittwoch steht aber erst einmal die Veröffentlichung der Halbjahreszahlen im Terminkalender.
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