Rhein-Neckar. Wer durch die Innenstädte flaniert, kennt das schon: Leere Schaufenster und geschlossene Gaststätten. Wie viele Betriebe 2024 aufgegeben haben, geht aus einer gemeinsamen Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform und dem ZEW Mannheim hervor. Demnach stieg die Zahl im Vergleich zu 2023 um 16 Prozent. Bundesweit sind 196.000 Unternehmen von der Bildfläche verschwunden – der höchste Wert seit 2011. Damals mussten viele Betriebe während der Finanzkrise aufgeben, die die deutsche Wirtschaft lähmte.
Hohe Energiekosten setzen Betrieben zu
„Die Schließungszahlen sind in allen Wirtschaftsbereichen alarmierend. Vor allem die Industriebetriebe leiden unter den hohen Energiekosten in der Produktion, während der Wettbewerbsdruck durch ausländische Anbieter steigt“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch von der Creditreform. Besonders gebeutelt waren die energieintensiven Branchen. Dort machten 1.060 Betriebe zu – ein Anstieg um 26 Prozent. In der Chemie- und Pharmaindustrie gaben 350 Unternehmen auf – der höchste Stand seit mehr als 20 Jahren.
Auch die Technologie-Dienstleister hatten schwer zu kämpfen, in dieser Branche stieg die Zahl der Schließungen überdurchschnittlich stark. 13.800 Unternehmen gaben auf. „Tatsächlich müsste dieser Sektor als Zukunftsbranche wachsen“, sagt ZEW-Wissenschaftlerin Sandra Gottschalk. Und warum passiert das nicht? „Es herrscht ein gravierender Fachkräftemangel. Das führt dazu, dass nicht genug Aufträge angenommen werden können, um wirtschaftlich zu arbeiten“, sagt Gottschalk.
In der Wohnungswirtschaft setzte sich der Negativtrend ebenfalls fort: Die Zahl der Schließungen stieg hier um 20 Prozent. Allein 2024 verließen rund 9.700 Unternehmen den Markt. „Die Kapazitäten im Wohnungsmarkt schrumpfen – auch wegen fehlendem Fachkräftenachwuchs“, so Creditreform-Forscher Hantzsch.
Die angespannte Lage im Gesundheitswesen schlägt sich ebenfalls in steigenden Schließungszahlen nieder. 2024 machten 10.800 Betriebe dicht, ein Plus von acht Prozent. Die flächendeckende Versorgung mit Apotheken und Arztpraxen dürfte sich damit weiter verschlechtern.
Auffällig ist der starke Anstieg bei größeren Unternehmen – ein Trend, der sich nun im dritten Jahr in Folge fortsetzt. 2024 wurden gut 4.050 solcher Unternehmen abgemeldet – fast doppelt so viele wie in einem durchschnittlichen Jahr.
Viele Unternehmen verlagern Produktion ins Ausland
„Das ist ein klares Alarmsignal an die Wirtschaftspolitik. Viele Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland, schließen Standorte oder investieren gar nicht mehr in Deutschland“, warnt Hantzsch.
Die deutsche Wirtschaft verliere dadurch zunehmend an Substanz und Know-how. Bei kleineren, überwiegend inhabergeführten Unternehmen stieg die Zahl der Schließungen zuletzt nur moderat.
In vielen Fällen liegt die Ursache nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sondern in der demografischen Entwicklung: Immer mehr Eigentümerinnen und Eigentümer der geburtenstarken Jahrgänge erreichen das Rentenalter, ohne geeignete Nachfolger zu finden. Auch Tod oder Krankheit kann dazu führen, dass ein Betrieb vom Markt verschwindet.
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