Kolumne #mahlzeit

Warum weint die ganze Welt einer toten Oma nach - der Queen?

Da haben wir Jahrhunderte und Jahrtausende gebraucht, bis wir endlich aufgestanden sind, um uns gegen die Diktaturen selbst ernannter Herrscher und Kirchenfürsten zu wehren, und dann greint die ganze Welt, weil in England eine Oma stirbt. Das findet Kolumnist Stefan M. Dettlinger im Selbstgespräch unfassbar.

Von 
Stefan M. Dettlinger
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© kako

Also, Adelige sollten diese Zeilen nicht lesen. Der Weg durch diese Zeilen würde für sie kein leichter sein. Sie würden sehr aufgebracht durch sie. Daher: stopp!

So. Sind wir, das gemeine Volk, jetzt unter uns? Also: Ich weiß auch nicht. Da haben wir Jahrhunderte und Jahrtausende gebraucht, bis wir endlich aufgestanden sind, um uns gegen die Diktaturen selbst ernannter Herrscher und Kirchenfürsten zu wehren, und dann greint die ganze Welt, weil in England eine Oma stirbt. All die Missetaten der Royals: vergessen. All das dem Volk geraubte Geld: verbraten. Revolutionen: hat es nie gegeben.

Ein Volk braucht keinen König, und es braucht keine Königin. Es braucht Rechte, Würde und Frieden. All das geben ihm Demokratien und keine Monarchen, die zudem in Demokratien wie England unnötig weiter existieren.

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Apropos: Der Adel – und noch mehr der Hochadel – ist doch eine höchst umstrittene Spezies. Den Adel trennt von dir und mir, dass er über Generationen einen höheren Einfluss auf das öffentliche Geschehen ausgeübt hat. Und wie? Na durch Gewalt, Krieg, also militärische Überlegenheit, durch höheres wirtschaftliches Potenzial, oft in Form von Grundbesitz. Oder durch – Achtung: Schwachsinn! – göttlichen Willen. Kurz: Die haben sich mit Gewalt irgendwas genommen und sich dann als was Besseres gefühlt. Der Adel von heute, nun ja, sind die Nachkommen der Verbrecher von gestern.

Das Motto der Französischen Revolution und heutigen Republik, „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, bringt fast alles auf den Punkt. Adel steht nicht für Freiheit. Adel steht nicht für Gleichheit. Adel steht nicht für Brüderlichkeit. Er verstand und versteht sich als exklusiver Kreis. Igitt. Es soll laut dem römischen Geschichtsschreiber Tacitus übrigens eine Zeit gegeben haben, in der alle Leute gleich waren (verdamp lang her). Dass Herrschaft vererbt werden konnte, gab es ihm zufolge erst, als die Gleichheit verschütt gegangen war.

Wenn Alya, Bela und Caro jetzt da wären, wären sie absolut meiner Meinung. Wir streiten immer gern und viel. Ich weiß. Aber wenn es um die Bedrohung der Demokratie geht, um Würde und Gleichheit, stehen wir zusammen wie die Gleisketten ukrainischer Panzer. Also: The queen is dead. Long live the people. Sorry, Charles!

Schreiben Sie mir: mahlzeit@mamo.de 

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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