Brühl. Kennen Sie die alte Tradition des Stohhalmlegens? Es ist einer der vielen Bräuche, der mit dem Abzählen der Tage bis Weihnachten zu tun hat. Als es noch keine Adventskalender gab, hat man in den Familien in der aufkommenden Dunkelheit des Winters mit einfachen Mitteln das Warten auf Weihnachten, die Wiederkehr des Lichts, verkürzt.
Am ersten Adventssonntag wurde eine leere Krippe aufgestellt, in die jedes Familienmitglied Tag für Tag einen Strohhalm legen durfte. Je gefüllter die Krippe war, desto näher rückte das Weihnachtsfest. Aber nur ein Kind, das an diesem Tag eine gute Tat vollbracht hat, durfte einen Halm in das künftige Bettchen des Jesuskindes legen. Auf diese Weise wird das Neugeborene am Heiligen Abend auf eine möglichst weiche Unterlage an guten Taten gebettet, um die Härte des Holzes und die Hartherzigkeit der Menschen abzufedern.
Beim Strohhalmlegen geht es also um die Besinnung auf das Wesentliche des Miteinanders – auf die Liebe und ihre oftmals kleinen Zeichen. Es bringt nichts, immer nur über die Welt zu schimpfen. Wir müssen schon selbst aufstehen und im Kleinen anfangen die Welt zu verändern. Gute Taten können uns genauso bereichern wie die, denen wir etwas Gutes tust. Denn danach werden wir uns gut fühlen.
Viele hilfreiche Einrichtungen und Organisationen können nur existieren, weil es Menschen gibt, die von sich aus helfen wollen. Warum fangen nicht auch wir an, mit etwas Fantasie unsere ganz persönlichen Strohhalme in die Krippe zu legen, damit die Welt ein bisschen besser wird? Bescheren wir dem Christuskind also eine weiche und friedliche Weihnacht. Und hören wir nicht auf mit den guten Taten, selbst wenn die Krippe längst wieder im heimischen Keller steht. Damit wird der Halm zu so etwas wie die Erinnerung an die jüngsten Pfadfinder an ihre tägliche gute Tat – irgendwann wird alles zur alltäglichen Selbstverständlichkeit.
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