Schwetzingen. Die Diskrepanz zwischen Umgebung und Erzählung aus früherer Zeit war frappierend. Bei der Stadtführung mit Elke Noeske rund um das Thema kurfürstliche Weihnachtsbräuche in einer Stadt, die kaum feierlicher hätte geschmückt sein können, wurde sehr deutlich, dass das Weihnachtsfest bei Carl Theodor nicht so wirklich hoch im Kurs stand.
Noch zu Beginn seiner Amtszeit im Jahr 1742 gab es über zehn sogenannte Galatage. Dazu gehörten Ostern, Namenstage und Weihnachten. Wirklich wichtig schienen Letztere aber nie gewesen zu sein. Der weihnachtliche Galatag wurde dann auch wie noch weitere wieder abgeschafft, dass es schließlich nur noch drei dieser Galatage gab: einen an Ostern und die beiden Namenstage des Kurfürstenpaares Carl Theodor und Elisabeth Auguste. Wichtig war dem gläubigen Kurfürsten an Weihnachten, so Noeske zu ihren rund 30 Teilnehmern, lediglich das Hochamt.
Bräuche und Krippe zu Zeiten von Carl Theodor in Schwetzingen
Als Hochamt wird in der römisch-katholischen Kirche eine besonders feierliche Form der heiligen Messe bezeichnet. Diese begann immer um Mitternacht und der Höhepunkt war meist ein eigens komponiertes Musikstück. Auch der Weihnachtsbaum war im 18. Jahrhundert noch nicht allgegenwärtig. Es gebe zwar Berichte, dass ein geschmückter Baum erstmals im 16. Jahrhundert in Straßburg auftauchte, aber sich durchzusetzen begann die Tanne als Weihnachtssymbol erst im späten 18. und beginnenden 19. Jahrhundert. Und das zu Beginn übrigens vor allem in evangelisch geprägten Räumen.
Auf eine längere Tradition könne laut Noeske dagegen die Krippe zurückschauen. Der große Franz von Assisi soll in den 1220er Jahren eine erste Krippe aufgestellt haben. Dies sei früher übrigens ein eher katholisch geprägter Brauch gewesen. Das heute beides quer durch die beiden christlichen Konfessionen als liebevoll gepflegtes Brauchtum gelte, dürfe man da als gelungenen Ökumene betrachten.
Von der St.-Pankratius-Kirche führte die Strecke der weihnachtlichen Stadtführung über den Pigage-Platz, das Wasserwerk, gegenüber dem Finanzamt, und das Amtsgericht, früher das Prinzenpalais, bis zum Hofmusikweg und dem Glücksschwein mit Carl Theodor und Muse auf dem Schlossplatz. Dabei parlierte Noeske sehr griffig über die Zeit Carl Theodors. Ganz wichtig war ihr zu betonen, dass in Schwetzingen die Sommerresidenz war. Heißt, in Sachen Weihnachten habe hier also nichts stattgefunden. Das Hochamt wurde also in Mannheim gehalten. Überliefert sei, dass Carl Theodor gesagt haben soll, dass er lieber drei Finger seiner rechten Hand verlöre, als einmal das Hochamt zu verpassen.
Leben im Schwetzinger Schloss: Kurfürst Carl Theodor an Weihnachten
Aber auch über das Thema Weihnachtsbräuche hinaus gewährte Noeske Einblicke ins höfische Leben, die nicht wenige der Gruppe überraschte. Der Hofstaat bestand aus rund 500 Menschen, die stets um den Kurfürsten waren. Wenn es Feste zu feiern gab, konnten aus den 500 gerne auch 2000 Menschen werden. Und ein Menü bestand aus gut und gerne 27 Gängen. Darauf war zu hören: „Das hätte ich gerne mal erlebt.“ Auch wenn sich so viele Gänge in der figurbetonten Moderne durchaus furchterregend anhören. Schon die vielen Konzerte müssen doch ein Traum gewesen sein.
Carl Theodor betrieb hier einigen Aufwand. Zum Beispiel ein eigenes ständiges Orchester. Bei den Sitzbänken kann man Eindrücke von diesem Wirken bekommen und sich (über einen QR-Code) unter anderem die Pastorale des Komponisten Carl Stamitz anhören, die dieser 1777 für ein Hochamt komponierte.
Letzter Punkt war der Schlossplatz, auf dem seit 2016 das sogenannten Glückschwein des Künstlers Peter Lenk steht. Eine Reminiszenz an den Kurfürsten, der den Frieden mehr als den Krieg liebte und dafür in Kauf nahm, gerade von Friedrich II von Preußen verspottet zu werden. Dieser führte gerne Kriege und bekam in der Folge auch den Zusatz Friedrich der Große.
Für den Friedensfürsten Carl Theodor hatte er nur wenig Verständnis. Und da er viele Ländereien geerbt und nicht erobert habe, verspottete Friedrich II ihn verächtlich als Glücksschwein. Heute, genau 300 Jahre nach Carl Theodors Geburt, erscheint die eigentliche weihnachtliche Botschaft des Kurfürsten genau in dieser Überzeugung zu liegen, die der Kultur so viel mehr Raum einräumen will als dem Krieg. Und so habe eigentlich Carl Theodor den Zusatz „der Große“ verdient. Aus heutiger Sicht weit mehr als der Alte Fritz in Preußen.
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