Mannheim. Jeden zweiten Tag wird in Deutschland durchschnittlich eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Femizide werden aber nicht nur von Intimpartnern verübt, insgesamt sind im Jahr 2023 360 Frauen in Deutschland getötet worden, weil sie Frauen sind. Das geht aus den Zahlen des Bundeskriminalamtes hervor, das Ende 2024 erstmals ein Lagebild spezifisch für Straftaten gegen Frauen herausgegeben hat. Für 2024 liegen die Zahlen noch nicht vor, die Tendenz ist aber steigend. In Mannheim gab es 2023 564 Fälle von Partnerschaftsgewalt. Laut Polizeipräsidium Mannheim sind die Zahlen in der Quadratestadt entgegen dem Bundestrend rückläufig.
Doch die Herausforderungen sind – ob im Bund oder in Mannheim – enorm. Nicht nur, was Partnerschaftsgewalt angeht, auch digital werden Frauen und Mädchen immer mehr zur Zielscheibe. Sie sind an vielen Stellen unhaltbarem Hass ausgesetzt. Wir brauchen wirksame Konzepte zum Schutz von Mädchen und Frauen, wie es sie in Mannheim an vielen Stellen schon gibt. Sie zeigen, dass die Verwaltung ihre Aufgabe ernstnimmt. Sie vernetzt die wichtigen Akteurinnen und Akteure, setzt Rahmenbedingungen, koordiniert.
Sich jeden Tag mit dem Thema Gewalt gegen Frauen und seinen Folgen auseinanderzusetzen, ist keine leichte Aufgabe. Doch es muss Verwaltungsmitarbeiterinnen- und mitarbeiter geben, die das Thema vorantreiben. Ihnen gebührt Respekt. Gleichzeitig darf es nicht sein, dass sich einzig Fachleute um Verbesserungen bemühen und sich austauschen. Gesetze, Maßnahmenkonzepte und Vernetzung auf Fachebene reichen nicht aus. Gewalt gegen Frauen ist ein gesamtgesellschaftliches Problem – es muss gesamtgesellschaftlich gelöst werden.
Es braucht, wie Mannheims Gleichstellungsbeauftragte Zahra Deilami fordert, Empathie von uns allen. Daneben Wachsamkeit, Solidarität und den Willen, wirklich etwas zu verändern. Wir alle können dazu beitragen, dass Frauen und Mädchen ihr Recht auf ein gewaltfreies Leben bekommen. Indem wir klarmachen, dass es ein strukturelles Problem ist, das von Männern ausgeht. Indem wir hinschauen, wo männliche Privilegien unhinterfragt bleiben. Aber auch, indem wir hinschauen, wenn Frauen unsere Hilfe brauchen und handeln. Der viel gescholtene Feminismus ist für alle da. Wenn wir ihn ernstnehmen und die Probleme beim Namen benennen, wenn wir nicht einknicken vor Gegnern unserer Demokratie, die die Rechte von Frauen rückgängig machen möchten, dann ist ein echter Wandel möglich.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Echter Wandel ist möglich
Gewalt gegen Frauen und Mädchen nimmt zu. Gesetze, Maßnahmenkonzepte und Vernetzung auf Fachebene reichen nicht aus, um das Problem zu lösen. Was es braucht, ist der Einsatz der Gesamtgesellschaft, so Anna-Lena Stauder.