Mannheim. Pfauentauben als Hochzeitsboten: Das ist ein Bild wie aus einem Märchen. Sie stehen für Reinheit, Liebe und Treue. Doch hinter dieser romantischen Kulisse verbirgt sich eine bittere Realität. Viele dieser Tiere sterben nach ihrem Einsatz oder landen in den Straßen unserer Städte, wo sie mit ihren Artgenossen, den Stadttauben, ein elendes Dasein fristen. Ein Dasein, das wir Menschen ihnen aufgezwungen haben und für das wir endlich Verantwortung übernehmen müssen.
Stadttauben: Opfer menschlicher Verantwortungslosigkeit und Ignoranz
Denn Stadttauben sind keine Wildtiere. Sie sind Haustiere, vom Menschen gezüchtet, domestiziert, abhängig gemacht. Und dann vergessen. Es ist herzzerreißend, wenn man sie dabei beobachtet, wie sie in der Nähe von Menschen Schutz und Nahrung suchen, und stattdessen Abfall, Zigarettenstummel und Erbrochenes fressen müssen. Viele sind krank, unterernährt und verletzt. Wir beschimpfen sie als „Ratten der Lüfte“, als wären sie selbst schuld an ihrer Misere. Dabei ist es unsere Misere, unsere Verantwortung und unsere Fürsorgepflicht.
Das Fütterungsverbot in Städten wie Mannheim mag aus ordnungspolitischer Sicht nachvollziehbar sein – doch es ist keine Lösung. Es ist ein Wegsehen. Ein Verdrängen. Die Hoffnung, dass sich das Problem von selbst erledigt, wenn wir es nur lange genug ignorieren. Doch das tut es nicht. Im Gegenteil: Hunger und falsches Futter haben die Population nicht eingedämmt, sondern das Leid vergrößert.
Wir sollten Tauben nicht länger als Plage betrachten, sondern als das, was sie sind: unsere Mitgeschöpfe
Wer über ein Verbot von Pfauentauben bei Hochzeiten nachdenkt, muss auch über die Stadttauben sprechen. Denn beide sind Teil desselben Problems: der romantisierten, aber letztlich verantwortungslosen Haltung gegenüber Tieren, die wir für unsere Zwecke benutzen und danach entsorgen.
Es ist höchste Zeit, dass wir umdenken. Dass wir Tauben nicht länger als Plage betrachten, sondern als das, was sie sind: unsere Mitgeschöpfe. Haustiere, die unsere Hilfe brauchen. Es gibt Konzepte, beispielsweise betreute Taubenschläge, kontrollierte Fütterung und medizinische Versorgung. Was fehlt, ist der politische Wille und das gesellschaftliche Bewusstsein.
Die Stadttaube ist kein Symbol für Dreck und Krankheit. Sie ist ein Symbol für unser Versagen. Es liegt an uns, das zu ändern.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Pfauentauben und Stadttauben: Ein Appell für Mitgefühl
Pfauentauben für Hochzeiten sterben oft nach ihren Einsätzen, Stadttauben leben auch in Mannheim im Elend. Es ist Zeit, Verantwortung für die einstigen Hausztiere zu übernehmen, findet Valerie Gerards