Kommentar Wir gehen wählen. Aber vertrauen wir auch?

Endlich ist der Wahlkampf vorbei. Es hat vor allem gezeigt: Die Rituale in der Politik müssen sich ändern - und der Ton, findet Karsten Kammholz.

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Karsten Kammholz
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Ein kurzer, harter Winterwahlkampf geht zu Ende, geprägt von Unerbittlichkeit im Umgang, von Bürgerwut und grauenvollen Begleitumständen.

Hätte es die Attentate von Magdeburg, Aschaffenburg und München nicht gegeben, wäre das Migrationsthema nicht in dieser Form eskaliert. Aber der Umgang mit den Taten hat in der heißen Wahlkampfphase aufgezeigt, woran Politik in Deutschland scheitert - an ihren Ritualen.

Reaktion 1: Der Bundeskanzler macht den Bundesländern Vorwürfe und behauptet, alles getan zu haben, was in seiner Macht stehe. Reaktion 2: Der Oppositionsführer veranstaltet waghalsige Abstimmungen im Bundestag, steht politisch schlussendlich mit leeren Händen da und stärkt allein die AfD. Reaktion 3: Der bayerische Ministerpräsident verschärft den Ton und diktiert Berlin, wer jetzt was zu tun habe. Die Folge: Die wiederkehrenden Muster aus Schuldzuweisungen und Aktionismus münden in gesellschaftlicher Abwendung.

Wiederkehrende Muster münden in gesellschaftlicher Abwendung

Ohne die Migrationskrise kleinzureden: Andere Themen hätten mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt. Da wären Deutschlands marode Infrastruktur, die steigende Arbeitslosigkeit, die schleichende Deindustrialisierung, Bürokratiewildwuchs, Klimaschutz, Verteidigung, Europas Umgang mit Trump, um nur einige Sorgen eines tief verunsicherten Landes zu nennen.

Staat und Gesellschaft brauchen nicht nur eine politische Aufbruchstimmung, sondern ein gemeinsames Zielbild. Wenn man sich die jüngsten Bundestagsdebatten nochmals vor Augen führt, wird man allerdings pessimistisch. Wie wollen diese Akteure der demokratischen Mitte miteinander regierungsfähig sein? Wie kommen die Spitzenpolitiker und ihre Gefolgsleute darauf, dass etwa die ständige, gegenseitige Ausschließeritis das Vertrauen stärkt und die radikalen Kräfte schwächt? Wenn sich nach dieser Bundestagswahl etwas verändern muss, dann zuerst der Ton. Und dann die Haltung zueinander. Die Lage ist schlicht zu ernst.

Ehemalige Mitarbeit ehem. Chefredakteur

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