Gemeinderat

Altlußheim über Grundsteuer: „Schwarzer Peter für Kommunen“

Nach Ausführungen von Kämmerer Nico Franek werdenfür  die Grundsteuer A und B im Gremium die Hebesätze festgelegt und gleichzeitig machen die Fraktionen ihrem Unmut Luft.

Von 
Volker Widdrat
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Die Erhebung der Grundsteuer für bebaute Grundstücke wurde neu geregelt. Künftig kommt es nicht mehr auf deren Bebauung, sondern auf den ermittelten Bodenrichtwert und den vom Rat festgelegten Hebesatz an. © Dorothea Lenhardt

Altlußheim. In der jüngsten Gemeinderatssitzung erklärte Kämmerer Nico Franek vor der Neufassung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer die gesetzliche Neuregelung sowie die Bewertungsregeln aus dem Reformpaket. So präzise und verständlich für die Ratsmitglieder und die Sitzungsbesucher, wie man es von einem Rechnungsamtsleiter selten hört.

Sowohl im Bundesrecht als auch im Landesgrundsteuergesetz wird die Grundsteuer wie im bisherigen Recht in einem dreistufigen Verfahren ermittelt: Im ersten Schritt, dem Bewertungsverfahren, stellen die Finanzämter den Grundsteuerwert fest. Das Verfahren endet mit dem Erlass eines Grundsteuerwertbescheids. Im zweiten Schritt wird von den Finanzämtern auf der Grundlage des Grundsteuerwerts der Messbetrag berechnet. Das Verfahren endet mit dem Erlass eines Messbescheids. Im dritten und letzten Schritt errechnet die Gemeinde die Grundsteuer, in dem sie den Messbetrag mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Hebesatz multipliziert. Durch den Grundsteuerbescheid wird die Grundsteuer dann gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt.

Land wählt eigenen Weg

Für die Grundsteuer B hat der Gesetzgeber in Baden-Württemberg mit dem modifizierten Bodenwertmodell einen eigenen Weg gewählt. Bei diesem Modell wird die Grundstücksfläche mit dem vom örtlichen Gutachterausschuss festgestellten Bodenrichtwert multipliziert. Die Gebäudewerte auf den entsprechenden Grundstücken sind dagegen nicht relevant. Die Bebauung eines Grundstücks und damit ein etwaiger Gebäudewert auf der Ebene der Bewertung bleibt damit unberücksichtigt. Der sich ergebende Grundsteuerwert wird mit der sogenannten Steuermesszahl, für die insbesondere für bebaute Wohngrundstücke ein Abschlag von 30 Prozent vorgesehen ist, vervielfacht. Bei der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) hat das Land das Bundesmodell übernommen.

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Aufgrund der neuen Bemessungsgrundlagen sind auch die Hebesätze neu zu beschließen. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, dass es 2025 nicht zu einer Erhöhung des Grundsteueraufkommens gegenüber dem Jahr 2024 kommt. Der Hebesatz und das zu erwartende Grundsteueraufkommen seien so zu kalkulieren, dass die sogenannte „Aufkommensneutralität“ gegeben ist. Das Grundsteueraufkommen für dieses Jahr beträgt ohne Nachzahlungen für frühere Jahre aktuell 15 000 Euro bei der Grundsteuer A und 735 000 Euro bei der Grundsteuer B. Damit würde das Grundsteueraufkommen im Jahr 2025 erreicht werden mit einem Hebesatz von 505 vom Hundert bei der Grundsteuer A und 125 vom Hundert bei der Grundsteuer B.

Fraktionen machen ihren Unmut Luft

Vor der Beschlussfassung brachte Kämmerer Nico Franek verschiedene Berechnungsbeispiele anderer Gemeinden und informierte ausführlich unter anderem über die Auswirkungen bei Reihenhäusern, unbebauten Grundstücken, freistehenden Grundstücken und Industrie- und Verwaltungsgebäuden.

Für Friedbert Blaschke (Freie Wähler) war „noch nie so viel Unwissenheit im Umlauf“ wie beim Thema Grundsteuer. Es habe keine Informationen vom Land gegeben, jetzt werde man vor vollendete Tatsachen gestellt, meinte Blaschke, der selbst im Gutachterausschuss bei der Festlegung der Bodenrichtwerte beteiligt gewesen war.

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Kay Schweikert (CDU) fand die ganze Sache nicht verfassungsgemäß: „Aber das Thema ist durch, wir können nichts mehr machen.“ Klaus Oettinger (Freie Wähler) beantragte eine Reduzierung auf 120 vom Hundert bei der Grundsteuer B. Das wäre ein gutes Signal für die Bürger, auch wenn das rund 25 000 Euro weniger Einnahmen bedeutete.

Marco Veselka (CDU) fand das neue Modell „nicht gerecht“. Letztlich lege die Gemeinde nur den Hebesatz fest, das sollte man der Landespolitik auch protestierend zurückmelden. Die Gemeinde könne sich aber auch keine Defizite einräumen. „Sehr unpopulär und ungerecht“ sei die vom grünen Finanzminister ausgearbeitete Neubemessung, sagte Dr. Holger O. Porath (Grüne). Die Gemeinde habe „nur wenig Schrauben, an denen man drehen kann“.

Verantwortliche sitzen in Stuttgart

Für Richard Schmitt (SPD) hat die grün-schwarze Landesregierung „mit diesem Paket wie so oft einen bequemen Weg gewählt, der die Lasten in Zukunft ungerecht verteilen wird und dabei am Ende den schwarzen Peter noch den Kommunen zuschiebt“. Er befürchte, dass für viele dadurch die Grundsteuer auf das Doppelte oder Dreifache steigen wird. Den Kommunen werde schmackhaft gemacht, dass die Grundsteuer natürlich aufkommensneutral sein wird, sie müssten lediglich die Hebesätze entsprechend anpassen: „Dass mit diesem Trick die Ungerechtigkeiten für die Bürger nicht ausgeglichen werden können, versteht sich von selbst und wird am Ende der Kommune angelastet werden, denn sie ist der ausschließliche Empfänger dieser Steuer.“

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Die berechtigte Empörung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger richte sich gegen die Gemeinde, „wo doch die wirklich Verantwortlichen in Stuttgart sitzen“. Er hoffe, „dass die obersten Richter dieses Grundsteuermodell, das dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspricht, als verfassungswidrig und damit nichtig erklären“.

Der Antrag der FWV für einen geringeren Hebesatz wurde mehrheitlich abgelehnt. Der Vorschlag der Verwaltung erhielt 13 Ja- bei zwei Neinstimmen und einer Enthaltung.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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