Gemeinderat

Altlußheimer Kindergarten mit angespannter Personallage

Bei der Gemeinderatssitzung in Altlußheim setzen die Eltern des Kindergartens Regenbogen einen Hilfeschrei ab: Die Einrichtung ist zu oft geschlossen und die Verlässlichkeit der Betreuung schwindet.

Von 
Andreas Wühler
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Die Krippenkinder der Kita Regenbogen sind schon in den ehemaligen katholischen Kindergarten umgezogen. Hier wäre Platz für die anderen Gruppen der Kita. © Norbert Lenhardt

Altlußheim. Die Tagesordnung der Ratssitzung am letzten Tag im Februar war übersichtlich und versprach einen kurzen Abend, doch schon beim Gang in den Bürgersaal im Altlußheimer Bürgerhaus wurde klar, dass dies ein Irrtum war: Dicht an dicht saßen Eltern im Bereich der Besucher, weitere Stühle mussten herangeschafft werden, bis alle Platz hatten und die Sitzung beginnen konnte. Und gleich zu Beginn, bei den Anfragen der Sitzungsbesucher, wurde ein zweiter Irrtum berichtigt: Die Altlußheimer Eltern hatten keine Frage, sie trugen einen Hilfeschrei vor. Adressat des Aufschreis war die evangelische Kirchengemeinde als Trägerin des Kindergartens Regenbogen und die Botschaft war klar und einfach formuliert: Ein „Weiter so“ darf es bei der Einrichtung nicht geben, es stehen Existenzen auf dem Spiel.

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Francesca Stummeyer, die Vorsitzende des Elternbeirates der Kindertagesstätte Regenbogen und ihre Stellvertreterin Dr. Angela Breuer-Kawaletz trugen das Anliegen der Eltern vor, dass sich auf einen Punkt komprimieren lässt – zu viele Tage, an denen die Einrichtung geschlossen hat und damit für die Eltern keine Verlässlichkeit der Betreuung mehr. Grund der Misere, so Stummeyer – seit zwei Jahren werden in dem Kindergarten ein massiver Rückgang des Personals beobachtet, mit der Folge, dass die Betreuungszeiten nicht mehr eingehalten werden könnten. Allein im vergangenen Jahr hätten die Kinder an 20 Tagen früher abgeholt, an 19 Tagen zu Hause betreut werden müssen und es sei an vier Tagen zu Gruppenschließungen gekommen.

53 statt 30 Schließtage

In der Summe, so Breuer-Kawaletz, statt der normalen 30 Schließtage im Jahr waren es am Ende 53 – zulasten der Eltern und, noch gravierender, auf Kosten von Alleinerziehenden. In diesem Jahr noch schlimmer, so das Duo des Elternbeirats, es würden da Ende April und Ende Juni weitere Kündigungen von Erzieherinnen zu verkraften seien. Mit der Konsequenz, dass bis Juni 3,5 Vollzeitstellen fehlen.

Schon jetzt würden sich die Beschwerden wegen der Verletzung der Aufsichtspflicht häufen, stellte Breuer-Kawaletz fest. Dies auch deshalb, weil zwischen den verbliebenen, überlasteten Erzieherinnen die Kommunikation zwischen Früh- und Spätdienst nicht klappen würde, Ganztagskinder nicht gewickelt würden und die Einrichtung insgesamt einen desolaten Zustand vermittle.

Angesichts des starken Zuzugs in die Gemeinde in den vergangenen Jahren seien viele, die in der Gemeinde am Rheinbogen ein Haus gekauft oder gebaut hätten auf eine verlässliche Betreuung angewiesen. Ständige Ausfallzeiten gingen zulasten der Arbeitszeit und würden im schlimmsten Fall in vielen Familien die Immobilienfinanzierung und damit die Existenz gefährden.

Und, führte Breuer-Kawaletz aus, es entstehe ein Teufelskreis. Die Erzieherinnen hätten nicht mehr die Kraft und Ressourcen, sich um die Betreuungseinrichtung umfassend zu kümmern, Neueinstellungen seien Fehlanzeige, zumal Erzieherinnen unter deutlich besseren Angeboten wählen könnten, die Belastung der Verbliebenen nehme zu, die Stressresistenz sinke – eine Abwärtsspirale ohne Ende.

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Die personelle Situation habe auch rechtliche Konsequenzen, wurde dem Rat vorgerechnet. Bei einer maximalen Kapazität von 86 Kindern, zwölf davon in der Ganztagsbetreuung, dürften ab Juni nur noch 49 Kinder in der Einrichtung betreut werden. Mit anderen Worten – 25 Kinder stehen dann buchstäblich auf der Straße.

Guten Ruf verspielt

Die evangelische Kirche habe ihren guten Ruf verspielt, schloss das Duo, seit Herbst 2021 habe sich das Problem sukzessive verschärft, nun sei die Situation bei nur noch zwei Erzieherinnen prekär geworden, gehe es nicht mehr weiter. Zumal die Eltern vonseiten des Trägers nur vertröstet würden, eine Hilfe nicht in Sicht sei.

Für Bürgermeister Uwe Grempels war das Gehörte nicht neu, er befindet sich schon im Gespräch mit den Eltern und zeigte sich sehr besorgt über die Situation. Seit einem Jahr werde er über die Lage informiert, habe er stets auf eine Kehrtwende gehofft, ohne Erfolg. Nun sah er die Gemeinsamkeit von Beruf und Familie nicht mehr gewährleistet und schlug gleichfalls Alarm.

Man habe in der Vergangenheit Kindergärten gebaut, um den Platzbedarf zu befriedigen, die personelle Ausstattung sei Sache des Trägers. Trotzdem will sich Grempels nicht aus der Verantwortung stehlen, gemeinsam mit allen Beteiligten Lösungen suchen.

Die Nachfrage aus den Reihen der Eltern, warum der Vertrag mit der Kirche nicht längst gekündigt sei, wollte Grempels so nicht gelten lassen, ein Stück weit müsse man sich auf den Träger verlassen und erst ab dem Herbst vergangenen Jahres hätte sich die Situation dramatisch verschlechtert. Zusicherungen, es komme neues Personal, hätten sich nicht erfüllt. Der Verwaltung seien ein Stück weit die Hände gebunden, so der Bürgermeister, sie können die Leistungen nur einfordern. Gleichzeitig sei klar – „so ist es nicht mehr tragbar“.

Was auch die Aussage einer Mutter unterstrich, die ihr Kind aus der Betreuung genommen hat, da die Verlässlichkeit fehlt. Aktuell zahle sie Monat für Monat 750 Euro für eine Tagesmutter, doch die Belastung sein nicht mehr lange zu stemmen. „Ich habe ein Haus in Altlußheim gekauft, wo soll ich denn hin“, wollte die Mutter wissen und fügte hinzu, dass ihr die Zeit davonrenne.

Die Kommunikation zwischen Betreuern und Kirche funktioniert nicht, stellte Breuer-Kawaletz zusammenfassend fest und sah in einem Trägerwechsel die einzige Lösung, den einzigen gangbaren Weg.

Thema ist angekommen

Schweigend hörten sich die Gemeinderäte den Dialog zwischen Bürgermeister und Eltern an – die Gemeindeordnung verbietet ihnen an dieser Stelle die Mitsprache. Doch Grempels versicherte, dass das Thema im nicht öffentlichen Teil der Sitzung zur Sprache komme – „sie haben uns deutlich gemacht, wie dringlich ihr Anliegen ist“.

Zum Ende der Sitzung, bei den Anfragen der Gemeinderäte, kam das Thema nochmals hoch, äußerten sich die Kommunalpolitiker unzufrieden mit ihrer Rolle als Zuhörer. Doch das Thema ist bei ihnen angekommen und wird in naher Zukunft zu weiteren Gesprächen führen. Weshalb Bürgermeister Uwe Grempels den von den Eltern gewählten Weg der Wortmeldung im Rat als notwendig erachtete. Weitere Schritte müssten folgen.

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