Exkursion mit Experten

Kriegbach in Altlußheim: Wasser muss in der Landschaft bleiben

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Andre Baumann erkundigt sich bei einer Radtour mit Interessierten nach dem Zustand des Kriegbachs.

Von 
Andreas Wühler
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Durch die eingebrachten Barrieren sind im Wasserlauf Zonen unterschiedlicher Ge-schwindigkeit entstanden, neue Lebensräume geschaffen worden. Und die Durchläs-sigkeit für kleine Lebewesen den Bach hinauf wurde verbessert. © Wühler

Altlußheim. Am gleichen Tag, als sich der Landtagsabgeordnete Dr. Andre Baumann von den Grünen mit Interessierten aus dem Wahlkreis, darunter Gemeinderat Jochen Rotter aus Reilingen, traf, um gemeinsam den Kriegbach unter die Lupe zu nehmen – vor zwei Jahren ist das Gewässer trocken gefallen – trat der BUND Landesverband Baden-Württemberg mit der Meldung an die Öffentlichkeit, dass trotz der Schauer und Gewitter in den vergangenen Tagen die Grundwasserspiegel im Land rückläufig seien. Will man weiterhin im Land gute Ernten haben, müsse die Landwirtschaft klima- und wasserschonender werden, stellt der BUND fest.

Was Baumann, der sich freute, mit seinem Termin für die Radwanderung zum Kriegbach eine Regenpause erwischt zu haben, unterstreichen konnte. Insgesamt, stellte er fest, habe die Niederschlagsmenge in den vergangenen Jahren kaum abgenommen, doch habe sich die Verteilung verändert – im Sommer regnet es weniger, im Winter mehr. Mit gravierenden Folgen. Beispielsweise würden Moore vertrocknen, drohten Gewässer trockenzufallen.

Norbert Korn (v. l.) aus Altlußheim, der Landtagsabgeordnete der Grünen Dr. Andre Baumann und Thomas Kuppinger vom BUND-Ortsverband sind sich einig: Das Wasser muss in der Landschaft gehalten werden, vor Ort versickern. © Wühler

Und, betonte der Landtagsabgeordnete, die Wasserwirtschaftsverwaltung habe sich in der Vergangenheit gegen Hochwasserzeiten gewappnet, für Niedrigwasser müssten neue Antworten gefunden werden. Weshalb es im Land jetzt ein Kompetenzzentrum Niedrigwasser gebe, um die Wasserämter entsprechend vorzubereiten.

Kompetenzzentrum eingerichtet

Wie wichtig Strategien in diesem Bereich seien, machte Baumann mit einem Blick auf die Energiekrise des vergangenen Jahres im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg deutlich. Die Kraftwerke an den Flussläufen hätten laufen müssen, der Kohletransport nicht stoppen dürfen. Wenn die Fahrrinne des Rheins wieder zum Rinnsal geworden wäre – die Folgen wären immens gewesen.

Zurück zum Kriegbach, der im vergangenen Jahr nicht trockenfiel, da die Wasserverteilung zwischen ihm und dem Kraichbach am Schneimühlwehr geändert wurde, wie Baumann erinnerte, der zu dem Gespräch Thomas Kuppinger vom Vorstand der BUND-Ortsgruppe sowie Norbert Korn aus Altlußheim begrüßte. Der BUND und die beteiligten Angelsportverein aus Reilingen und Altlußheim hätten sich damals mit dem Regierungspräsidium in Verbindung gesetzt und der Landesbetrieb habe prompt reagiert. „Unbürokratisch und schnell“ sei die Änderung des Wasserzuschlags erfolgt, freute sich der Abgeordnete, der auf den Probebetrieb der jetzigen Regelung verwies. Denn fortlaufend müsse geprüft werden, dass dem Kraichbach nicht zu viel Wasser entnommen werde.

Für den Politiker der Grünen ein gutes Beispiel, wie die Verwaltung mit Bürgern zusammenarbeiten kann. „Sie hat erkannt, dass es auch vor Ort Sachverstand gibt“, stimmte ihm Thomas Kuppinger zu. Zumal die Behörden froh seien, wenn sie diesen nutzen könnten, betonte der Diplom-Geograf, der selbst in der Verwaltung tätig ist und beide Seiten kennt.

Gute Zusammenarbeit gelobt

Einig waren sich Baumann und Kuppinger, dass die Zusammenarbeit zwischen Regierungspräsidium und Bürgern gut funktioniert habe, was für die Zukunft hoffen lasse. Momentan seien die Pegelstände in beiden Gewässern ok, der Abschlag vom Kraich- in den Kriegbach zu verkraften. Klar sei aber auch – es bedarf für die Zukunft einer wasserrechtlichen Entscheidung.

Die Gründe hierfür liegen in der Historie, führte Baumann beim nächsten Halt am Kriegbach aus. Ursprünglich sei der Kriegbach ein künstliches Gewässer gewesen, geschaffen um dem Kraichbach Entlastung zu verschaffen. Denn, merkte Korn an, am Kraichbach standen einige Mühlen, die man vor Hochwasser schützen wollte. Was letztlich mit dazu führte, dass der Kraichbach ein höheres Wasserrecht genießt als sein alter Ableiter.

Doch dies ist Geschichte, so Baumann, mittlerweile hat sich der Kriegbach zu einem Gewässer mit vielen FFH-Arten entwickelt, sprich mit Pflanzen und Tieren, die streng geschützt sind, beispielsweise Libellen. Diese Tiere würden auch durch das „Verschlechterungsverbot“ geschützt – ihr Lebensraum muss erhalten bleiben. Weshalb auch Überlegungen, den Kriegbach aufzugeben, nicht realistisch seien.

Vor einigen Jahren wurde an dem Bachlauf obendrein eine EU-Richtlinie umgesetzt, die die Durchlässigkeit für kleinere Lebewesen verbessert – auch sie sollen flussaufwärts gelangen können. In den Wasserlauf wurden Schlingen eingebaut, wurde Struktur eingebracht. Die Vermutung, dass dabei die Deckschicht angekratzt wurde, Wasser versickern konnte, lehnte das Trio jedoch ab, wie man auch allgemein der Meinung war, dass die Entnahme von Oberflächenwasser nicht für das Trockenfallen verantwortlich war.

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Kuppinger erinnerte an die Zeit vor fast hundert Jahren, als der Kriegbach begradigt wurde. Mit der Folge, dass die Fließgeschwindigkeit zu-, der Grundwasserspiegel abnahm, der Wald Not litt. Weshalb in den Kriegbach Wehre eingebaut wurden, die das Wasser aufstauten. Mit der nun erreichten Modellierung im Zuge der EU-Richtlinie habe man den alten Status wiederhergestellt, die Wehre sind weg, natürliche Hindernisse stauen auf und sind durchlässiger als früher.

Womit sich die Diskussion, mittlerweile war die Gruppe an der Steinernen Brücke angelangt, um die Frage dreht, wo in Zeiten von Niedrigwasser das Wasser herkommen solle. Die Antwort war, analog zur Schwammstadt die Schwammlandschaft. „Wir müssen uns von dem Gedanken, das Niederschlagswasser möglichst schnell in die Nordsee zu lenken, verabschieden“, stelle Bauman fest. Vielmehr müsse es vor Ort gehalten werden. Versickerungsflächen müssten geschaffen, Regenrückhaltebecken ertüchtigt werden.

Korn möchte die alten Auen wiederhergestellt sehen und auch Baumann kann sich vorstellen, mehr Wasser in die Landschaft zu lassen. Beispielsweise im Hardtwald, der von einigen Bäche und Kanälen durchzogen ist. Hier könne man die Dämme öffnen, Wasser im Wald aufstauen.

Allerdings – bis es so weit ist, muss noch kräftig investiert werden, stellte Korn mit Blick auf den Duttlacher Graben fest. Dieser mündet unterhalb der Steinernen Brücke in den Kriegbach und ist, grob gesagt, der Überlauf des Bruchsaler Klärwerks. „Ab da führte der Kriegbach immer Wasser“, scherzte Kuppinger, was man bei Trockenheit auch riechen könne.

Kläranlagen ertüchtigen

Da der Graben auch der Entsorgung von Oberflächenwasser dient, zum Beispiel aus Kirrlach, bedeutet dies, dass bei Regen ein Vielfaches der Niederschlagsmenge durch den Graben schieße, angereichert mit Faulschlamm und Schwermetallen. Und wenn wenig Wasser im Bach ist, bedeute der Zulauf aus dem Graben eine Belastung für die Tiere, weiß Baumann.

Mit anderen Worten – die Kläranlagen und Regenrückhaltebecken müssten so weit ertüchtigt werden, dass ihr Zulauf die Fließgewässer nicht mehr belastet. Und noch besser wäre es, ihn gänzlich fernzuhalten, vor Ort versickern zu lassen. Was eine Herausforderung für die nächste Generation sei, nicht von heute auf morgen gehe, so Baumann. Zugleich steht für den Landtagsabgeordneten fest – „am Geld soll es nicht scheitern“, im Haushalt seien für solche Maßnahmen jährlich 50 Millionen Euro eingestellt.

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