Gemeinderat - Lärmaktionsplan einstimmig verabschiedet / Maßnahmen für Hauptverkehrsachsen

Tempo 30 in Altlußheim greifbar nah

Von 
Andreas Wühler
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Bis zum Ortsausgang soll die Rheinhäuser Straße Tempo 30 erhalten. Diese Maßnahme ist verbunden mit der Hoffnung, dass dann das Beschleunigen aus der Friedensstraße, die schon 30er-Zone ist, der Vergangenheit angehört. © Lenhardt

Altlußheim. Die dritte Runde der Lärmaktionsplanung, die in der Ratssitzung am Dienstag mit einem Beschluss beendet wurde, hatte für die Gemeinde eine gute und eine schlechte Nachricht. Negativ stieß bei den Gemeinderäten der Umstand auf, dass die dem Beschluss zugrunde liegende EU-Umgebungsrichtlinie zwar die Bekämpfung des Lärms zum Ziel hat, diesen jedoch als erdgebunden behandelt. Mit anderen Worten – der Verkehrslärm soll eingedämmt werden, wobei jener aus den Lüften außen vor bleibt, denn der Fluglärm des benachbarten Regionalflughafens in der Domstadt wird nicht behandelt. Die gute Nachricht verbirgt sich hinter dem Begriff des „Kooperationserlasses“.

Dipl.-Ing. Martin Reichert von der Firma Modus Consult, die den Plan im Auftrag der Gemeinde erstellt hat, erläuterte den Gemeinderäten die seit Februar 2019, als der Lärmaktionsplan gestartet wurde, bis heute vollzogenen Schritte. Zwei Jahre, räumte er ein, sind ein lange Zeitspanne für ein solches Verfahren, doch wie in vielen anderen Bereichen auch – das Coronavirus ist ein trefflicher Hemmschuh.

Vorschriften verschärft

Denn als im März 2020 der Plan so weit war, die Offenlage beschlossen wurde, schlug das Virus zu – alle Räder standen still und erst im Sommer konnte das Verfahren fortgeführt werden. Die Verzögerung war für den Prozess nicht schädlich, im Gegenteil, zwischenzeitlich trat in Baden-Württemberg der Kooperationserlass in Kraft.

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Die entsprechenden Anforderungen der EU-Richtlinie werden durch verschiedene Gesetze in nationales Recht umgemünzt, eines davon ist das Bundesimmissionsschutzgesetz, das durch die aktuelle Rechtssprechung in Baden-Württemberg mittels des Kooperationserlasses weiter verschärft wurde.

Mit weitreichenden Auswirkungen. War zuvor für das Einleiten von lärmmindernden Maßnahmen der Schwellenwert der gesundheitlichen Gefährdung ausschlaggebend, so gilt nun schon ein gesundheitskritischer Wert. Macht unterm Strich, so Reichert, eine Verschärfung des Werts, ab dem gehandelt werden muss, um fünf Dezibel. Nun dürfen Werte von 65 Dezibel am Tag und 55 in der Nacht nicht mehr überschritten werden.

Konkret heißt dies für die Gemeinde, dass beispielsweise die Hauptstraße, in der manche Bereiche bisher von verkehrlärmmindernden Maßnahmen ausgeschlossen waren, nunmehr solche erfahren müssen. Womit die Gemeinde, ihrem Ziel, flächendeckend Tempo 30 im Ort und durchgehend auf den Hauptverkehrsachsen zu erreichen, ein großes Stück nähergekommen ist.

Maßnahmen nannte Reichert dabei in erste Linie zwei: die Einführung von Tempo 30 und Fahrbahnsanierungen. Gerade neuer, glatter Asphalt, der die Abrollgeräusche der Fahrzeuge minimiert, sei ein sehr guter Ansatz, logischerweise auch in den Zonen, in denen schon Tempo 30 herrscht. Die Reduktion der Geschwindigkeit von 50 auf 30 Stundenkilometer kann bis zu 2,5 Dezibel Lärmminderung bringen, neuer Asphalt wird mit zwei Dezibel weniger Lärm veranschlagt.

Ganz wichtig war Reichert bei seinen Anmerkungen zu Tempo 30, dass dieses zum einen zu einem flüssigeren Verkehr führt, zum anderen bei modernen Motoren keineswegs zu einem hochtourigen Fahren. Womit das leidige Argument der steigenden Schadstoffbelastung vom Tisch sei.

Mit diesen Vorschlägen – Tempo 30 für die gesamte Rheinhäuser Straße, bis hinein in die Friedensstraße, und für die gesamte Hauptstraße, von der Kirschenstraße bis zum Automuseum, ging das Verfahren in die Öffentlichkeitsbeteiligung. Mit einer relativ dürftigen Teilnahme, lediglich fünf Träger öffentlicher Belange äußerten sich zu dem Verfahren. Wobei, merkte Reichert an, Regierungspräsidium und Landratsamt in erster Linie darauf hinwiesen, nicht zuständig zu sein, das Staffelholz an die Verkehrsbehörde in Hockenheim weiterreichten.

Keine Einwände vom ÖPNV

Besonders aufschlussreich für Reichert: Von den Vertretern des ÖPNV kam keine Stellungnahme. Bisher hätten diese sich vehement gegen Tempo 30 in Hauptverkehrsstraßen gewehrt. Stets mit der Begründung längerer Fahrzeiten und damit nicht mehr passender Taktzeiten. Zwar rechnet Reichert damit, dass bei Tempo 30 ein Bus 20 Sekunden mehr länger braucht, die Hauptstraße zu durchfahren, sieben Sekunden mehr für die Rheinhäuser Straße, doch blieb dieses Moment außen vor.

Als Fazit aus der Offenlage nimmt Reichert einen Satz mit in die nächste Phase: „Es gibt keinen Gründe, die gegen Tempo 30 sprechen.“ Bürgermeister Uwe Grempels sieht dies ebenso und schlug dem Rat vor, den Lärmaktionsplan in der vorliegenden Form zu beschließen und die Einführung von Tempo 30 auf den Durchgangsstraßen zu beantragen. Diese kurzfristige Maßnahme ist mit Kosten in Höhe von rund 8000 Euro verbunden. Mittelfristig soll sich die Sanierung der Fahrbahndecken anschließen.

„Was ist mit dem Fluglärm“, wollte Kay Schweikert (CDU) wissen. Als Antwort konnte ihm Reichert nur empfehlen, auf die Bundesregierung einzuwirken, hier müsse eine politische Entscheidung gefällt werden. Auf die man seit nunmehr drei Jahren warte, sah Bürgermeister Grempels den Bundesverkehrsminister in der Kritik.

Die Frage von Axel Müller (Grüne), warum die Kirschenstraße außen vor sei, immerhin entstünden in ihr momentan zahlreiche neue Wohneinheiten, beantwortet Reichert mit dem zu geringen Verkehrsaufkommen. Erst in der nächsten Runde, der vierten, würden die Zuwächse berücksichtigt.

Kirschenstraße in nächster Runde

Zwar könne man darauf drängen, die vierte Runde vorzuziehen, antwortete Reichert auf eine Frage von Dr. Holger O. Porath, doch riet er davon ab. Denn Voraussetzung für eine neue Runde sei eine Verkehrszählung, die momentan nicht ratsam sei. Viel Verkehr falle durch die gesperrte Salierbrücke weg und auch das Corona-bedingte Homeoffice wirke sich aus. Da müssten die Zahlen zwangsläufig zu nieder ausfallen.

Letztlich, so Grempels, habe die Gemeinde nun ein Instrument in der Hand, mit dem sie sich auf den Weg hin zu 30er-Zonen im Ort machen könne.

Porath (Grüne) sah dies ebenso, bezeichnete den Umgebungslärm als größtes Problem in der Europäischen Union und begrüßte die vorgeschlagene Vorgehensweise. Klaus Oettinger (FWV) stimmte zu: „Lärm macht krank“, er wünschte sich, die Rennstrecken im Ort in den Griff zu bekommen. „Es dient der Gesundheit“, bestätigte Schweikert (CDU) und Richard Schmitt (SPD) sprach von „endlich einer „spürbaren Entlastung“ für die Anwohner. Gleichzeitig setzte er sich dafür ein, Fahrbahnbelag und Kanaldeckel ständig von einer Fachfirma kontrollieren zu lassen, um so weiteren Lärm zu vermeiden.

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