Freie Wähler

30 Jahre Freie Wähler in Brühl: Lokale Politik und Sachorientierung im Fokus

Die Freien Wähler Brühl feiern ihr 30-jähriges Bestehen und setzen auf politische Neutralität, Sachorientierung und Kommunalpolitik im Dienste der Gemeinde. Die FWV sind die zweitstärkste Fraktion im Brühler Rathaus.

Von 
Stefan Kern
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Die Freien Wähler Brühl/Rohrhof feiern das 30-Jahre-Jubiläum ihrer Neugründung vor Ort in angemessenem Rahmen in der Villa Meixner in Brühl. © Dorothea Lenhardt

Brühl. Es war das Jahr 1993 und es herrschte Aufbruchsstimmung. Die USA und Russland unterschrieben den Start-Vertrag, mit dem alle landgestützten Interkontinentalraketen mit Mehrfachsprengköpfen deaktiviert wurden, in Washington setzten sich der PLO-Führer Jassir Arafat und der israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin an einen Tisch und lancierten gemeinsam einen ersten Friedensprozess zwischen Palästinensern und Israelis, Bill Clinton wurde US-Präsident, in Russland fanden die ersten freien Wahlen statt und in Brühl gründeten ein paar Streiter um Oskar Dietz und Herbert Semsch die Freien Wähler.

Für die Hufeisengemeinde, so die heutige Vorsitzende Eva Wilhelmi-Stauffer während einer kleinen Jubiläumsfeier zum 30. Geburtstag, eine wegweisende Entscheidung. In Sachen Verortung der Kommunalpolitik bei den Menschen seien die Freien Wähler unverzichtbar.

Die Anfänge der Freien Wähler in Brühl

Ziel sei es gewesen, dem politisch ungebundenen Bürger ein Forum zur Meinungsäußerung zu bieten. Und in dieser Hinsicht konnte die Vereinsvorsitzende hier in der Villa Meixner doch auf einige Erfolge verweisen.

Ehrenbürger Gerd Stauffer gratuliert der Vereinsvorsitzenden Eva Wilhelmi-Staufer zum Jubiläum. © Lenhardt

Es müsse einen Grund dafür geben, dass die Fraktion der FWV im Gemeinderat von anfänglich zwei auf nun sechs Ratsmitglieder anwuchs. Immerhin seien die Freien Wähler damit die zweitstärkste Fraktion im Brühler Rathaus.

Erster Anlauf scheitert

Genau betrachtet würde die Geschichte der Freien Wähler noch länger zurückreichen, denn schon im Oktober 1973 gründeten ein paar Brühler und Rohrhofer Bürger die Freien Wähler. Letzten Endes scheiterte die Truppe jedoch. Es kam jedenfalls zu keiner Beteiligung an den Gemeinderatswahlen im Jahr 1975. 20 Jahre später allerdings schon.

Wolfram Gothe, Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Vereine Brühl/Rohrhof, spricht Grußworte. © Dorothea Lenhardt

Seitdem gelte der Spruch „Sie kamen, um zu bleiben.“ Und das mit einem einfachen, aber erfolgversprechenden Rezept: Die Freien Wähler, so Wilhelmi-Stauffer, zeichneten sich durch politische Neutralität und strikte Sachorientierung aus. Und mit am wichtigsten sei die Ausrichtung auf die Kommunalpolitik. „Unser Thema ist nicht die große Politik in der Republik oder gar Europa.“ Der Fokus läge klar bei den Gemeinden und ihren Menschen.

Lokale Politik und Sachorientierung als Leitprinzip bei den Freien Wählern in Brühl

Zum Ausdruck käme diese Ausrichtung auch in ihrer rechtlichen Form. Die Freien Wähler sind keine Partei, sondern ein Verein. Damit verknüpfe sich eine Art Beinfreiheit, die andere politische Akteure so nicht hätten. Auf übergeordnete politische Gegebenheiten müssten Freie Wähler keine Rücksicht nehmen. Die einzige Richtschnur seien die Belange vor Ort.

Beim Empfang entwickeln sich für die Freien Wähler und ihre Gäste zahlreiche Gelegenheiten, um miteinander ins Gespräch zu kommen. © Dorothea Lenhardt

Wilhelmi-Stauffer bringt es auf die Formel, an der Sache orientiert den besten Weg für die Menschen hier finden. Und an dieser Stelle konstatierte sie der Kommune eine insgesamt gute Position. Zwar habe die neue „Grüne Mitte“, Sportpark Süd und Neubaugebiet Schrankenbuckel, der Gemeinde in finanzieller Hinsicht doch ziemlich zugesetzt, aber unterm Strich sei doch vieles hier auf den richtigen Bahnen.

Wachsender Einfluss und Bedeutung in der Gemeindepolitik bei den Freien Wählern in Brühl

Eine Einschätzung, die der erste Grußredner, Bürgermeister Dr. Ralf Göck, gerne hörte. In Richtung der Freien Wähler erklärte der Verwaltungschef, dass sie zu einem stetig wachsenden Bestandteil der Gemeinde geworden seien und dies bedeutete für Brühl einen Unterschied. Sie sähen dabei keine schwarzen, roten oder grünen Kanaldeckel, sondern nur welche, die in Ordnung oder eben kaputt seien. Letztere müssten dann repariert werden.

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Es sei wohl das Kernanliegen der Freien Wähler, nicht die politische Richtung, sondern die Sache vor Ort. Und in Brühl ist das in den Augen des Bürgermeisters allgemein gelebte Praxis. Was nicht heiße, dass es nicht hin und wieder zu Spannungen käme. Den Widerspruch zwischen den Menschen, die dringend eine Wohnung suchten, und denen, die in ihrer Nachbarschaft möglichst wenig Bebauung wünschten, sei auch für die Freien Wähler nicht wirklich aufzulösen. Aber unter dem Strich gelte, die Freien Wähler seien für die Gemeinde und ihre Menschen eine Bereicherung.

Freie Wähler Brühl wünschen sich frischen Wind

Musikalisch umrahmt wird die Festveranstaltung von Sängerin Magdalena Lammes. © Dorothea Lenhardt

Bevor Monika Springer, Mitglied im Vorstand des Landesverbandes Baden-Württemberg der Freien Wähler, Jürgen Schmitt, Vorsitzender der Freien Wähler Rhein-Neckar-Kreis, und der Vorsitzende der Interessensgemeinschaft der Vereine, Wolfram Gothe, zu Wort kamen, übernahm die Sängerin Magdalena Lammes die Regie auf der kleinen Bühne in der Villa Meixner. Mit Liedern wie „The Power of Love“, „Creep“ und „Golden“ begeisterte sie ihr Publikum und erfüllte nebenbei auch noch den FW-Anspruch vom frischen, jugendlichen Wind, der in die Rathäuser einziehen sollte. Ein Anspruch, dem die Freien Wähler, so Springer und Schmitt, gerecht würden.

Die Möglichkeit der Willensbildung jenseits parteipolitischer Zwänge sei unverzichtbar. Eine Sicht, die Gothe teilte. „Sie sind ein ganz wichtiger Teil unserer Vereinsfamilie.“ Und Schmitt ergänzte, dass die Freien Wähler mit dazu beitrügen, dass die Kommunalpolitik, die Keimzelle der Demokratie, funktioniere und Anschluss schaffe. Letzteres ist der Fraktionsvorsitzenden Heidi Sennwitz besonders wichtig. Gerade für die im Jahr 2024 kommende Gemeinderatswahl sei es wichtig, möglichst viele Menschen mit an Bord zu nehmen. „Je mehr Menschen mitmachen, desto besser die Entscheidungen, die am Ende ja wiederum alle betreffen.“

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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