Heimatverein

Ausstellungsräume in Brühl stoßen an ihre Grenzen

Beide Museen und die Archive zur Ortsgeschichte werden in wenigen Monaten wohl aus den Nähten platzen, prophezeit Dr. Volker Kronemayer.

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Ralf Strauch
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Brühl. „Wir haben die Pandemie zwar auf verschiedenen Wege einigermaßen gemeistert, aber es läuft vor Ort in den Brühler Museen noch nicht so wie vor Corona“, sagt Dr. Volker Kronemayer, Vorsitzender des Brühler Vereins für Heimat- und Brauchtumspflege, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Vorgesehene Veranstaltungen sowie die Öffnungszeiten des Heimatmuseums hätten auch im ausklingenden Jahr wegen des Auf und Abs bei Covid immer wieder entfallen oder hätten vom Heimatverein verlegt werden müssen. „Gleichwohl konnte Klaus Triebskorn im Görler-Museum in der Neugasse verschiedene Führungstermine anbieten, die von der Bevölkerung auch gerne angenommen wurden“, freut sich Kronemayer.

Zu Beginn des Jahres war das Heimatmuseum in der Kirchenstraße zunächst noch geschlossen, aber das digitale Archiv zog so die Aufmerksamkeit von vielen Heimatkundlern auf sich. „Um allen die Mitarbeit von möglichst vielen Interessierten zu ermöglichen, richteten wir deshalb einen Datenserver mit jeder Menge Dokumenten ein“, stellt Kronemayer fest.

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Doch nach einer Pause von über zwei Jahren konnte das Heimatmuseum im April wieder für die Öffentlichkeit öffnen. Unter anderem für diese Besucher wurden die Infomappen fertiggestellt, die interessante Hintergründe zu den einzelnen Exponaten geben. So können sich die Besucher jetzt selbstständig über die Dauerausstellung in den Räumen informieren und die sie interessierenden Themen nochmals in vertiefenden Ausführungen nachlesen, lobt Kronemayer die Arbeit der Vereinsmitglieder.

Erfassung der Bodendenkmäler

Die Erfassung der Bodendenkmäler ging im Projekt des Kreisarchivs Ladenburg auf. Eine Gruppe von Interessierten erfasse nun nach den Vorgaben des Landesdenkmalamtes in den kommenden zwei Jahren die Kleindenkmäler auf der Gemarkung – vom Grenzstein bis zur Kriegerkapelle sind derzeit 55 Objekte im Verzeichnis aufgelistet.

Ein Kartenschrank aus den ausgemusterten Beständen der Gemeindeverwaltung ergänzte die Einrichtung des Archivs im Büro, um großformatige Darstellungen der Gemarkung aus den verschiedenen Jahrhunderten entsprechend zu sichern. „Im Zusammenhang damit sind weitere Ortspläne in den Bestand des Heimatvereins gelangt, die digitalisiert und erfasst wurden“, betont der Vorsitzende.

Weitere Neuzugänge im Archiv seien Unterlagen zu Elis Walter, der ersten Frau in Baden mit Lastwagenführerschein aus Brühl, sowie bislang unbekannte Fotos der Schütte-Lanz-Luftschiffhalle aus dem Jahr 1922 und eine Sammlung von Postkarten mit Luftschiffmotiven.

Mit erheblichem Aufwand wurden die Drückbank des Aluminiumherstellers Anton Frey in der Kirchenstraße sowie die dazugehörigen Werkzeuge geborgen und gesichert. Das Heimatmuseum erhielt zudem von Erika Seibert bronzezeitliche Fundstücke als Dauerleihgabe und von Rosi Gredel zahlreiche Fotos und Videos.

Und so wuchsen die historischen Bestände, damit unterstützte der Verein unter anderem eine Magisterarbeit über die Industrialisierung Brühls im 20. Jahrhundert.

Außerdem besuchten Gruppen das Heimatmuseum – etwa der Verein für Heimatgeschichte Hockenheim oder der Brühler Jahrgang 1947/48, dessen Besuch Kuno Diez organisiert hatte. „Da ja alle Besucher Brühler waren, riefen die Ausstellungsstücke vom Friseurhandwerk bis zum Kinosessel viele Erinnerungen wach“, erinnert sich Kronemayer.

Görler bietet viele Erlebnisse

Auf viel Interesse stieß das Görler-Museum als Außenstelle in der Neugasse, bei dem es auch über den Wissensstand zur Unternehmerfamilie und zu ehemaligen Mitarbeitern einen regen Austausch gab.

Eine besondere Freude konnte der Verein dem evangelischen Männerkreis aus Plankstadt bereiten, der sich zur Führung im Juli für das Görler-Museum angemeldet hatte. Es wurde daraus ein reger Austausch über mehrere Stunden, bereichernd für alle Teilnehmer.

Und natürlich überraschte der jährliche Zuwachs an neuen Ausstellungsstücken. Da konnte etwa im Frühjahr das seltene übergroße Autoradio der Firma Becker vom Typ „Nürburg“ erworben werde – eine Kooperation von Görler mit dem Autoradiohersteller. Dieses Gerät war eine gemeinsame Entwicklung und beinhalt den berühmten „Görler-Spulenrevolver“ und die kompletten Filterstufen von Görler.

Das Radio wurde speziell für den Mercedes 300, den sogenannten Adenauer, gebaut. Die Kooperation Görler/Becker führte Anfang der 1950er Jahre zur Ansiedlung des Unternehmens in Mannheim und ab 1962 in Brühl. Ohne diese Zusammenarbeit hätte sich Görler auf die Standorte Berlin und Meuselwitz beschränkt. Das Brühler Werk hätte es sonst nicht gegeben.

Neben weiteren neuen Artikeln für die damaligen Radiobastler kam im Herbst ein Görler-Vorsatzgerät für den „Volksempfänger“ aus dem Jahr 1933 hinzu, das im nächsten Jahr als komplettes Ensemble zu sehen sein wird.

„Und damit folgt der Hinweis, dass die Räumlichkeiten und Ausstellungskapazitäten im Görler Museum an ihre Grenzen kommen, ein Hilferuf ist unüberhörbar“, so der zweite Vorsitzende des Heimatmuseums, Klaus Triebskorn, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Info: Weitere Bilder gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de

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