Erdwärme - Vorstandsmitglieder wollen nicht im Fachbeirat die Tiefengeothermieprojekte der Region begleiten / Trio zählt potenzielle Gefahren dieser Energieform auf

Brühler BI erteilt „GeoHardt“ eine klare Absage

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Ralf Strauch
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Die Bürgerinitiative spricht sich gegen Bohrungen aus, mit denen das Tiefenwasser – wie hier in Landau – zur Ressourcengewinnung gefördert werden soll. © venus

Brühl. „GeoHardt“, die Kooperation von EnBW und MVV, die alle Erkundungs- und Abbaurechte für Erdwärme in der Region Schwetzingen/Hockenheim innehat, hatte die Bürgerinitiative (BI) Tiefe Geothermie zur Teilnahme an einem entsprechenden Fachbeirat eingeladen. Ziel des Fachbeirats soll laut Einladungsschreiben sein, öffentlich engagierte Personen, Unternehmen und Verbände frühzeitig in den Dialog einzubinden, damit sie „GeoHardt“ bei ihrem Tiefengeothermieprojekt begleiten. Nun kam die Absage der BI: „Wir werden Sie nicht bei Ihrer Öffentlichkeitsarbeit unterstützen, für eine Sache, die man mit gesundem Menschenverstand nur ablehnen kann.“

Die drei Vorstandsmitglieder der Bürgerinitiave, Uwe Rötgens, Rainer Hüngerle und Thomas Gaisbauer betonen in ihrer Antwort an „GeoHardt“, sie hätten in der vergangenen Dekade an etlichen Veranstaltungen zu diesem Thema teilgenommen, regelmäßig Gespräche geführt mit Betreibern, Experten, Politikern und natürlich auch mit Betroffenen sowie Geschädigten von anderen Standorten.

„Wir mussten erkennen, dass diese Energieform politisch hochstilisiert wird und gleichzeitig sämtliche Risiken, Gefahren und Vorkommnisse bagatellisiert werden“, lautet ihre Bilanz. Zudem sei die Tiefengeothermie die teuerste und unwirtschaftlichste alternative Energieform, die gerade für den tektonisch aktiven Oberrheingraben aufgrund seiner Störungen und Verwerfungen im Untergrund ein nicht kalkulierbares Risiko darstelle und somit völlig unakzeptabel sei.

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„Wir hatten eigentlich gehofft, dass Sie ebenfalls zu dieser Erkenntnis gelangen und sich frühzeitig um andere regenerative Energieformen bemühen, die für die hier lebenden Menschen ungefährlich und somit akzeptabel sind“, heißt es in dem Antwortschreiben an „GeoHardt“.

Die Bürgerinitiative unterstütze erneuerbare Energieformen – auch direkt vor der eigenen Haustür – sei aber nicht bereit, „unser Eigentum, unsere Gesundheit, unsere Lebensgrundlage aufs Spiel zu setzen, für eine Sache, die früher oder später zum Scheitern verurteilt ist“. Bis dahin müsse nicht noch „mehr Erde verbrannt werden, denn die Tiefengeothermie befindet sich nach wie vor im Experimentierstadium“.

Lithium bereits angeboten

Erschwerend sei nun noch der „künstlich getriggerte Lithium-Hype“ hinzugekommen, bei man sich noch nicht einmal in der Experimentierphase befinde, denn es gebe in der Praxis noch keine einzige entsprechende Anlage zur Gewinnung dieses Metalls aus dem Tiefenwasser, auch wenn Bruchsal bereits dazu auserkoren worden sei. „Während Erkenntnisse derzeit also ausschließlich am Schreibtisch oder im Labor gewonnen werden, hat Vulcan Energy bereits Lieferverträge mit Südkorea und mit Renault für Lithium aus Tiefenwasser im Oberrheingraben geschlossen“, kritisiert die BI. Und im Quartalsbericht Juni 2021 gebe Vulcan Energy auch Projektlizenzen für ein 14 427 Hektar umfassendes Gebiet um Mannheim an. „Wann wollten Sie diese überaus wichtige Tatsache eigentlich offiziell bekannt geben – Sie haben doch die Aufsuchungserlaubnis für Mannheim“, fragt das BI-Trio die Vertreter von „GeoHardt“.

Die Vertreter der Bürgerinitiative seien auch nicht bereit, das Unternehmen auf die Gefahren hinzuweisen. Dieses Risiko trage das Unternehmer, denn die Projektbeteiligten könnten sich später nicht mehr darauf berufen, von Vorkommnissen überrascht worden zu sein, „nach allem, was bisher bekannt ist“. Wenn man sich als Unternehmen auf die Einschätzung von Experten verlasse, deren Steckenpferd es sei, Erdbeben zu erkunden, sei das allein schon ein nicht kalkulierbares Risiko.

„GeoHardt“ betont in seiner Einladung zum Fachbeirat, dass großer Wert auf eine breite kontinuierliche Information gelegt werde. „Das ist lobenswert, denn wir kennen kein anderes Projekt, bei dem so viel verschwiegen und mit Transparenz gegeizt wird wie bei Tiefengeothermie. Daher empfehlen wir ihnen, die Bürger darüber zu informieren, dass Schäden hinzunehmen sind. Dies basiert auf einem völlig überalterten Bergrecht, das ganz bewusst von der Politik nicht zugunsten der Betroffenen angepasst wird. Dennoch gibt es Politiker, die kurz vor den Wahlen behaupten, dass Erdbebenschäden ausgeschlossen werden müssen.“

Probleme bei Schadensbehebung

Außerdem stellt die BI fest, dass Geothermieschäden von den Betreibern stets geleugnet worden seien. Schadensgutachten schlössen im Ergebnis häufig einen Zusammenhang zwischen Seismizität und Schaden aus. Stattdessen würden von den Verantwortlichen Baumängel an geschädigten Häusern unterstellt. Die Schadenswirkung sei aber neben der Magnitude im Wesentlichen von lokalen Untergrundverhältnissen abhängig und nicht von der Bauweise des Gebäudes. Sollten Gebäudeschäden doch finanziell ausgeglichen werden, würde in aller Regel nur der Zeitwert erstattet, „sofern die Kausalität zur Seismizität überhaupt bestätigt wurde“. Die Beweislastumkehr sei auch nicht hilfreich, denn die Magnitudenwerte, ab denen Schäden zu erwarten wären, „werden von den ,Experten’ viel höher angegeben, als in der Praxis bereits aufgetreten. „Im Schadensfall ist jeder Einzelne auf sich allein gestellt und muss sich persönlich um eine vollständige Schadensregulierung kümmern“, fassen die BI-Sprecher die Erfahrung an anderen Standorten zusammen.

„Wenn Sie Ihren Anlegern etwas Gutes tun möchten, weisen Sie darauf hin, dass Seismizität sowie häufige technische Ausfälle dazu führen, dass die Anlagen teilweise über Monate hinweg stillstehen“, rät die BI dem Energieunternehmen noch. In dieser Zeit könne weder Erdwärme noch Lithium gewonnen werden, was sich ganz gravierend auf den Umsatz und somit auf den Aktienkurs auswirke.

„Wir sind aber gerne bereit, uns mit Ihnen zu einem persönlichen Gespräch, selbstverständlich unter Einhaltung der Corona-Regeln, zu treffen, um unter anderem zu erörtern, wie Sie im Schadensfall finanziell in Vorleistung treten, denn es ist überhaupt nicht einzusehen, dass sich Geschädigte einen jahrelangen Kampf mit Versicherern liefern müssen, den sie niemals gewinnen können – wir sprechen hier schließlich nicht von der Kostenübernahme für eine Vase, die bei Seismizität aus dem Schrank fällt“, betonen Uwe Rötgens, Rainer Hüngerle und Thomas Gaisbauer und laden ihrerseits dazu ein, sich dabei auch „über die Kostenübernahme durch MVV/EnBW für die Erstellung von Baugutachten für alle Immobilieneigentümer des Aufsuchungsgebiets Hardt im Vorfeld zu unterhalten“.

Redaktion

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