Brühl. 20 Jahre im Gemeinde-, zehn im Kreisrat, feste Größe im Pfarrgemeinderat, Autor mehrerer heimatgeschichtlicher Bücher, Gründer der Aktion 60plus, Engagement in den Partnergemeinden Dourtenga und Ormesson. Es gibt kaum eine ehrenamtliche Aufgabe, die Helmut Mehrer in seiner Heimatgemeinde Brühl nicht übernommen hat. Wobei: Die Bezeichnung „ehrenamtlich“ mag der 81-Jährige nicht, er bevorzugt den Begriff „wohlwollend“. Denn es sei eine Form des Wohls, die er an seine Mitmenschen weitergeben wolle. Allerdings nur noch bis Mitte des Monats, dann verlassen Helmut Mehrer und seine Frau Mechthild die Hufeisengemeinde. Die 300-jährige Geschichte, auf die seine Familie in Brühl zurückblickt und die Helmut Mehrer gerne stolz betont, findet damit ein Ende.
Verfolgt man die rote Linie, die sich durch Helmut Mehrers Engagement zieht, landet man immer wieder bei seiner beruflichen Laufbahn: Gemeinschaftskunde, Geschichte und Französisch hat der Brühler einst am Mannheimer Lessing-Gymnasium gelehrt. Es sind die Themen, die ihn sein ganzes Leben begleiten; Wissen und Erfahrungen, die er weitergibt. „Es ist nicht nur Buchwissen“, sagt Mehrer im Gespräch mit dieser Zeitung und bezieht seine Frau mit ein: „Es repräsentiert unser Leben.“
Mehrer trug als Gemeinderat mit einem Gedenkstein zur Vergangenheitsbewältigung bei
Aus seiner Zeit als CDU-Gemeinderat blickt Helmut Mehrer besonders stolz auf den Gedenkstein für Frieda, Lena und Martha Rhein zurück. Die drei Jüdinnen waren 1938 aus Brühl nach Mannheim geflüchtet, später fanden sie in einem Konzentrationslager den Tod. Zum 60. Jahrestag ihrer Flucht aus der Hufeisengemeinde initiierte Mehrer 1998 gemeinsam mit der damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Irene Dewitz (Mehrer: „Ohne sie hätte es nicht geklappt.“) die Installation einen Gedenksteins beim Parkplatz gegenüber des Brühler Rathauses, wo früher das Haus der drei Frauen gestanden hatte. Für Mehrer ist es ein Stück Vergangenheitsbewältigung.
Mit der Vergangenheit seiner Heimat – Stichwort Geschichtslehrer – beschäftigte der 81-Jährige sich mehrfach in Buchform. 1982 veröffentlichte er gemeinsam mit Peter Dewitz den Bildband „Liebes altes Brühl“, in dem historische Aufnahmen aktuellen gegenübergestellt werden. Immer, wenn es etwas zu Schreiben gegeben habe, seien die Leute auf ihn zugekommen, berichtet Mehrer, und zeigt sich dankbar über das Vertrauen: „Es war ein großes Geschenk, dass ich das machen durfte.“ 1996 arbeitete Mehrer gemeinsam mit dem heutigen Bürgermeister Dr. Ralf Göck an der Dokumentation zu 100 Jahren Schutzengelkirche.
Doch es sind nicht die Straßen, Orte und Gebäude Brühls, die die Mehrers vermissen werden. „Ich gehe fort und merke, dass ich nicht ein Dorf verlasse, sondern die Menschen“, sagt Mechthild Mehrer sichtlich bewegt. Es sind die Menschen der Gemeinde, für die sich ihr Mann Helmut eingesetzt hat. Sein Credo beim Renteneintritt im Jahr 2007 sei gewesen: „Du willst so weiterleben, dass du nicht merkst, dass du Ruheständler bist.“ Mit der Gründung der Schach-AG an der Jahnschule, deren Sprecher er bis zuletzt war (wir berichteten), und der Initiative 60plus ließ er schnell Taten folgen.
In Hochzeiten bis zu 35 Senioren halfen Kindern unentgeltlich mit persönlichen und schulischen Defiziten in verschiedenen Fächern im Einzelunterricht. An den drei Schulen der Gemeinde hätten sie ihnen zusätzlich regelmäßig vorgelesen, erzählt Mehrer. „Wir geben Zeit und Herzlichkeit und bekommen das auch zurück.“
Das Brühler Ehepaar war schon in den Partnergemeinden in Frankreich und Burkina Faso
Zusätzlich setzte der ehemalige Lehrer auch seine Französischkenntnisse für den guten Zweck ein: In der französischen Partnergemeinde Ormesson waren die Mehrers mehrfach zu Gast, stets beim selben Ehepaar. „Wir haben dort viele Leute, die uns als ihre Freunde betrachten“, sagen die beiden. Auch im afrikanischen Dourtenga in Burkina Faso waren Helmut und Mechthild Mehrer im Brühler Auftrag.
Bande zwischen verschiedenen Nationen, Senioren und Schülern, Vergangenheit und Gegenwart: Die Breite der Partnerschaften, die Helmut Mehrer begründet hat, macht ihn rückblickend stolz. Und bleibt auch anderen nicht verborgen: Für sein vielfältiges Engagement wurde er beim Brühler Neujahrsempfang vor etwas mehr als einem Jahr mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. „Wenn die Bundesrepublik Deutschland findet, dass ich etwas Beispielhaftes geleistet habe, ehrt mich das“, meint Helmut Mehrer zurückhaltend. „Ein bisschen eitel ist er schon“, sagt seine Frau verschmitzt.
Schließlich präsentiert der 81-Jährige seine Bücher und Auszeichnungen gerne. Alle kann er im Haus der Mehrers aber gar nicht mehr finden. Umzugskartons stapeln sich in Flur und Wohnzimmer, Bücherregale sind bereits leer geräumt. Er und seine Frau brauchen Unterstützung. Dafür ziehen sie in die unmittelbare Nachbarschaft ihrer Tochter nach Mössingen, gelegen im Umland Tübingens. Zumindest eine Säule seines Engagements möchte Helmut Mehrer dort fortsetzen: Die katholische Kirche soll weiter ein „zentraler Pfeiler“ seines Lebens bleiben. Seine Hilfe in der Kirchengemeinde möchte er auch auf der schwäbischen Alb anbieten.
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