Brühl. Der eine ist bereits seit 27 Jahren in dem Jagdbezirk, der andere steigt neu ein. Ab April übernehmen Dr. Frank Eitner und Kai Rill als Jagdpächter für die nächsten sechs Jahre die Hege und Pflege des gemeinschaftlichen Bezirks Brühl. Im Rathaus unterzeichnete die neue Pachtgemeinschaft den Vertrag mit dem Gemeinderat als Verwalter der Jagdgenossenschaft.
Das Gremium hatte im Herbst den Auftrag erteilt, die Jagdpacht neu auszuschreiben. Über fast drei Jahrzehnte waren die Jagdflächen von Frank Eitner und Walter Schleich betreut worden. Schleich war nun altersbedingt aus der Pachtgemeinschaft ausgeschieden. Eitner wollte mit einem neuen Mitpächter weitermachen. Deshalb rückte der 42-jährige Kai Rill nach.
Organisation durch Gemeinde
Der neue Vertrag läuft dieses Mal nur sechs Jahre, weil eine Verlängerung um weitere neun Jahre mit den gesetzlichen Regelungen nicht mehr konform gehe, erläuterte der stellvertretende Kämmerer Andreas Willemsen, der das formelle Verfahren organisiert hatte. Beim Beschluss für die Neuverpachtung sei einiges zu beachten gewesen, sagte Bürgermeister Dr. Ralf Göck. Die Verpachtung des gemeinschaftlichen Jagdbezirks musste öffentlich ausgeschrieben werden. Darüber hinaus musste die Satzung der Jagdgenossenschaft neu gefasst und eine Versammlung aller Eigentümer von Grundstücken im Außenbereich durchgeführt werden. Das ist durch das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz vorgeschrieben, welches 2014 die früheren Regelungen aus dem Landesjagdgesetz ersetzt hat.
Die baden-württembergische Jagdverpachtung sieht eine Pachtdauer von mindestens sechs Jahren vor. Vor der Verpachtung des Jagdrechts an einen Neupächter muss die Jagdgenossenschaft einberufen werden. Sobald die Jagdgenossenschaft eine Satzung beschlossen hat, wird diese dem Gemeinderat vorgelegt. Das Gremium hat dann darüber zu entscheiden, ob es die Verwaltung der Jagdgenossenschaft Brühl übernimmt. Wenn der Gemeinderat zustimmt, wird die Satzung der Jagdgenossenschaft Brühl dem Kreisjagdamt zur Genehmigung vorgelegt.
Einspruch eines Mitbewerbers
Sieben Personen und Pachtgemeinschaften hatten sich für die Jagd beworben. Die Interessenten mussten mindestens seit drei Jahren einen Jagdschein haben. Kai Rill hat die Jägerprüfung 2012 abgelegt. „Walter Schleich war mein Mentor“, sagte der 42-Jährige. Gegen die Vergabe der Jagdpacht war aus juristischen Gründen Einspruch von einem Mitbewerber erhoben worden, bestätigte Göck. Ob über diesen Einspruch nun eventuell gerichtlich entschieden werden muss, sei noch unklar. „Verfahrenstechnisch ist alles in Ordnung, wir bleiben dabei. Die Jagdversammlung hat sich die aufgestellten Kriterien zu eigen gemacht“, versicherte Göck.
Am 1. April 1993 war die Jagd erstmals an Schleich und Eitner verpachtet worden. Die Gesamtfläche der Gemarkung Brühl beträgt 1000 Hektar. Davon nimmt die Kollerinsel als Eigenjagdbezirk 396 Hektar ein. Zum Jagdbezirk kommt die Fläche „Unteres Edinger Ried“ mit knapp acht Hektar hinzu. Von den insgesamt 630 Hektar sind 5,8 Hektar Waldgebiet, 164 Hektar landwirtschaftliche Fläche, 50 Hektar Wasser und 411 Hektar sonstige Flächen.
Die bejagbaren Gebiete des gemeinschaftlichen Jagdbezirks Brühl, ohne die Flächen im Eigentum des Landes und die Kollerinsel, ergeben insgesamt 140,5 Hektar, erläuterte Willemsen. Der Jagdbezirk ist sehr stark gegliedert, der Lebensraum des einheimischen Wildes durch die Rad- und Wanderwege erheblich eingeschränkt, bestätigten die Pächter.
Kritik an einigen Hundehaltern
„Wir haben einen relativ hohen Besucherdruck“, meinte Eitner. Der Jagdbezirk habe sich mit den Jahren stark verändert. Spaziergänger, Jogger, Mountainbiker und Hundehalter sind in dem Gebiet unterwegs: „Es hat sich einiges getan. Viele Tierarten gibt es leider nicht mehr. Anfangs haben wir noch Kiebitze gesehen.“
Neupächter Kai Rill, der mit seinen Deutsch Kurzhaar-Jagdhunden „Chef“ und „Boss“ in dem Gebiet unterwegs sein wird, versprach einen gesunden und nachhaltigen Wildbestand. Die Rheinauen sind von einer großen Artenvielfalt geprägt. Es gibt Wildschweine und Rehe, Füchse, Dachse, Marder, Feldhasen, Fasane und Störche, auch Neozoen – also Tiere, die ursprünglich nicht in diesen Breiten zuhause waren – wie Waschbären und Nilgänse. Rebhühner und Feldlerchen haben dagegen dramatisch abgenommen.
Die Seuchenprävention ist den beiden Jägern ebenfalls wichtig. „Die Afrikanische Schweinepest hängt wie ein Damoklesschwert über uns“, meinte Eitner. Die schwere Virusinfektion, an der ausschließlich die Wild- und Hausschweine erkranken, war erstmals im September vergangenen Jahres an der deutsch-polnischen Grenze in Brandenburg aufgetaucht: „Ich gehe davon aus, dass die Schweinepest irgendwann auch zu uns kommt.“
Die beiden Jagdpächter kritisierten noch mal das Verhalten einiger Hundebesitzer beim vergangenen Hochwasser. Erneut habe man öfters Hunde auf den Dämmen laufen gesehen, die Rehe ins Wasser gehetzt hätten. Das sei für die Wildtiere dann das Todesurteil gewesen.
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