Carsharing

E-Carsharing in Brühl: Nachfrage mit angezogener Bremse

Die Gemeinde Brühl fördert E-Carsharing mit kostenlosem Anmelden. Trotz geringer Nutzung von Bürgern sieht der Bürgermeister dienstliche Vorteile und Beitrag zum Klimaschutz.

Von 
Nicolai Lehnort
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Mit großem Aufgebot geht es im Juni auf dem Weg zur Klimaneutralität in Brühl weiter. Da wurde dank der Mitwirkung von Birgit Sehls (v. l.), Bürgermeister Dr. Ralf Göck, Vinzent Grimmel, Gabriele Teltz, Gabriele Rösch, Florian Deutsch, Jochen Ungerer, Bern-hard Schumacher, Reiner Haas und Julian Held das Carsharing-Angebot installiert. © Lenhardt

Brühl. Es war eine E-Mail mit einer ellenlangen Liste an Empfängern, die dieser Tage in die digitalen Brühler Posteingänge flatterte. Mit dem Betreff „E-Carsharing in Brühl: Jetzt kostenlos anmelden“ will die Gemeinde die Brühler Vereine als Multiplikatoren nutzen, um den Bekanntheitsgrad des Carsharing-Angebots in der Hufeisengemeinde zu steigern. Denn seit Juli steht den Bürgern zu bestimmten Zeiten ein elektrischer Renault Zoe an der Ladestation beim Rathaus zur Verfügung. In Anspruch genommen wurde das Angebot bisher allerdings kaum. Lediglich fünf Personen haben sich in den fünf Monaten registriert. „Die Nutzung durch die Bürger fällt noch etwas dürftig aus“, meint Bürgermeister Dr. Ralf Göck.

Eine Ursache dafür vermutet der Rathauschef in der geringen Bekanntheit. „Vielleicht wissen sie noch gar nichts von dem Angebot“, mutmaßt Göck im Gespräch mit dieser Zeitung. Beim Sommerfest in Rohrhof im Juli sowie auf der Brühler Kerwe im Oktober hatte der Betreiber Franklin Mobil, eine Tochterfirma des Mannheimer Energieunternehmens MVV, kräftig die Werbetrommel für den roten Kleinwagen gerührt. Die einmalige Registrierungsgebühr von 25 Euro konnten Privatpersonen bei den Werbeaktionen eingespart werden – mit überschaubarem Erfolg. „Die Resonanz war verhalten“, umschreibt Göck schmeichelhaft.

E-Carsharing in Brühl: Wenig Grund zur Nutzung

Eine Schraube, an der sich schwerer drehen lässt als an jener der Bekanntheit, ist der Besitz eigener Fahrzeuge. „Es gibt sehr viele Autos in Brühl“, stellt Göck fest und verweist auf die Parksituation in Brühl, die sich in den vergangenen Jahren immer weiter zuspitzte. Kaum jemand würde freiwillig auf seinen eigenen Wagen verzichten. Entsprechend existiere kein Grund zur gemeinschaftlichen Nutzung.

Im Gegensatz zum roten Renault lässt das eigene Vehikel sich meist auch vor der eigenen Haustür abstellen. Das Elektroauto hingegen befindet sich dauerhaft auf dem Parkplatz am Rathaus: Dort muss es abgeholt und nach der Nutzung wieder abgestellt werden. „Das ist nicht wie bei einem E-Scooter“, vergleicht der Bürgermeister.

Schritte zur Anmeldung

  • Der elektrische Renault Zoe von Franklin Mobil steht als Car-Sharing-Auto auf dem Rathausparkplatz in Brühl in der Hauptstraße montags bis freitags von 16 bis 8 Uhr sowie an den Wochenenden zur Verfügung.
  • Weitere Informationen zu entsprechenden Registrierung sind unter www.franklin-mobil.de/bruehl möglich.
  • Beim Einwohnermeldeamt muss dann zur Validierung der jeweilige Führerschein vorgelegt werden.
  • Dann erfolgt die Übergabe der Kundenkarte.
  • Über die Freischaltung werden Antragsteller ein bis zwei Werktage danach per E-Mail informiert. Dann sie können losfahren.

Hand in Hand mit der Ortsgebundenheit geht auch das Tarifkonstrukt, denn derjenige, der den Leihwagen in Anspruch nimmt, muss für die gesamte Nutzungsdauer zahlen – auch wenn das Auto den Großteil der Zeit nur auf einem Parkplatz an einem anderen Ort steht. „Womöglich gibt es da andere Modelle, die das besser regeln“, ortet Göck noch Verbesserungspotenzial.

Den Preis sehe er persönlich aber nicht als Hindernis. Tatsächlich liegen die Kosten bei Frank Mobil mit einem Stundentarif von 2,75 Euro und einer Kilometerpauschale von 35 Cent in etwa im Durchschnitt, denn nach Berechnungen des Bundesverbands Carsharing belaufen die sich bei einem Kleinwagen mit festem Standort in Summe auf vier bis acht Euro pro Stunde.

E-Carsharing in Brühl: Als Dienstwagen etabliert

Aus dienstlicher Sicht hat sich das Projekt aber bewährt. Rund 30 Mal pro Monat werde das Auto laut dem Bürgermeister von den Mitarbeitern des Rathauses genutzt. Zum Vergleich: Privat wird es maximal drei Mal pro Monat bewegt. Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr steht es exklusiv den Bediensteten zur Verfügung, die damit innerorts, aber auch außerhalb etwa zu Dienstbesprechungen fahren würden. „Damit kann man wirklich zufrieden sein“, bilanziert das Gemeindeoberhaupt.

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Zwar zahlt die Gemeinde „einen kleinen Obolus“, wie Göck es nennt, an Franklin Mobil – mit dieser Lösung könne sie allerdings auf die Anschaffung eines eigenen Dienstwagens verzichten und leiste zusätzlich einen Beitrag zum Klimaschutz, „weil die meisten Mitarbeiter privat einen Benziner fahren“, führt er aus und zieht nach fünf Monaten ein Fazit: „Das zeigt, dass die Idee von mir richtig war, das Auto nicht einfach irgendwo hinzustellen, sondern an die Gemeinde anzudocken.“

Die geringe private Resonanz steht für den Bürgermeister jedoch sinnbildlich dafür, „dass die grünen Träume, in denen jeder beim Klimaschutz mitmacht, Utopien sind“. Hierfür brauche es noch viel Arbeit und die richtigen Voraussetzungen. Mit dem roten Renault Zoe vor dem Rathaus wurde in Brühl eine Möglichkeit geschaffen, die auch zukünftig erhalten bleiben wird. Denn die fünf Nutzer in fünf Monaten bedeuten nicht, „dass wir das Auto deshalb wieder abschaffen“

Volontariat Nicolai Lehnort ist seit Juli 2023 Volontär.

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