Villa Meixner

Entdeckungen in den „Waben der Worte“ in Brühl

Barbara Hennl-Goll und Dagmar Krebaum präsentieren Bücher aus Slowenien, dem diesjährigen Gastland bei der Frankfurter Buchmesse.

Von 
Maria Herlo
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Stellen in der Villla Meixner frisch von der Frankfurter Buchmesse Bücher vor: Maria Herlo (v. l.), Barbara Hennl-Goll und Dagmar Kniebaum. © Lenhardt

Brühl. „Wir sind gespannt auf die neuesten Informationen von der Frankfurter Buchmesse mit den beiden beliebten Damen, die wir immer gerne in der Villa Meixner begrüßen“, sagte Kulturamtsleiter Jochen Ungerer am Dienstagabend gleich zu Beginn der Veranstaltung, die in Zusammenarbeit mit der Bücherinsel und der Gemeinde Brühl stattfand.

Und tatsächlich, wer es nicht schaffte, zur Frankfurter Buchmesse zu gehen, wurde von der Präsentation der Literaturexpertinnen Barbara Hennl-Goll und Dagmar Krebaum voll und ganz entschädigt. Sie gaben einen ebenso fundierten wie kurzweiligen Einblick in Land und Leute des diesjährigen Gastlands Slowenien. Und es war ein Genuss, mit welcher Eloquenz sie den Zuhörern die Lust am Lesen weckten mit Büchern, die sie selbst als außergewöhnlich und lesenswert erachten.

„Waben der Worte“ hieß das Motto, unter dem sich Slowenien zum 75-jährigen Jubiläum der Frankfurter Buchmesse präsentierte. „Wie Bienen, die weit hinaus in die Welt fliegen, um den Nektar für ihren Honig zu sammeln, so haben auch verschiedene Einflüsse die slowenische Sprache und Kultur geprägt“, erklärte Dagmar Krebaum und ging anschließend auf die wechselvolle Geschichte des Landes ein, die in der Literatur bis heute ihren Widerhall findet.

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Nach jahrhundertelanger Fremdherrschaft erklärte Slowenien 1990 seine Unabhängigkeit, 2004 trat das Land der Europäischen Union und der Nato bei. Im Hinblick auf die Sprache fand Krebaum die Vielfalt von Dialekten bemerkenswert. Und sie zitierte Katja Stergar, Leiterin des Gastauftritts Slowenien, die sagte: „Slowenisch ist eine Sprache, die von einer kleinen Zahl Menschen gesprochen, doch an 58 internationalen Universitäten gelehrt und studiert wird.“

Zunächst legte sie das Büchlein „Ljubljana und Slowenien – Eine literarische Einladung“ (Wagenbach Verlag 2023, 144 S., 22 Euro) ans Herz, das einen weitreichenden Einblick in die Kultur dieses Landes gibt, in dem insbesondere die Lyrik einen hohen Stellenwert genießt. Eine Entdeckung war für Krebaum die Autorin Maja Haderlap, die mit Auszügen aus „Engel des Vergessens“ 2011 den Bachmann-Preis gewann.

Lesenswert sei von der gleichen Autorin der Roman „Nachtfrauen“ (Suhrkamp 2023, 294 S., 24 Euro), der anhand von drei Generationen vom Kampf der Frauen um individuelle Autonomie erzählt. Mit ansteckender Begeisterung empfahl Krebaum auch den Wälzer „Hundert Jahre Blindheit“ von Roman Rozina (Klett Cotta 2023, 548 S., 28 Euro), eine große slowenische Familiensaga, die das europäische Erbe des 20. Jahrhunderts aufleben lässt. Barbara Hennl-Goll bereitete der brillant geschriebene Roman „Als die Welt entstand“ (Zsolnay 2023, 272 S., 26 Euro) von Drago Jancar, dem bedeutendsten, vielfach preisgekrönten slowenischen Schriftsteller, großes Lesevergnügen. Darin schildert er die Widersprüche der Gesellschaft im Maribor der 1950er Jahre.

Stark vertreten an der Buchmesse war auch das Kinder- und Jugendbuch, für das Barbara Hennl-Goll eine besondere Vorliebe hegt. Schon gleich zu Beginn der Veranstaltung empfahl sie wärmstens „Wer umarmt den kleinen Igel?“ (Jumbo Verlag, ab 4 Jahren, 36 S.,16 Euro), eine wunderbare Geschichte über Freundschaft, für die Jana Bauer (Illustrator Peter Skerl) den Kristina Brenkova Award 2022 erhalten hat, sowie „Warum“ von Lila Prap (Midas Verlag, 64.S., 18 Euro), das erfolgreichste Bilderbuch aller Zeiten. Als eine zauberhafte Erzählung, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen berührt, präsentierte Maria Herlo, die Verfasserin dieses Zeitungsberichts den Band „Fram, der Eisbär“ von Cezar Petrescu (WaRo Verlag 2023, 336 S., 25 Euro), den sie aus dem Rumänischen übersetzt hat.

Bildgewaltiges Epos

Neben slowenischen Autoren hatten Dagmar Krebaum und Barbara Hennl-Goll weitere lesenswerte Neuerscheinungen im Gepäck, die sie unterhaltsam vorstellten, darunter „Marschlande“ (Fischer 2023, 320 S., 24 Euro) der tschechischen Autorin Jarka Kubsova, die Wiederentdeckung „Ein Mädchen mit Prokura“ von Christa Anita Brück (Rowohlt, Neuausgabe 2023, 256 S., 15 Euro), das bildgewaltige Epos „Die Träumenden von Madras“ vom indischen Arzt und Bestsellerautor Abraham Verghese (Insel 2023, 892 S., 28 Euro) und den Thriller „Ingenium“ von der amerikanischen Schriftstellerin Danielle Trussoni (Hoffmann und Campe 2023, 432 S., 18 Euro).

Passend rundete den Abend ein Zitat aus der bewegenden Friedenspreisrede Salman Rushdies ab, für den die Literatur Licht ins Dunkel bringe angesichts der Barbarei heute: „… auf Hass mit Liebe antworten und nicht die Hoffnung aufgeben, dass sich die Wahrheit selbst in einer Zeit der Lügen durchsetzen kann …“

Freie Autorin

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