Brühl. „Tiere sind Opportunisten, sie sind wahre Überlebenskünstler“, antwortet Jagdpächter Kai Rill aus Brühl auf die Frage nach den Einflüssen des Klimawandels auf den hiesigen Bestand an Wildtieren. Sie passen sich in ihrer Lebensweise den äußeren Umständen an, suchen etwa tagsüber schattige Plätze auf und verlagern ihre Aktivitäten nach hinten in die Dämmerungsphasen. Was allerdings beispielsweise den Feldhasen mehr Probleme als das immer wärmere Wetter bereite, sei die „exzessive Landwirtschaft durch den Menschen“, weiß der Jäger zu berichten.
Wo zwischen den Äckern früher Sandpisten zu sehen waren, finden sich heute asphaltierte Feldwege, rechts und links wucherten früher Kräuter, heute werde rigoros gemäht. „Den Feldhasen fehlt sowohl die Nahrung vom Wegesrand als auch der Schutz vor den Feinden. Sie sind weit und breit sichtbar und dadurch Opfer“, erklärt Rill. Dass die Population der Feldhasen sich in keinem guten Zustand befinde, liege unter anderem am Anbau von Monokulturen.
Deren maschinelle Bearbeitung birgt eine weitere Gefahr: den Tod von Junghasen durch die Mahd, denn der Nachwuchs hält sich meist in flachen Mulden versteckt im Feld auf, den sogenannten Sassen. Laufen können die Jungtiere zwar schon kurz nach der Geburt, bei Gefahr ducken sie sich aber dennoch nur tiefer ins Gras. Beim Mähen werden sie deshalb häufig verletzt oder sogar getötet.
Das Gleichgewicht der Natur - auch in Brühl
Neben Nahrung und Mahd kommen die natürlichen Feinde hinzu: Füchse, Mader und Greifvögel etwa. „An Störchen und Reihern haben wir eine so große Anzahl, dass es für Hasen und Fasane schwierig wird“, ergänzt Guido Moch, der als Inhaber eines Begehungsscheins für das Naturschutzgebiet Backofen-Riedwiesen nördlich von Brühl verantwortlich ist. Grundsätzlich hätten Fasane die gleichen Probleme wie die Feldhasen.
Deshalb „tun wir viel dafür, um die Population von Niederwild zu schützen“, führt Moch zur Thematik weiter aus. Es wird nicht nur freiwillig auf die Jagd verzichtet, die Jäger fördern auch die Fortpflanzung der Tiere: So würden in Absprache mit den ansässigen Landwirten etwa Stellen für Hasen eingerichtet, an denen Kräuter und Pflanzen wachsen könnten.
Dem Gesetz der Natur folgend muss zum Erhalt des Einen die Population des Anderen in Grenzen gehalten, Fuchs, Dachs und Mader also bejagt werden. „Wir wollen es in dem Maß halten, dass die Hasen und Fasane die Möglichkeit haben, eine Population aufzubauen“, schildert Moch.
Immer wieder stoßen auch neue Tiere in die Reviere. So berichten die beiden Jäger von vielen Nutrias, die zwar keine natürlichen Feinde haben und wegen der vegetarischen Ernährungsweise keine Bedrohung für andere Tiere darstellen, sich aber sehr territorial verhalten. „Sie dulden in ihrer Umgebung nichts anderes und verjagen alle“, sagt Jagdpächter Rill. Das umgangssprachlich als Sumpfbiber bezeichnete Tier zählt zu den Neozoen, einer nicht einheimischen invasiven Art, und sorge mit seinen Höhlen für Probleme in Dämmen und Deichen. Der Einfluss auf Flora und Bachläufe sei noch unklar.
Schwierigkeiten im Revier von Guido Moch bereitet unterdessen die Nilgans, die ebenfalls als gebietsfremd einzuordnen ist. Besonders am Altrheinarm seien die ursprünglich afrikanischen Entenvögel vorzufinden. „Sie legen ein äußerst aggressives territoriales Verhalten an den Tag und gehen gegen heimisches Wasserwild vor.“ Nilgänse räumen Nester von Enten aus, töten deren Nachwuchs und belegen sie selbst.
Trinkwasserreiches Gebiet um Brühl
Im Großen und Ganzen zeigt sich die Population in den Revieren beider Jäger wenig vom Klima geschädigt. Durch die glückliche Lage mit Seen und dem Rhein müssten die Tiere in hiesiger Region nie ganz ohne Wasser auskommen, wie Rill schildert. Verschiedene Baggerseen und Gräben würden den Hasen und Fasanen zur Wasseraufnahme dienen.
Wo es bei extremer Trockenheit über einen längeren Zeitraum doch mal am kühlen Nass mangelt, hilft Rill nach und richtet künstliche Wasseransammlungen ein. Mit kleinen Schöpfstellen in Wohnnähe könnten viele Menschen einen Beitrag leisten. So habe der Jäger in seiner privaten Umgebung einen großen Untersetzer für einen Blumentopf leicht in den Boden eingegraben und zur Wasserstelle umfunktioniert. „Ich habe Steine außen herum und hinein gelegt und damit eine Art Brücke gebaut, damit auch Bienen sich bedienen können und nicht ertrinken.“
An seiner eigenen Wasserstelle würden sich mittlerweile diverse Tiere vom Fuchs über die Hauskatze bis hin zu unterschiedlichen Vogelarten bedienen. Nachahmer bittet der Fachmann jedoch: „Auf jeden Fall durchziehen und dranbleiben.“ Die Wasserstelle müsse regelmäßig aufgefüllt sowie von Laub und Unkraut befreit werden sowie schattig sein. Und wer sie einmal eingerichtet hat, sollte das den Tieren zuliebe fortführen: „Wenn sie einmal angelockt wurden, kommen sie immer wieder und hoffen, dort Wasser zu finden.“
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