Gemeinderat

Finanziell lief das Corona-Jahr für Brühl letztlich besser

Die Brühler Gemeinderatsfraktionen bewerten die Jahresrechnung für das Coronajahr 2020. Steigende Personalkosten in der Kinderbetreuung hängen wie ein Damoklesschwert über der Kommune.

Von 
Stefan Kern
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Brühl. Noch vor wenigen Monaten waren die Befürchtungen rund um die Auswirkungen der Pandemie auf die Haushalte der Kommunen erheblich. Und natürlich gab es Belastungen. Doch in der Hufeisengemeinde, so Bürgermeister Dr. Ralf Göck in der jüngsten Gemeinderatssitzung, gebe es für 2020 „mehr Licht als Schatten“ (wir berichteten). Das heißt, dass das erwartete Minus von 950 000 Euro für das vergangene Jahr in ein Plus von fast einer Million Euro gedreht werden konnte. Von besonderer Bedeutung für Göck war, dass „wir nicht mehr von unserer Substanz gelebt haben“. Mit den Erträgen konnten auch die Abschreibungen finanziert werden.

Dabei ließ der Bürgermeister keinen Zweifel daran, dass dies vor allem an den Zuweisungen von Bund und Land gelegen habe. Darüber hinaus wirkten sich auch die erhöhte Grundsteuer und das Mehr bei den Gewerbesteuereinnahmen aus. Trotz der erfreulichen Zahlen verhehlte Göck nicht, dass es nicht gelungen sei, „die Schere aus schnell steigenden Ausgaben und langsam steigenden Einnahmen“ nachhaltig zu schließen. Grund dafür sei vor allem die Kinderbetreuung. Trotzdem sehe bislang auch das laufende Jahr 2021 gut aus. Und zwar wieder wegen den Gewerbesteuereinnahmen und den Landeszuweisungen.

Kieser: Steigende Personalkosten

Auch Bernd Kieser (CDU) identifizierte die Bunds- und Landeszuweisungen als Hauptquelle für dieses überraschend gute Haushaltsergebnis für 2020. Darüber hinaus entwickelten sich die Einnahmen aus der Gewerbesteuer überaus erfreulich. Anstatt der 1,5 Millionen Euro im Plan wurden es deutlich über 2,1 Millionen Euro.

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Die Personalkosten zeigten aber, dass diese Entwicklung wohl nicht nachhaltig sei. Geplant waren 9,5 Millionen Euro, unterm Strich standen 2020 nun 9,1 Millionen Euro. Dies habe aber nur mit noch nicht besetzten Stellen zu tun. In den kommenden Jahren wird sich dieser Effekt nicht mehr bemerkbar machen. Im Gegenteil, die Personalkosten vor allem im Kindergartenbereich werden weiter deutlich steigen. Positiv ausgewirkt hätten sich auch die Minderausgaben im Baubereich. Geplant waren Ausgaben von 5,7 Millionen Euro, getätigt wurden nur etwas über 2,3 Millionen Euro.

Und auch wenn es sogar gelang, den Schuldenstand zu reduzieren und Abschreibungen zu refinanzieren, sei Vorsicht geboten. Die „ganz sicher steigenden Ausgaben und die ebenso sicher nicht mithaltenden Einnahmen werden für Schwierigkeiten sorgen“.

Gredel: Trügerische Sicherheit

Eine Sicht, die Jens Gredel (FW) teilte. Niemand habe ein solches Ergebnis erwartet. Zugleich dürfe aber auch niemand diesem Ergebnis vertrauen. Gerade die Bundes- und Landeszuweisungen würden das Ergebnis verfälschen und eine trügerische Sicherheit suggerieren.

Allein die Entwicklung der Personalausgaben zeigten, wohin die Reise gehe. Im Vergleich zu 2011 hätten sich die Personalkosten in gerade einmal zehn Jahren auf über neun Millionen Euro verdoppelt. Auch das Defizit bei allen öffentlichen Einrichtungen inklusive Wohnhäuser läge mit 7,8 Millionen Euro eine halbe Million Euro über dem Defizit von 2019. Und auch die Minderausgaben im Bereich Investitionen seien kein Grund für Beruhigung.

Als Alarmzeichen wertete Gredel den Umstand, dass die Gemeinde genau wie 2019 auch 2020 bei der Liquidität vereinzelt unter das gesetzliche Mindestniveau absank und kurzfristige Kassenkredite notwendig wurden. Das strukturelle Problem, von dem im vergangenen Jahr gesprochen wurde, gebe es immer noch. Gredel befürchtet dann auch, dass es der Gemeinde in den kommenden Jahren immer weniger gelingen wird, die steigenden Ausgaben mit steigenden Einnahmen einzufangen. Noch mehr als sonst müsste daher jede Investition auf den Prüfstand.

Hufnagel: Keine Alarmstimmung

Natürlich erkannte auch Hans Hufnagel als Sprecher der SPD-Fraktion die strukturellen Haushaltsprobleme. Die Personalkosten würden hier Bände sprechen. Auch sei das Jahr 2020 in finanzieller Hinsicht eine Ausnahme.

Trotzdem gebe es Fakten, die eine Alarmstimmung nicht rechtfertigen, meinte der SPD-Sprecher in seiner Stellungnahme. So sei die Schuldentragfähigkeit der Gemeinde, eine Zahl, die den Schuldendienst in Relation zu den Erträgen stellt, mit 2,3 Prozent „sehr gut“, unterstrich Hufnagel mit Nachdruck.

Trotzdem müsse mit Land und Bund über eine weitere Beteiligung an den Personalkosten im Bereich Kinderbetreuung dringend gesprochen werden. Die Kommunen könnten diese wachsende Belastung nicht ewig stemmen.

Frank: Nachhaltiger haushalten

Das war eine Forderung, der sich auch Peter Frank von der Grünen Liste (GLB) anschließen konnte. „Unser strukturelles Problem aus steigenden Ausgaben, mit denen die Einnahmen nicht Schritt halten können, wurde von Landeszuweisungen und weniger Investitionsausgaben nur überdeckt“, erklärte er in seiner Stellungnahme.

Grundsätzlich müsse in Brühl gelten, dass mit allen Vermögensressourcen nachhaltiger gehaushaltet werde. Angesichts der Herausforderungen im Zuge des Klimawandels hielt Frank das Brühler Umweltförderprogramm für unterfinanziert. Bei 47 000 Euro seien das bei einer Gemeinde mit 14 300 Einwohnern pro Kopf lediglich 3,30 Euro. „Das muss deutlich ausgebaut werden“, lautete seine Forderung für die GLB.

Am Ende der Aussprache zum Jahresabschluss der Kommune für das Jahr 2020 goutierten alle Mitglieder des Gemeinderates das vorgelegte Zahlenwerk und dankten zugleich dem Kämmereiamt mit Klaus Zorn und Andreas Willemsen an der Spitze für die geleistete Arbeit und die übersichtliche Darstellung der Brühler Finanzsituation des Jahres 2020.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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