Brühl. „Das deutsch-französische Paar muss sich wiederfinden.“ Das verlautete am Mittwoch aus Paris. Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz sprachen bei einem Arbeitsessen in der Seinemetropole über das weitere Miteinander. Die französische Regierung hatte am Deutsch-Französischen Tag eine bessere Zusammenarbeit der beiden Länder gefordert. Anlass des Besuches war der Jahrestag des Elysée-Vertrags. Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag wurde am 22. Januar 1963 vom damaligen Kanzler Adenauer und dem französischen Präsidenten de Gaulle unterzeichnet.
Was im Großen gilt, scheint auch im Kleineren zuzutreffen. Denn im Speckgürtel der französischen Hauptstadt waren sich die Vertreter der Partnerschaftskomitees aus Brühl und dem französischen Ormesson-sur-Marne bei einem Treffen im Herbst einig, das Miteinander wieder zu stärken. Seit 1977 ist Brühl mit der französischen Gemeinde Ormesson-sur-Marne in unmittelbarer Nachbarschaft von Paris verbunden. Und so soll 2027 auch das 50-jährige Bestehen der Jumelage in Bühl gefeiert werden.
Brühler Schüler finden Tag an französischer Schule anstrengend
Und weil die Freundschaft in den vergangenen Jahren etwas behäbig geworden ist, soll ein neues Konzept des Jugendaustauschs wieder Schwung in die Sache bringen. Das neue Konzept sieht vor, dass nicht mehr Brühler Jugendliche aus allen möglichen Schulen der gesamten Region an der Begegnung teilnehmen, sondern diese Treffen zu einem reinen Austausch von zwei Schulen werden, nämlich dem Collège Saint Exupéry in Ormesson und der Marion-Dönhoff-Realschule in Brühl.
Das bietet gleich mehrere Vorteile. Da ist zum einen der längerfristige Aufbau der privaten Kontakte, denn die Schüler können sich über eine Brieffreundschaft schon näher kennenlernen. Außerdem konnte ein gutes Dutzend Brühler Jugendlicher während ihres Besuchs im April bereits im Gastgeberland auch in den Schulalltag im Collège hineinschnuppern. Bislang hatten sich die französischen Bildungsstätten dagegen verwehrt.
Die deutschen Gäste fanden den Tag in der französischen Schule lang und anstrengend, erklärten die Teilnehmer des Austauschs später, räumten aber ein, wegen ihrer bisherigen Sprachkenntnisse nicht wirklich viel aus den Unterrichtsstunden verstanden zu haben. Besonders gefallen hat den Neuntklässlern hingegen das leckere Essen in der Schulkantine.
Und es gab auch einige Korrekturen im deutschen Anspruchsdenken, meinte ein Teilnehmer im Rückblick. Er hatte zuvor gehofft, in eine Familie mit großem Haus und Pool zu kommen. Später habe er sich aber dann auch sehr über die Atmosphäre im eher kleinen Haus gefreut und fand es sogar toll, mit seinem Gastbruder das Zimmer zu teilen.
Gastgeber zeigen viel Einsatz
„Die Schüler waren sehr überrascht, wie viel Mühe sich die Gastgeberfamilien in Ormesson gemacht haben“, erinnert sich die Lehrerin der Dönhoff-Schule Marianne Schorr auf Anfrage unserer Zeitung, „sogar am Anreisetag sind sie noch mit den Kindern nach Paris und ins Umland gefahren, um ihnen Frankreich zu zeigen.“
Und nun können sich die Brühler revanchieren, denn der Gegenbesuch der Schülerpaare die im vergangenen Jahr gebildet wurden, findet vom Mittwoch, 12. Februar, bis Sonntag, 16. Februar, in der Kurpfalz statt.
Am ersten kompletten Tag in Brühl besuchen die Kinder gemeinsam den regulären Unterricht der Realschule. Mittags sind sie von der Schule befreit und machen als Team einen Ausflug in die Indoor-Kletterhalle in Frankenthal. Unter Anleitung lernen die Jugendlichen dort Aufgaben zu meistern und sich gegenseitig zu sichern. Freitags wird der Tag in den Schulen und anschließend in den Gastfamilien verbracht.
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Am Samstag fahren die jungen Franzosen und ihre Gastgeber gemeinsam nach Heidelberg. Dort lernen sie in einer deutsch-französischen Stadtführung Heidelberg kennen – inklusive Bergbahnfahrt und Schlossbesuch. Zeit zum individuellen Schlendern in der Altstadt ist auch eingeplant.
„Am Sonntag verabschieden wir die französischen Gäste wieder am Bahnhof Mannheim“, erklärt Anne-Marie Alandt, Französischlehrerin der Brühler Realschule, die zusammen mit ihrer Deutschkollegin Blérina Azemi aus Ormesson die Gruppe betreut.
Aus terminlichen Gründen können zwei Familien aus dem ersten Besuch im April an diesem Gegenbesuch in Brühl nicht teilnehmen, dafür hat sich eine Familie gefunden, die gleich zwei Gastschüler aufnimmt. Somit können insgesamt neun Kinder beim Austausch dabei sein.
Längerfristig angelegt
Zeitgleich bereite Lehrerin Julia von Conrady ihre derzeitige achte Klasse auf einen Besuch im nächsten Schuljahr in Ormesson vor. Und da ist die Nachfrage inzwischen deutlich größer, weil die Schüler, die im April zur Premiere in Ormesson gewesen sind, mit ihrer Begeisterung tüchtig die Werbetrommel gerührt haben. Durch die längerfristige Anbahnung via digitaler Brieffreundschaft können sich die Jugendlichen besser kennenlernen, um so tiefere Freundschaften zu schließen, ist man sich inzwischen einig. Bislang habe es oft so ausgesehen, dass die Jugendlichen und deren Familien beim jeweiligen Besuch erstmals vor Ort in Kontakt getreten seien und dann sei der nach dem Austauschprogramm zumeist schnell wieder eingeschlafen.
„Generell haben sich jetzt bei der Suche nach Gastfamilien fürs nächste Jahr viele deutsche und auch französische Kinder gemeldet“, freut sich Katja Rheude, die seitens der Gemeindeverwaltung die Schülertreffen begleitet, „das Interesse bei den Schülern ist da und wir freuen uns, wenn wir bei der nächsten Schülerbegegnung im Jahr 2026 noch mehr Austauschpaare bilden können.“
Entsprechend wurde beim Treffen der Partnerschaftskomitees im Herbst das neue System der Schulpartnerschaft zwischen dem Collège Saint-Exupéry und der Marion-Dönhoff-Realschule ausdrücklich als Erfolgsgeschichte gelobt. Der jugendliche Elan scheint angesteckt zu haben. Das deutsch-französische Paar hat sich auf dieser Ebene ganz offensichtlich wiedergefunden.
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