Brühl. Gott sei Dank! Die Affenhitze und die Dürre scheinen vorbei – es hat sogar schon ein paar Mal geregnet. Aber kennen Sie das Sprichwort mit dem Tropfen und dem heißen Stein? Wir Hobbygärtner – ich finde es toll, wie ich mich mittlerweile ganz selbstverständlich zu dieser großen Familie zähle – kommen nicht umhin, jeden Abend oder Morgen zu gießen. Und das machen wir nicht mit der Kanne. Da müssen große Geschütze her. Die Beregnungsanlagen, wie man sie einst nur aus der Landwirtschaft kannte, verteilen inzwischen in vielen Gärten zu den Gießzeiten großzügig das lebenswichtige Nass über die Beete.
Bewässerungstricks und Pflegehinweise
„Auch wenn es geregnet hat, benötigen Pflanzen Wasser“, betont mein polnischer Gartennachbar, wenn wir uns über das Gießen unterhalten. Denn meist reiche die Regenmenge nicht aus. Blumen und Rasen müssen nicht jeden Tag gegossen werden, dafür aber ausgiebig.
Die Gemüsebeete sind anspruchsvoller. Besonders an heißen Tagen ist der Boden so ausgetrocknet, dass das Wasser schnell abfließt und nicht ausreichend versickern kann. Als Faustregel gilt für ihn: Lieber einmal richtig als mehrmals zu wenig gießen. So können die Pflanzen tiefreichende Wurzeln bilden und werden auch resistenter gegen Trockenheit, hat er mir verraten – und ich verrate das jetzt Ihnen.
Bodenpflege und Mulchen – Nur so viel wie nötig
Aber dann schaut mein Gartennachbar sehr ernst und hebt den Zeigefinger: „Nie in der prallen Mittagssonne oder über die Blätter gießen, sonst ist Sonnenbrandgefahr“. Am besten eigne sich Regenwasser zur Bewässerung, das in einer Regentonne oder Zisterne aufgefangen werden kann. Wasser aus der Leitung sei häufig zu kalt. Aber wo gibt es sie noch, die gefüllten Reservoirs? Über die paar Tropfen der vergangenen Tage lacht meine Regentonne nur herzhaft.
Also sei es wichtig, den Boden gut zu pflegen, rät mir eine spanische Gartennachbarin. Ich beobachte sie immer wieder, wie sie mit der Flachhacke die Beete an der Oberfläche auflockert. „So kann man auf einfache Weise Wasser sparen, denn es verdunstet dann deutlich langsamer und dringt besser in den Boden ein“, sagt sie während sie sich kurz aufrichtet , um den schmerzenden Rücken zu dehnen.
„Zusätzlich hilft es, die Beete zu mulchen“, höre ich mich sagen und bin ganz stolz auf meine Technik: Ich lasse das Wildkraut einfach so weit sprießen, dass es die Pflanzen nicht erstickt. Ansonsten sorgen die Pflanzen für eine gewisse Beschattung, meine ich. „So können Wind und Sonne dem Boden nicht so schnell die Feuchtigkeit entziehen.“ Die Spanierin verzieht das Gesicht. „Disparates“, höre ich sie murmeln und traue mich nicht, die Übersetzung dafür zu suchen.
Artischocken und Auberginen: Herausforderungen und Genuss
Von einem Italiener – seine Landsleute nutzen die meisten tatsächlich bewirtschafteten Kleingärten in der Nachbarschaft – bekomme ich Tipps zur Pflege meiner sechs Artischocken, von denen zwei nicht mehr wirklich glücklich aussehen.
Wortreich und mit viel Gestik erklärt er mir, dass fast alle Probleme bei Artischocken direkt oder indirekt mit Wasser zusammenhängen. „Eine Artischocke braucht viel Wasser, aber keinerlei Staunässe – wir müssen genau so viel gießen, wie sie trinken kann“, meint er. Schaue ich auf seine Beete, dann erkenne ich in meinem Ratgeber einen Artischocken-Flüsterer. Meine Pflanzen hingegen verstehen mich offensichtlich nicht wirklich. Aber in welcher Sprache soll ich mit ihnen flüstern?
Die aus dem Mittelmeerraum stammende Artischocke wurde wahrscheinlich in Andalusien oder Tunesien zum ersten Mal angebaut. In der Renaissance tauchte sie in Italien auf und nahm an den vornehmen Tafeln Europas bald einen Ehrenplatz ein. Meine Setzlinge stammen aus dem Kraichgau und doch verstehen sie mich nicht. Die Artischocke – ursprünglich eine wilde Distel – bildet aus der Knospe, die wir essen, eine beeindruckende violette Blüte. Doch so weit lassen wir Genießer es nicht kommen. Wir ernten vor der Blüte. Wer das mediterrane Gemüse aber noch nie verzehrt hat, fragt sich häufig, wie man es denn eigentlich essen soll.
Ein echtes Fingerfood
Die Artischocke ist ein Fingerfood – ich habe sie vor einem Vierteljahrhundert erstmals auf Korsika gegessen. Man bin ich alt. Wird eine gekochte Artischocke im Ganzen serviert, zupfen wir zunächst die fleischigen Blätter im unteren Bereich aus der Knospe. Diese sogenannten Blätter, deren unteren Teil wir essen, sind die Hüllblätter, die wie Schuppen die Blüten schützen. Beim Essen halten wir das Blatt an seiner Spitze. Wird ein Dip gereicht, tunken wir das untere Ende ein. Diesen Teil des Blatts ziehen wir durch die Zähne und streifen dann das Fleischige – möglichst geräuschlos – mit den Schneidezähnen ab.
Artischocken essen wir von außen nach innen. Wenn alle Blätter abgezupft sind, gelangen wir zum Herz der Artischocke – das ist botanisch gesehen der Blütenboden. Der ist mit haarigen Fasern, dem sogenannten Heu, bedeckt. Das muss unbedingt entfernt werden, bevor wir das Herz verzehren.
Da ist es schon einfacher, ein Auberginenessen zu genießen, denn diese Frucht wird zumeist mundgerecht aufgeschnitten. Die Auberginen kommen aus verschiedenen Regionen Chinas und Indiens. Dort wurde sie schon vor über 2000 Jahren kultiviert und haben sich erst später in viele arabische Länder ausgebreitet.
Die Auberginen waren zu der damaligen Zeit noch deutlich kleiner und vermutlich cremefarben. Im 13. Jahrhundert brachten schließlich die Araber auf ihren Handelswegen die Aubergine erstmals zu uns nach Europa. Angebaut wurde sie aber erst ab dem 15. Jahrhundert und anfangs überwiegend nur in Italien. Von dort aus verbreitete sich anschließend der Anbau der dunkelvioletten Sorte, wie wir sie auch heute kennen und mögen, in ganz Südeuropa.
Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war die Aubergine noch eine exotische Frucht aus dem Mittelmeerraum und hierzulande fast unbekannt. Erst in den 1970er Jahren brachten die italienischen Gastarbeiter das Wissen rund um die Aubergine mit nach Deutschland. Und inzwischen wächst sie in einer Begeisterung in meinem Garten, dass ich von einer gelungenen Kurpfälzer Integration sprechen möchte.
Man nannte die Pflanze übrigens auch „Eierpflanze“, weil bestimmte Sorten weiße, ovale Früchte hervorbringen, die wie Hühnereier aussehen. Auberginen sind botanisch eng mit Tomaten und Paprika verwandt. Besonders schön sind die Blüten der Auberginen – „bei meinen Pflanzen sind sie violett. Doch Vorsicht, bevor Sie sie als Hingucker für den Salat verwenden. Der Verzehr von Auberginenblüten oder -blättern kann gefährlich sein, das hat mir ein marokkanischer Gartennachbar verraten.
Mediterrane Pflanzen im Aufschwung
Ist Ihnen etwas aufgefallen? Die Experten für diese Pflanzen kommen – bis auf den polnischen – alle aus dem Mittelmeerraum, weil dort die Pflanzen seit Generationen auf den Äckern stehen. Mit dem Klimawandel und steigender Erwärmung könne man prinzipiell damit rechnen, dass diese Pflanzen auch in hiesigen Gebieten gute Wachstumsbedingungen finden, bestätigt das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft meine Beobachtung.
Herausforderungen für heimische Pflanzen
Vor allem Pflanzen, die ein mediterranes Klima bevorzugen, dürften sich Experten zufolge hier immer besser kultivieren lassen. Allerdings bestehen neben der Klimaveränderung weitere wichtige Voraussetzungen. Dazu gehören beispielsweise die Region oder das Mikroklima im jeweiligen Garten. Die Kurpfalz jedenfalls scheint sich aus ihrer Sicht wirklich zur Toskana Deutschlands zu entwickeln. Klingt gut. Aber viele heimische Pflanzen leiden darunter, wie der Blick auf die Feldränder zeigt. Da herrscht nach wie vor erschreckende Dürre.
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