Brühl. An diesem Freitag ist es vorbei. Nach 27 Jahren schließt Claudia Schuld ihre Gaststätte „Zur Traube“ und feiert mit Freunden und Gästen eine Abschiedsparty. Es gibt hausgemachte Gulaschsuppe und Mettbrötchen nach Bernhards Rezept. Die Bierfässer werden leer gemacht. Am Sonntag und am Montag, jeweils ab 11 Uhr, ist noch Räumungsverkauf. Gläser, Teller, Besteck, Küchengeräte, Lampen, Dekorationen für alle Jahreszeiten – alles muss raus.
Es fällt ihr schwer, nach so langer Zeit aufzugeben. Aber der Verlust ihres geliebten Ehemannes Bernhard und der Personalschwund durch die Corona-Pandemie haben die 56-jährige gebürtige Mannheimerin zu diesem Schritt bewogen. Die vor über 100 Jahren von Familie Zobeley eröffnete Gastwirtschaft war das Leben von Bernhard Schuld. Der gebürtige Mannheimer, der am 30. Mai 70 Jahre alt geworden wäre, war schon früh mit Brühler Vereinen verbunden. Und die „Traube“ war ein Anziehungspunkt für deren Aktivitäten. Schuld übernahm 1983 mit seiner damaligen Frau Ruth das Lokal. Ein Gastwirt mit Leib und Seele. Nach der Trennung von Ruth ging er zunächst wieder in seinen Beruf als Kranbauschlosser zurück.
1996 übernimmt Ehepaar Schuld die Gaststätte „Zur Traube“ in Brühl
Im April 1996 übernahmen Claudia und ihr damaliger Mann die „Traube“. Nach ihrer Trennung blieb sie allein zurück. Kinobesitzer Egon Pfister von gegenüber machte Bernhard Schuld auf die junge Frau aufmerksam. Doch der wollte eigentlich nie wieder aus dem Fenster der Wirtswohnung winken. Kurze Zeit später tat er es doch – Claudia und Bernhard hatten sich gefunden. 1998 fand das erste Schlachtfest statt.
Claudia war damals im achten Monat schwanger. Metzgermeister Peter Moser, ein Jugendfreund von Bernhard, machte von Anfang an mit. Aus dem Schlachtfest wurde eine einzigartige Erfolgsgeschichte. „Das war der Knaller“, blickt sie zurück. Kesselfrisches Wellfleisch, Leberknödel, grobe Bratwürste, Wurst, frisch und in Dosen, Schlemmen vor Ort oder zum Mitnehmen, kostenlose Wurstsuppe.
Das Glück der Wirtsleute war perfekt, als 1999 Tochter Carmen und 2001 Sohn Alexander geboren wurden. Der Wunsch, nach Florida auszuwandern, wurde beiseitegelegt. Im September 2000 wurde geheiratet.
Gaststätte „Zur Traube“ in Brühl: Großer Umbau 2002
2002 wurde die „Traube“ umgebaut. Kühlhaus und Getränkelager kamen hinzu. Zwei Jahre später folgte der Anbau des Wintergartens. Das Lokal wurde nach einer umfassenden Sanierung wiedereröffnet. Die altbewährte Gastlichkeit war geblieben. Die Küche war von Grund auf umgestaltet. Im Schankraum, dem Wintergarten als Nebenzimmer und im überdachten Biergarten konnten nun 140 Gäste bedient werden.
Es gab ein tägliches Stammessen. Und den Straßenverkauf. Es lockten Sauerbraten, Schweinepfeffer, Kartoffelsuppe mit einer fluffigen Dampfnudel, Kalbsrollbraten mit Speckbohnen und Butternudeln, Berliner Rindsgulasch als Sonntagsgericht, „Pfälzer Fleeschknepp“ und Schweinefleisch mit Meerrettichsoße. Internet-Bewertungen lobten die „tolle Gaststätte mit absoluter Wohlfühlatmosphäre“. Die Feuerwehr war da, die Kerweborscht labten sich dort, die Privatmannschaft und die Aktiven des Fußballvereins hatten ihr Stammlokal.
Plötzlich die schreckliche Diagnose: Bei Bernhard Schuld wurde ein Magenkarzinom festgestellt. Seine Motivation blieben die Schlachtfeste. Er war, solange es ging, mit viel Elan dabei. Doch der Krebs kam zurück. Er nahm stark ab. Schließlich war nur noch die palliative Versorgung möglich. Im März 2019 hatte sein Leidensweg ein Ende. Claudia hat ihrem Bernhard zuletzt noch gesagt, dass die „Traube“ gut läuft, dass alles in Ordnung sei und er ruhig loslassen könne.
Brühler mit Wursteimern
Voll besetzte Tische und wartende Gäste auf der Treppe, ein Dutzend Sorten Dosenwurst, Versammlungen und Familienfeiern, sonntägliche Frühschoppen, Wildgerichte zur Kerwe, Verkauf von Angelkarten und Skatturniere, Brühler mit Wursteimern und der Funkruf auf den Tischen – all das war die „Traube“ über die vielen Jahre unter der Leitung von Claudia Schuld.
Nach dem Tod von Bernhard hat Claudia ihr Lokal keinen einzigen Tag der regulären Öffnungszeiten geschlossen gehabt. „Er war charmant, freundlich, korrekt, ein liebevoller Mann, die Liebe meines Lebens. Er fehlt mir“, sagt die 56-Jährige, die noch nicht weiß, was sie in Zukunft machen wird. Sie ist unheimlich stolz auf ihre Gäste. Vor allem während der Corona-Zeit sei sie toll unterstützt worden. Das Lokal und das Kochen werden ihr fehlen, auch ihr gutes Personal werde sie vermissen. „Wir waren wie eine große Familie“, denkt sie an die erfolgreichen und glücklichen Zeiten zurück. Ein ausdrücklicher Dank geht an Frank Zobeley: „Ein Verpächter, wie man ihn sich wünscht.“
Sie selbst habe aus Interesse gekocht, dazu unzählige Rezepte gesammelt und Kochbücher studiert, meint die gelernte Einzelhandelskauffrau: „Man muss mutig sein, vor allem bei den Dampfnudeln.“ Dabei hat sie selbst eigentlich kein Lieblingsgericht.
Wenn in der Küche Feierabend war, gab es halt nichts mehr. Auch nicht ihren legendären warmen Kartoffelsalat. Ab sofort wird gar nichts mehr aus Küche und Keller serviert.
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