Brühl. Es könnte ein falscher Eindruck entstehen: Im Gespräch unserer Zeitung mit Bürgermeister Dr. Ralf Göck, der Energiemanagerin Birgit Sehls und dem Umweltberater Dr. Andreas Askani rund um Klimaschutz geht es viel um den Bürger. Gelingender Klimaschutz fuße auf dem Engagement des Einzelnen, nur wenn der Bürger mitziehe, gelinge die Transformation der Gesellschaft.
Und natürlich ist das richtig, aber die drei wollen sich damit nicht aus der Verantwortung ziehen. Natürlich sei die Politik eine wichtige Weichenstellerin, die die Struktur für nachhaltiges Leben ermöglichen müsse. Da gehe es zum einen um gezielte Steuerung per Förderung und zum anderen die Vorbildfunktion. Ganz nebenbei tritt der Staat dabei als Nachfrager auf und schafft im besten Fall einen Markt für nachhaltige Technologie. Trotzdem braucht es am Ende den Bürger, was eine Bilanz des Umweltberaters deutlich macht. Die CO2-Emissionen verteilen sich wie folgt: Für 63 Prozent der CO2-Emissionen sind hier private Haushalte verantwortlich. Das Gewerbe kommt auf 18 Prozent und die kommunalen Liegenschaften auf drei Prozent. Die restlichen 16 Prozent stammen aus dem Verkehr. Es ist also unschwer zu erkennen, so Askani und auch seine Kollegin Sehls, dass der größte Klimaschutzhebel im Privatbereich läge.
Klimaschutz in Brühl: AG kommt große Bedeutung zu
Und das ist auch der Grund, dass der im vergangenen Dezember gegründeten Klimaschutz-AG mit ihren drei Gruppen Energie, Nachhaltigkeit und Mobilität in den Augen des Bürgermeisters große Bedeutung zukomme. Für Göck ist die Arbeitsgemeinschaft eine Art Impulsinstrument, um durch Bürger, mit den Bürgern die Transformation vor Ort für die Bürger zu bewerkstelligen. Dabei kann die Gemeinde hier schon jetzt auf eine beachtliche Entwicklung verweisen. In das Thema Photovoltaik ist durch die AG jedenfalls viel Bewegung gekommen. So erscheinen zu den Sprechstunden der AG sicher über 50 Menschen. Und kommunal wurde gemeinsam mit der Klimaschutz-AG auf dem Terrassengeländer der Gemeindebücherei ein Balkonkraftwerk mit einer Maximalleistung von 600 Watt verwirklicht. Für Göck der Startschuss für eine Solaroffensive. „Wir hoffen auf viele Nachahmer.“ Die Hufeisengemeinde bezuschusst Photovoltaik-anlagen auf Bestandsdächern plus ihre Energiespeicher und auch Balkonkraftwerke.
Auf der Habenseite stehen in Brühl verteilt bald auch acht neue Ladesäulen plus Standort für E-Car-Sharing beim Rathaus. Das Auto von „Franklin mobil“ steht tagsüber ab Mitte Mai den Rathausmitarbeitern zur Verfügung und jenseits der Arbeitszeiten auch Privatpersonen.
Klimaschutz in Brühl: Bürger stellen immer mehr Anträge auf Fördergelder
Es tut sich etwas. Das merkt die Verwaltung auch im Kontext der Förderanträge. In normalen Jahren verzeichnete das Rathaus so zwischen 30 und 50 Anträge. Im vergangenen Jahr waren es 210 Förderanträge mit einem Volumen von 125 000 Euro. In diesem Jahr waren es jetzt schon 102 Anträge. Wenn es so weitergeht, so Askani, „landen wir 2023 bei einem Fördervolumen von über 200 000 Euro“. Normalerweise freuen sich Verwaltungen nicht über steigende Kosten. Hier ist das anders. Wichtig sei es, das raten Sehls und Askani, dass die Bürger in einem ersten Schritt die kostenlose Beratung der Klimaschutz und Energie-Beratungsagentur Heidelberg (KliBA) nutzen. Alle zwei Wochen sei ein Berater im Rathaus vor Ort, der die Bürger berät. Anhand seiner Empfehlungen können die Menschen dann ihre persönliche Energiewende angehen.
Eine Baustelle, bei der sich in der öffentlichen Wahrnehmung nichts tue, fände sich bei der Geothermie. In Sachen Energie- und Wärmeversorgung sei Deutschland noch lange nicht über den Berg. Und Göck ist nach wie vor davon überzeugt, dass die grundlastfähige Geothermie bei der sicheren und nachhaltigen Energieversorgung eine Rolle spielen müsste. Deutschland könne auf keinen CO2-freien Energieträger verzichten.
Am Montag, 22. Mai, um 18.30 Uhr, stellt die Klimaschutz-AG im Rahmen der öffentlichen Gemeinderatssitzung eine erste Bilanz vor. Geplant ist hier auch die Verabschiedung des Klimaschutz-Leitbildes.
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