Brühl. Es war eine durchweg bunt gemischte Gruppe, die sich da auf Einladung des Landtagsmitglieds Andre Baumann von Bündnis 90/Die Grünen auf den Weg zur Geothermie-Anlage in Bruchsal machte: Befürworter und Kritiker der Technik, die Erdwärme zur Energieerzeugung nutzt, hielten sich die Waage. Die am häufigsten gehörte Aussage des Nachmittags war allerdings durchweg, dass die Anlage eher unspektakulär sei – und in der Tat ist der oberirdische Teil des Bruchsaler Erdwärme-Kraftwerks für viele Besucher überraschend unauffällig. Doch die Kritik an der Tiefen Geothermie gilt ja seitens der Bürgerinitiative weniger diesem sichtbaren Bereich als vielmehr die Gefahr durch induzierte, also menschengemachte, Erdbeben.
„Wir sind sehr vorsichtig – in den vergangenen zwölf Jahren gab es keine Probleme“, betont beim Rundgang Thomas Kölbel von der Energie Baden-Württemberg (EnBW), die diese einstige Versuchsanlage inzwischen in die Wirtschaftlichkeit überführt hat. Nicht einmal wegen einer Lärmbelästigung seien von Nachbarn Klagen zu hören gewesen, erklärt er. Davon konnte sich die Gruppe vor Ort allerdings nicht überzeugen, denn die Anlage war an diesem Tag wegen Revisionsarbeiten abgeschaltet, doch Baumann versicherte den Teilnehmern der Exkursion, dass maximal das Plätschern der kleinen Kühlanlage zu hören sei, wenn die Anlage unter Volllast fahre.
Aber der Lärm ist nicht unbedingt das Thema der Gegner dieser Technik. Die Beben durch Veränderungen im Untergrund in anderen Anlagen, die allerdings nicht unbedingt vergleichbar sind, werden immer wieder angeführt. „Hier in Bruchsal zeigen wir doch, dass es eine funktionierende Technik ist“, erklärt Baumann. Fehler wie andernorts dürften einfach nicht mehr passieren, wenn die Technik eine Zukunft haben soll. Deshalb werde aktuell sehr genau hingeschaut, versichert der Parlamentarier, der als Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft für diesen Bereich als Kontrolleur der Anlagen zuständig ist.
Gesunder Mix wird angestrebt
Ja, räumt er weiter ein, die Geothermie stelle bislang nur einen kleinen Teil auf dem Weg der Energiewende dar. Zudem leisteten die geplanten Anlagen in der Versorgung der Bevölkerung mit Wärme und Energie nicht den Anteil, den Großanlagen wie das GKM in Mannheim bereitstellen würden. Doch es gehe darum, die Energieversorgung zu dezentralisieren, moderne regenerative Energien in all ihrer Vielfalt zu nutzen, um am Ende die Versorgungssicherheit gewähren zu können. Da sei die Geothermie einer von vielen Bausteinen. „Keiner sagt, dass ein oder wenige Geothermie-Anlagen das Großkraftwerk ersetzen können, aber es ist mittelfristig ein Schritt dahin“, erklärt der Grünen-Parlamentarier und verweist darauf, dass man die Energiewende im Land bis 2040 schaffen wolle. „Das ist nur in einem gesunden Mix aller Alternativen möglich“, so Baumann.
Wie wichtig ein Umdenken sei, zeigte Baumann während der Busfahrt nach Bruchsal mit zahlreichen Daten auf, die den menschengemachten Klimawandel darstellten. „Dem müssen wir mit ganzer Kraft entgegentreten“, so der Landtagsabgeordnete. Natürlich, so Baumann später, sei das global gesehen nur ein kleiner Teil zur Lösung der Problematik, selbstverständlich bleibe Baden-Württemberg ein Land, das auf Energieimporte angewiesen sei, aber „wir können ein Beispiel setzen: Wenn wir es schaffen Ökologie und Wirtschaftlichkeit zu verbinden, dann ist das sicherlich für viele andere ein Anreiz, es uns nachzutun“. Und dass diese Verbindung gelingen kann, daran zeigt Baumann keinen Zweifel während der Busfahrt.
Doch die Kritiker der Erdwärmenutzung sind nicht wirklich überzeugt. Sie äußern Unmut drüber, dass es immer wieder Probleme mit der Tiefen Geothermie gebe. Selbst die Beweislastumkehrung, bei der entsprechende Unternehmen nachweisen müssen, dass Gebäudeschäden im Umfeld ihrer Geothermie-Anlagen nicht auf diese wirtschaftliche Tätigkeit zurückzuführen seien, überzeuge tatsächlich. Die Bürger stünden bei Streitfällen schließlich einer Phalanx von hoch dotierten Rechtsanwälten gegenüber, denen sie nichts entgegenzusetzen hätten. Zudem seien die Kosten für den Betrieb dieser Anlagen vergleichsweise zu hoch – ein Argument, das immer wieder während des Rundgangs von den Kritikern angeführt wurde.
Baumann lobte diese kritische Haltung während des Besuchs im Bruchsal, denn politische Entscheidungen bestünden daraus, sich etwas anzuschauen, kritische Fragen zu stellen und daraus dann eine Meinung zu bilden. „Das ist der demokratische Weg.“
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