Brühl. Das Görler-Museum in der Neugasse wird am Sonntag, 15. Mai, beim Internationalen Museumstag seine Pforten öffnen. In der Ausstellung wird auch an verschiedene Verantwortliche des Unternehmens erinnert, die wichtige Weichen gestellt haben. So auch an eine Frau, die eigentlich sie mit Technik nichts am Hut hatte. Als Journalistin schrieb sie für die Modezeitschrift „Brigitte“, veröffentlichte Dokumentationen und Bücher zur Berliner Architektur, drehte Filme und hatte eine eigene Fernsehsendung. Als Tochter von Julius Karl Görler und alleinvertretende Gesellschafterin hat sie das Erbe ihres Vaters, der 1955 verstarb, angetreten und 1960 mit dem Kaufvertrag über das Grundstück den Grundstein für das Brühler Werk gelegt.
„Oft durfte mein Horst sie vom Flughafen abholen, wenn Sie aus Berlin in die Firma kam“, berichtete 2013 Gertrud Körner aus Brühl, Witwe des langjährigen Hausmeisters, für die Werkstechnik zuständig und Fahrer in einem der Gespräche mit dem zweiten Vorsitzenden des Heimatvereins Klaus Triebskorn.
Die Rede ist von Regina Mangold, Tochter von Julius Karl Görler. Ihr Vater war es, der Anfang der 1930er Jahre mit Bausätzen und Bauanleitungen von sich reden machte und 1934 das erste HF-Spulenmaterial „Ferrocart“ herausbrachte – ein entscheidender Schritt für die nachfolgende Verwendung von HF-Eisensorten und Ferriten in der Funk- und Radioindustrie.
Seit 1960 in Brühl ansässig
Mit Fertigungsstätten in Berlin und Meuselwitz (Thüringen) entwickelte sich sein Unternehmen zum wohl größten deutschen Hersteller von Spulensätzen für die Rundfunkindustrie. Ab 1951 gab es ein Zweitwerk in Mannheim-Rheinau. 60 Mitarbeiter fertigten dort zu Beginn Spulen für Autoradios der Firma Becker und Radioteile für etliche weitere Hersteller. Verantwortlich für diesen Standort war Dr. Gerhard Schweitzer, der schon in Berlin und Meuselwitz für Görler tätig war. Etliche seiner Entwicklungen und Patente kamen bei Görler zum Einsatz. Schnell wuchs in Mannheim die Beschäftigungszahl und weitere Anbauten wurden erforderlich. Bis an diesem Standort keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr bestanden. So war er auch für den Aufbau des Brühler Werkes verantwortlich.
Die Geschichte der Firma in Brühl begann im Februar 1960. Die Schütte-Lanz Holzwerke – ein von der Kurpfalz aus ebenso weltweit agierendes Unternehmen – vertreten durch seine Direktoren Dr. Josef Helffrich und Albrecht Fichte, unterzeichneten mit der Vertreterin der Transformatorenfabrik Julius Karl Görler, Regina Mangold als alleinvertretende Gesellschafterin, einen Kaufvertrag über knapp fünf Hektar Ackerland in der Albert-Bassermann-Straße. Im Mai 1962 wurde Richtfest gefeiert und im Oktober bereits die Einweihung.
Einer der größten Abnehmer von Görler- Baugruppen für die Radioindustrie war die US-Firma Motorola. Große Stückzahlen an FM-Mischteilen wurden dafür in Brühl produziert. Nicht immer mit dem Einverständnis der Gesellschafter.
Unstimmigkeiten in der Ausrichtung der Firmenpolitik führten 1963 zum Ausscheiden von Dr. Schweitzer aus dem Unternehmen. Dr. Gerhard Mangold, Ehemann von Regina Mangold, übernahm die Geschäftsführung.
Baugruppen für die Radioindustrie wurden fortan für viele Rundfunkgerätehersteller produziert, unter anderem Tuner und Verstärker für die Siemens-Klangmeister-Bausteine RS80 und RV80, Receiver für die Firma Bogen, Tuner für die Thorens und Sennheiser. Radio-Baugruppen wurden an Radio RIM in München und ARLT Radio Berlin verkauft. In den Folgejahren waren jedoch erste Absatzschwierigkeiten zu erkennen. Und so kam das Angebot für eine Zusammenarbeit mit der Firma Körting nicht ungelegen.
1975 schließt das Werk
„Aufgrund der vertraglichen Vereinbarung mit dem Versandkaufhaus Neckermann konnte Körting unter eigenem Namen in Deutschland keine Produkte verkaufen. Da suchten wir einen Partner, der neben seinen auch unsere Produkte produziert und damit in Deutschland vertreiben konnte“, verriet Klaus Böhme, Sohn des damaligen Inhabers der Körting Radio-Werke in Grassau 2014 in einem Gespräch dem Heimatverein. Im Oktober 1969 hatte Klaus Böhme die Leitung der Julius Karl Görler KG übernommen.
Das Lieferprogramm des Brühler Werkes ergänzte sich durch hochwertige HiFi-Stereo-Komponenten und Kompaktanlagen. Produziert wurde auch für namhafte Firmen wie Siemens, Blaupunkt und ELAC.
Bis zu 300 Mitarbeiter waren in Brühl beschäftigt, 1975 wurde das Werk geschlossen und kurz darauf kam es zur Insolvenz der Körting-Werke in Grassau (1978), deren Leitung Klaus Böhme nach dem Ende der Görler-Ära übernommen hatte.
Das Görler-Museum zeigt umfangreiche Beispiele an Produkten, Radio-Baugruppen, Dokumenten, Bildern und Geschichten aus allen Jahrzehnten und allen Fertigungsstandorten von Görler. Die Ausstellung in dem alten Gebäude der Neugasse 44 ist am Sonntag, 15. Mai, von 14 bis 18 Uhr geöffnet.
Trotz Lockerungen der Corona-Vorschriften soll der Gesundheitsschutz mit den gewohnten Hygieneauflagen beibehalten werden, heißt es seitens des Heimatvereins. Dazu gehört das Tragen der FFP2-Maske, 1,5 Meter Abstand zwischen den Besuchern sowie die Beschränkung der Besucherzahl auf maximal sechs Personen.
Einstündige Führungen
Eine einstündige Führung durch das Museum mit dem Experten findet um 14 und um 16 Uhr statt. Eine Voranmeldung ist bei Klaus Triebskorn erforderlich. Der Eintritt ist frei, Spenden sind allerdings willkommen. Auch alle anderen Besucher sollten sich vorab ankündigen. tk
Info: Voranmeldung sind bei Klaus Triebskorn, Telefon 0176/34 21 56 10 oder per E-Mail an dasgörlermuseum@gmx.de, möglich.
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