Heimatverein - Museum in der Neugasse erinnert an die Firma Görler / Bedeutender Standort für die Fertigung von Radiokomponenten und komplette Stereoanlagen

Museum in der Brühler Neugasse erinnert an die Firma Görler

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kt/ras
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Julius Karl Görler vor einem Großtrafo aus dem Görler-Werk Berlin-Reinickendorf – in der Gemeinde wurden zwar nicht diese Giganten produziert, doch das Werk in der Albert-Bassermann-Straße war ab 1966 Hauptsitz des wichtigen Unternehmens. © Köhler

Brühl. Es ist ein prägendes Stück Brühler Industriegeschichte, dem sich das Görler-Museum in der Neugasse widmet. In den früheren Heimatstuben wird in dieser Präsentation des Heimatvereins von der Firma des Julius Karl Görler berichtet, die einst ihren Sitz und eine Fertigungshalle im heutigen Hima-Gebäude hatte. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte von Görler, die im Museum anhand vieler Exponate wachgehalten wird, 1923 allerdings in einem Hinterhof von in Berlin-Moabit.

Julius Karl Görler hatte sieben Geschwister und auch ansonsten eine vielköpfige Verwandtschaft, die in verschiedenen Bereichen unternehmerisch tätig war. Sie alle kamen aus Zeulenroda in Thüringen. Der Vater war ein fantasievoller Exzentriker und Goldschmied, hatte ein Schmuckgeschäft und entwickelte sich schließlich zum Fabrikanten für Flaschenverschlüsse.

Julius Karl Görler, geboren 1899, sah mit der Einführung des Rundfunks 1923 für sich die Chance, an dieser großen Aufbruchstimmung teilhaben zu können. Schon 1924 zog er nach Berlin Charlottenburg in ein Gebäude, in dem er Bauteile zum Selbstbau von Detektor- und Radiogeräten herstellte. Schnell wuchs sein Betrieb zum wohl größten Hersteller Deutschlands für diesen Bereich heran, denn die wenigsten Menschen konnten sich damals ein fertiges Radio leisten – sie bauten sich also die Geräte selbst zusammen.

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In fast jedem Radio-Katalog war Görler mit Werbung vertreten. Er war eng verbunden mit bedeutenden Pionieren der Branche etwa der Erfindergruppe „Triergon“, also den Erfindern des Lichttonfilms Joseph Massolle, Jo Engl und an der Spitze Hans Vogt. Zu Vogt bestanden auch familiäre Beziehungen, so war er der Patenonkel von Görlers Tochter Regina. Vogts Patent, Hochfrequenzspulen mit Kernen aus Eisenpulver und Karton herzustellen, war damals revolutionär – Görler brachte es als erster Hersteller auf den Markt.

1939 zog Görler mit seiner Produktion nach Berlin-Reinickendorf. Dort nahm er zusätzlich die Produktion von Großtransformatoren auf, die bis 1966 aufrechterhalten wurde.

Die Kriegszeit zwang Görler 1941 zur Auslagerung einer Fertigungsstätte abseits von Berlin – das Unternehmen ging nach Meuselwitz in Thüringen. Sein engster Mitarbeiter, Dr. Gerhard Schweitzer, übernahm dort den Aufbau und die Leitung des Werkes. Schweitzer war zuvor Stellvertreter von Manfred von Ardenne, der unter anderem für die Erfindung des Fernsehens verantwortlich war.

Das Ende der Kriegszeit war für den Standort Berlin – umgeben von der Sowjetischen Besatzungszone – beziehungsweise in Thüringen mitten in dieser Machtsphäre nicht ganz einfach. Westliche Kunden, vor allem die Firma Becker, Hersteller von Autoradios, verlangten wegen der unsicheren Lage einen weiteren, sicheren Fertigungsstandort in den westlichen Zonen, der späteren Bundesrepublik.

Der Weg in die Kurpfalz

Die Wahl fiel 1951 auf Mannheim-Rheinau, ein Areal in der Bruchsaler Straße. Auch dort war Dr. Schweitzer federführend beim Unternehmensaufbau. 1955 starb Julius Karl Görler. Der Fertigungsstandort Meuselwitz wurde zunehmend vom DDR-Regime beeinflusst. Gegen Ende der 1950er Jahre wurde es trotz einiger angebauter Hallen in Mannheim wegen steigender Produktionszahlen an Radiobaugruppen zu eng und 1959 trat Schweitzer in Verhandlung mit der Gemeinde Brühl über ein Grundstück der Firma Schütte-Lanz bei der Albert-Bassermann- Straße.

1962 bezog man den dreistöckigen modernen Neubau. Wiederum Dr. Gerhard Schweitzer war für Aufbau und Geschäftsleitung zuständig. Nur wenige Jahre danach führten Unstimmigkeiten mit Dr. Gerhard Mangold, dem Ehemann von Görlers Tochter Regina, dazu, dass Schweitzer das Unternehmen verließ. 1966 schloss das Werk Reinickendorf seine Fertigung und Brühl wurde Hauptsitz des Unternehmens. Die Herstellung von Großtransformatoren wurde eingestellt. Brühl übernahm die Fertigung der Kleintransformatoren aus Berlin. Neben den in großen Stückzahlen von Radiobaugruppen und Tunern, die zum Großteil nach Nordamerika geliefert wurden, fertigte Görler ab 1966 komplette Stereoanlagen.

1969 verkaufte Görlers Tochter Regina ihre Anteile an Dr. Gerhard Böhme, den Besitzer der Körting-Radio-Werke. Sein Sohn Klaus wurde Geschäftsführer im Brühler Görler-Werk. Als 1975 sein Vater verstarbt, schloss er das Brühler Werk und leitete von da an die Körting-Werke in Grassau mit rund 4000 Beschäftigten. In der Folge übernahm die Firma Hima die Brühler Gebäude und nutzt sie bis heute.

Das Museum des Heimatvereins zeigt Beispiele aus der Anfangszeit des Rundfunks, die Görler wesentlich mit Bauteilen für die Radioindustrie und für den privaten Bedarf beeinflusste. Darunter sind auch Bauteile aus dem damals neuartigen Ferrocart-Material.

Zahlreiche Exponate

Die Exponate – vorrangig von Klaus Triebskorn zusammengetragen – zeigen den Besuchern die Industriegeschichte von Görler bis hin zu den kompletten Stereoanlagen. Umfangreiche Werbeunterlagen, Baupläne, Görler-Fachzeitschriften, Fotos und Geschichten von ehemaligen Mitarbeitern ergänzen die Ausstellung in der Neugasse.

Das interessante Museum in ist wieder am Sonntag, 10. April, von 14 bis 18 Uhr geöffnet. „Trotz Lockerungen bei den Vorgaben wegen der Corona-Pandemie soll der Gesundheitsschutz mit den gewohnten Hygieneauflagen beibehalten werden“, erklärt Klaus Triebskorn, zweiter Vorsitzender des Brühler Heimatvereins. Dazu gehört die FFP2-Masken-pflicht, die 3G-Regelung und die Abstandsvorgabe von 1,5 Metern sowie die Beschränkung auf maximal sechs Besucher gleichzeitig.

Eine einstündige Führung durch das Museum findet jeweils um 14 und um 16 Uhr statt. Eine Anmeldung ist erforderlich. Der Eintritt ist frei. kt/ras

Info: Anmeldungen sind bei Klaus Triebskorn, Telefon 0176/34 21 56 10, oder per E-Mail an DasGörlerMuseum@gmx.de möglich.

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