Heimatverein

Görler-Museum in Brühler Neugasse schließt endgültig

Das Görler-Museum in der Brühler Neugasse ist endgültig Geschichte. Die Sammlung um den einstigen Brühler Hersteller von Radioteilen Julius Karl Görler konnte zum größten Teil eine neue Heimat finden.

Von 
Benjamin Jungbluth
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Julius Karl Görler war in den 1930er Jahren der wohl bedeutendste Hersteller für Radioteile und Radiobaugruppen. Bis 1975 war der Firmensitz in Brühl. © Klaus Triebskorn

Brühl. Nach nur rund sieben Jahren ist das mit viel Liebe zum Detail und viel privatem Einsatz im Brühler Heimatverein geschaffene Görler-Museum in der Neugasse endgültig Geschichte. Die umfangreiche Sammlung um den einstigen Brühler Hersteller von Radioteilen Julius Karl Görler konnte allerdings zum größten Teil eine neue Heimat finden: Das Mannheimer Technoseum hat zahlreiche Exponate und sämtliche Dokumentationen übernommen.

Bereits im Januar vergangenen Jahres hatten Bauschäden am bisherigen Museumsgebäude – den früheren Brühler Heimatstuben – keinen öffentlichen Zugang mehr erlaubt. Seitdem hatte Klaus Triebskorn, der die Sammlung ehrenamtlich zusammengestellt hatte, nach alternativen Räumlichkeiten in Brühl gesucht und sogar Museen in ganz Deutschland angefragt. Seit Jahresbeginn wurde dann das besondere Interesse des Landesmuseums für Technik und Arbeit in der Quadratestadt deutlich.

Mannheimer Kuratoren an Brühler Exponaten sehr interessiert

„Die Kuratoren und Sammlungsleiter Dr. Antje Keller und Dr. Alexander Sigelen haben bereits beim ersten Besuch des Görler-Museums die sowohl regionale als auch deutschlandweite Bedeutung der Ausstellung erkannt“, berichtet Triebskorn sichtlich erleichtert auf Nachfrage unserer Zeitung. Es zeige die wirkliche Bedeutung dieser Sammlung in Sachen Industriegeschichte.

Immer wieder besuchten ehemalige Mitarbeiter das Görler-Museum in der Brühler Neugasse und gaben Klaus Triebskorn (l.) wichtige Tipps über die Baugruppen und zur Arbeit im Brühler Werk. © Klaus Triebskorn

In den darauffolgenden Monaten wurde eine Zusammenstellung der von den Mannheimern zu übernehmenden Exponate festgelegt, welche den größten Teil der Brühler Sammlung umfasste. Vor allem sämtliche originalen Archivalien, Druckschriften, Kataloge, Baupläne sowie die Görler-Kontakt-Hefte und Dokumente von ehemaligen Mitarbeitern gingen so in den Besitz des Technoseums über.

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Diese bildeten seit 2010 die Grundlage für die Erforschung der Geschichte um den Radiopionier Julius Karl Görler, dessen weltweit tätiges Unternehmen von 1923 an in Berlin firmierte und zuletzt von 1962 bis 1975 in Brühl – in den heutigen Gebäuden der Firma Hima – seinen Hauptsitz hatte. Mit zeitweise über 720 Mitarbeitern in allen Fertigungsstandorten versorgte Görler deutschland- und weltweit die Radioindustrie und anfangs private Bastler mit Rundfunkbaugruppen bei Stückzahlen in Millionenhöhe.

Brühler Heimatverein dokumentiert die Görler-Sammlung

Geblieben ist die geschichtliche Aufarbeitung der Firma Görler in der „Ortsschell` Nummer 17“ des Brühler Heimatvereins, die in erster Auflage 2013 und in zweiter Auflage im Jahr 2022 erschien. „Eine weitere Fortschreibung mit neuen Erkenntnissen, unter anderem zu den vielfältigen Produkten des Unternehmens, soll in den nächsten Jahren erscheinen“, verrät Klaus Triebskorn. „Dafür haben wir vor der Übernahme durch das Technoseum über viele Monate hinweg alle Produkte und Dokumente fotografiert, eingescannt und im Hinblick auf eine Darstellung, unter anderem im ,Netmuseum‘ des Landes, digitalisiert.“

Radiobaugruppen der Firma Görler aus der Anfangszeit des Rundfunks gehörten zur Dauerausstellung des Museums in der Neugasse. © Klaus Triebskorn

In der bis zu ihrer Schließung weltgrößten Ausstellung zu dem Unternehmen, das schon in den 1930er Jahren zum größten Hersteller für Radioteile in Deutschland aufgestiegen war, erinnerte das Museum 2023 zum 100. Jubiläum des Rundfunks in Deutschland noch mit Sonderausstellungen an den Pionier der Radiotechnik. Im Januar 2024 wurden dann schließlich morsche Deckenbalken in dem um 1900 erbauten Museumsgebäude in der Neugasse 44 festgestellt. Die bis dahin öffentliche Nutzung des Gebäudes war somit aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich.

Gemeinde sieht keine geeigneten Räume für das Museum

Die Suche nach Ersatzräumlichkeiten im Ort erbrachte aus Sicht von Klaus Triebskorn mehrere Möglichkeiten, die er der Gemeinde und dem Heimatverein vorschlug, so beispielsweise ein Umzug in ungenutzte Räume anderer Vereine und Gruppen oder in das Obergeschoss des Heimatmuseums in der Kirchenstraße. Alle Vorschläge seien aber mit der Begründung abgelehnt worden, dass der Kommune keine geeigneten Räumlichkeiten zur Verfügung stünden.

Im Gespräch mit dieser Zeitung hatte Bürgermeister Dr. Ralf Göck das Engagement von Triebskorn und des Heimatvereins als „bewundernswert“ gelobt, eine Umsiedelung innerhalb Brühls aber tatsächlich als nicht umsetzbar angesehen. Zudem stehe die Kommune auch nicht in der Pflicht, für Ersatzräume zu sorgen, sagte Göck.

Eines der vielen wichtigen Exponate aus dem bisherigen Görler-Museum, das von Brühl nach Mannheim übersiedelt. © Klaus Triebskorn

„So wie sich seinerzeit Altbürgermeister Alfred Körber erfolgreich um die Ansiedelung der Firma in Brühl bemühte, so besiegelte Bürgermeister Dr. Ralf Göck nun leider ein Ende der greifbaren Geschichte um das bedeutende Unternehmen“, bedauert Triebskorn diese Reaktion der Gemeindespitze. Zugleich sieht er dort ein „geringes Interesse am Erhalt der Zeugnisse der Brühler Industriekultur“. Beispielhaft dafür stehe der vor 13 Jahren erfolgte Abriss der denkmalgeschützten ehemaligen Ziegelei Merkel als Teil des früheren Zentrums der Badischen Ziegeleien.

Brühler verliert erneut wichtige historische Quellen

„Damals handelte es sich um einen von weltweit nur noch drei bestehenden riesigen Zick-Zack-Öfen. Ein weiteres Beispiel waren die verweigerte Übernahme und der Abriss der meisten Schütte-Lanz-Hallen samt Kesselhaus des bedeutenden Herstellers von Luftschiffen. Mit dem Görler-Museum ist nun ein weiteres Stück wichtiger Industriegeschichte aus der Hufeisengemeinde verschwunden“, führt Triebskorn seine Kritik aus.

Ehemalige Mitarbeiterinnen im Brühler Görler-Werk in der Albert-Bassermann-Straße während einer kurzen Arbeitspause. © Heimatverein Brühl

Übrig bleibe nur die Möglichkeit, Ausschnitte der Görler-Sammlung künftig digital anzuschauen. „Aber leider wird es im Ort nichts mehr zum Betrachten im Original und nichts mehr zum Anfassen geben. Das ist sehr schade für Brühl“, resümiert Klaus Triebskorn ernüchtert.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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