Brühl. Die nächste Vereinsvertretersitzung findet am Mittwoch, 11. September, ab 19 Uhr bei der Sportgemeinde Brühl im Weidweg statt. Neben dem klassischen Thema der Terminanmeldung für das folgende Quartal werden Bilanzen zum Ferienprogramm und zum Rohrhofer Sommerfest gezogen. Außerdem gibt es Ausblicke auf die Straßenkerwe im Oktober und die Feier „1050 Jahre Rohrhof“ im übernächsten Jahr.
Wir sprachen mit dem Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Brühler und Rohrhofer Vereine Wolfram Gothe darüber, wie er die aktuelle Lage beim ehrenamtlichen Engagement in der Gemeinde einschätzt.
Wie hat sich die Brühler Vereinswelt in den vergangenen Jahren verändert?
Wolfram Gothe: Corona war natürlich ein heftiger Einschnitt. Aber die Sportvereine zum Beispiel haben annähend wieder zu ihrer alten Stärke zurückgefunden. Doch was zusätzliches Engagement über den eigentlichen Vereinszweck hinaus angeht, zum Beispiel Feste auszurichten, da ist die Unterstützung zurückgegangen. Vor allem ist bei den jüngeren Mitgliedern die Bereitschaft verloren gegangen, sich auch in diesen Bereichen ehrenamtlich für den Verein und die Gemeinschaft im Ort zu betätigen. Da wird vielfach lieber vor als hinter dem Tresen gefeiert.
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Woran liegt das?
Gothe: Zahlreiche jüngere Vereinsmitglieder haben sehr viele verschiedene Interessen, sodass nicht mehr nur ein oder zwei Vereine den Lebensmittelpunkt bilden. Dazu kommt, dass die vielen alten Mitglieder, die über lange Zeit beim Aufbau, beim Thekenbetrieb und beim Abbau feste Größen waren, inzwischen noch älter geworden sind und die Arbeit schon rein körperlich nicht mehr leisten können. Aber Corona hat auch einiges im Denken der bislang engagierten Vereinsmitglieder bewirkt. Nicht wenige haben in der Zeit des Sparprogramms für sich entschieden, genug geleistet zu haben – jetzt sollen mal jüngere Mitglieder die Aufgabe übernehmen. Aber weil viele Veranstaltungen auch in den Jahren nach der Pandemie so nicht mehr durchgeführt wurden, konnten keine Nachfolger aufgebaut werden. Denen, die sich dann doch wieder einbringen wollen, fehlt nun der erfahrene Leitwolf. Sie fühlen sich mit den Aufgaben auch oft überfordert. Da kann ich nur dazu aufrufen, nicht so schnell zu resignieren. Gemeinschaft braucht das ehrenamtliche Engagement.
Kann man sagen, dass viele auch erkannt haben, dass es auch schön sein kann, einmal ein Fest ohne Arbeit zu genießen oder unverplante Freizeit zu haben?
Gothe: Ja, so mancher ist wohl auf den Geschmack gekommen, seine privaten Interessen wieder in den Vordergrund zu stellen und sich eben nicht für Verein und Gemeinschaft zu engagieren. Es wird wieder sehr viel stärker als Oma oder Opa das Erlebnis mit der Familie in den Vordergrund gerückt. Mehr als das Vereinsumfeld.
Und das wirkt sich dann auch entsprechend auf die Straßenfeste in Brühl aus?
Gothe: Ja, natürlich. Man sieht es doch, wenn man durch die Festmeilen geht. In Rohrhof beim Sommerfest ist das zwar etwas anders strukturiert, aber bei der Straßenkerwe kann man doch klar erkennen, dass es immer weniger Vereine gibt, die diese Aufgaben bei einem dreitägigen Fest plus Auf- und Abbau nicht mehr stemmen können oder wollen. Es kommt zudem halt auch immer darauf an, wie man mit den Leuten, die sich trotzdem engagieren wollen, seitens der Organisation umgeht. Da reicht oft schon ein falsches Wort und die Vereine ziehen sich aus der Veranstaltung zurück.
Wie ist das zu verstehen?
Gothe: Ein Beispiel: Ein großer Brühler Verein hat beim Rohrhofer Sommerfest die Anfrage gestellt, ob man den eigenen Stand noch direkt am letzten Tag, also Sonntagnacht, abbauen könne. Das dürfen die Verantwortlichen wegen der Nachtruhe der Anwohner natürlich nicht erlauben. Und dann heißt es plötzlich: Dann machen wir halt als Verein nicht mehr mit. Es kann auf der anderen Seite aber auch nicht sein, dass Vereine – so wurde es mir zumindest berichtet – ihren Stammbereich auf dem Messplatz nicht mehr bekommen, nur weil sie ihr Angebot weg von Speisen hin zu Getränken verändert haben.
Werden die Regeln aus Ihrer Sicht also zu stringent ausgelegt?
Gothe: Ja, zum Teil schon. Natürlich müssen beispielsweise Hygienebestimmungen eingehalten werden. Aber auch dabei macht der Ton die Musik. Drohungen und Ankündigungen strenger Kontrollen vor Ort nehmen den ehrenamtlich Aktiven sehr schnell den Mut, sich zu engagieren. Da müssen Leitungen genau getestet werden, es müssen bestimmte Materialien verwendet werden, die einzig diesem Zweck dienen. Die Einhaltung dieser Regeln wurde früher nicht so rabiat überprüft – und trotzdem hat alles funktioniert. Natürlich muss Sicherheit an erster Stelle stehen, aber da muss man doch nicht so eine Drohkulisse aufbauen.
Was raten Sie den Vereinen, um gegen den allgemeinen Trend anzukommen?
Gothe: Die Vereine sollten ihre älteren Mitglieder nicht bei Ehrungen und Geburtstagsbesuchen vergessen. Auf deren Erfahrungsschatz können die jüngeren Mitglieder aufbauen. Und ihr früheres Engagement kann als Vorbild dienen, sich einzubringen. Denn Vereine und Feste bringen Menschen zusammen. Sie sind damit ein wichtiges identitätsstiftendes Element im Gemeindeleben, sie sind gelebte Tradition.
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