Brühl. Die meisten Menschen kennen Lorbeer, Estragon und Lavendel. Bei jüdischem Salbei oder Heliopsis dürfe es schon anders aussehen. Ein Abstecher zum evangelischen Gemeindezentrum könnte diese Wissenslücken ab sofort schließen. Viele Kräuter wurden dort im neu errichteten „Hochbeet am Glockenturm“ gepflanzt und beschriftet, zusammen mit trockenresistenten Stauden.
Die Kirchengemeinde hatte 2019 eine professionelle Beratung für naturnahe Umgestaltung von Grünflächen gewonnen. Das vom Umweltministerium geförderte Projekt „Blühende Gärten – damit es summt und brummt!“ stand aber noch am Anfang eines langen Weges. Erst dank des ehrenamtlichen Engagements vieler Gemeindemitglieder, deren Spenden und vor allem durch den Einsatz des „Grünen Gockel“-Teams der Kirchengemeinde wurden das Hochbeet und zwei weitere Grünflächen am Gemeindezentrum fertiggestellt und mit einem Gottesdienst und Umtrunk eingeweiht.
Wer möchte, kann sich nun am „Blühenden Garten am Pfarrhaus“ und seinen blühenden und zudem bienenfreundlichen Stauden gleich gegenüber erfreuen oder doch lieber im „Naschgarten“ vor den Gruppenräumen ein paar Erdbeeren oder Feigen probieren – mit der Erlaubnis und dem Segen der Kirche. Mit den Besuchern dürfen sich auch die Insekten freuen, denn an ein Insektenhotel wurde genauso gedacht. Vor der Einweihung zelebrierte Pfarrerin Melanie Börnig einen gut besuchten Gottesdienst.
Guerilla-Bepflanzung ist unnötig
Gleich zu Beginn wurden Postkarten verteilt. Darauf zu sehen: ein Garten. Nach dem gemeinsamen Singen, das auch durch Corona-Masken weithin zu hören war, und einigen biblischen Zitaten, traten die Konfirmandinnen Phelicia und Valentina nach vorne. Sie erzählten als Protagonistinnen einer Geschichte von einem verdächtig erscheinenden Mann, der vielleicht Nachbars Katze meuchelte und diese nachts im Garten vergraben wolle. Doch weit gefehlt, denn er pflanzte im Guerilla-Gardening-Stil Blühpflanzen und verwandelte einen Flecken Ödland in einen Garten.
„,Mit dem Garten beginnt das Leben’ lautet ein chinesisches Sprichwort“, sagte Pfarrerin Melanie Börnig und schlug damit den Bogen zur Schöpfungsgeschichte, denn nach der Erschaffung des Menschen sei um diesen herum alles wüst und leer gewesen. „Also erschuf Gott einen Garten um ihn. Doch auch wenn wir heute nicht mehr im Paradies leben, ist diese Welt ein wunderbarer Ort, den man bewahren und schützen muss“, so die Geistliche.
Der „Bauerngarten mit Sonnenblumen“ von Maler Gustav Klimt, der auf den Postkarten zu sehen sei, hätte einen ersten Hinweis gegeben, wie es einmal aussehen könne vor dem Gemeindezentrum. Ein Paradies für Bienen, andere Insekten und die Sinne, sodass es nur so „brumme und summe“, um zu inspirieren, es im eigenen Garten gleichzutun. In ihrer Fürbitte bat sie den Herrn, dass die Pflanzen ein Segen sein mögen und um Hilfe bei der Bewahrung der Schöpfung.
Herzlich dankte Börnig der gesamten Gemeinde für die Unterstützung und Spenden von mehr als 7000 Euro, die das Projekt ermöglicht hatten. Dank galt auch Jeanette und Werner Huber sowie Klaus Triebskorn vom „Grünen Gockel“ des Umweltmanagements der Kirche sowie Hermann Scheuler vom Bauausschuss für ihr Engagement.
Voller Stolz berichteten sie über die Historie der „Blühenden Gärten“ vor dem Zentrum. „Wir fuhren zu verschiedenen Baumschulen und wurden in Ladenburg fündig. Die hatten alles“, berichtete Triebskorn. Auch hätten sie selbst Robinienholz aus dem Wald geholt und unterschiedlich große Löcher in das Insektenhotel gebohrt, um möglichst vielen Arten ein Zuhause zu bieten. Die Hochbeetmauern seien bewusst ungleich und mit viel Freiraum zwischen den Steinen gestaltet worden, um Eidechsen Unterschlupf zu bieten.
Zweites Insektenhotel in Planung
Beim anschließenden Umtrunk im Freien wurde so manche Erdbeere oder Feige genascht und bewundert. Besucherin Doris Huschka war begeistert: „Toll, wie viele unterschiedliche Pflanzenarten zum Einsatz kommen.“
Klaus Triebskorn vom „Grüner Gockel“-Team, das nicht nur ehrenamtlich gearbeitet, sondern auch gespendet hatte, teilte abschließend mit: „Die Gesamtkosten werden bei 11 000 Euro liegen. Es ist ein Leuchtturmprojekt und soll zum Nachmachen animieren, anstatt noch mehr Schottergärten anzulegen.“ Mit einem Schmunzeln ergänzte er: „Es ist noch Holz übrig. Damit werden wir noch ein zweites Insektenhotel einrichten.“
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