Brühl. Erderwärmung, Hitzewellen, Fluten, Dürren – so extrem wirkt sich der Klimawandel in Europa aus. Kein Kontinent erwärmt sich laut Klimadienst Copernicus so schnell wie Europa. 2023 war das wärmste Jahr seit 1980. In ganz Europa wird aktuell vor Unwettern gewarnt. „Seit Jahrzehnten weisen Wissenschaftler auf der ganzen Welt darauf hin, dass die Menschheit ungebremst auf die Klimakatastrophe zusteuern“, fasst das literarische Duett – Dagmar Krebaum und Barbara Hennl-Goll – die Situation zusammen und stellen Bücher zum Thema vor.
Da ist beispielsweise Mojib Latif, Professor am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. In seinem Buch „Heisszeit. Mit Vollgas in die Klimakatastrophe“ (2020, Herder Verlag) steckt neben seiner Expertise viel Zorn darüber, dass die Politik immer noch nicht entschieden gegen den menschengemachten Klimawandel vorgehe. Er erklärt nicht allein die Gründe des Klimawandels, er demaskiert auch die Methoden der Klimaskeptiker, widerspricht den Störfeuern aus Politik und Wirtschaft und bietet einen Zehn-Punkte-Plan zum Klimaschutz. Es ist ein flammender Appell, aber auch eine Streitschrift, die Mut machen will.
Buchtipps in Brühl: Wie gefährlich ist der Mensch für seine Umwelt?
In seinem neuesten Buch „Klimahandel. Wie unsere Zukunft verkauft wird“ (2024, Herder Verlag, ISBN 9783451395857, 240 Seiten, 22 Euro) wendet er sich der Frage zu, warum die Menschen trotz besseren Wissens weiterhin auf gefährliche Weise den Ast absägt, auf dem sie sitzt.
Latif stellt die unbequemen Fragen nach dem Versagen der Politik und den Interessen weniger mächtiger Konzerne, die von dieser fatalen Entwicklung profitieren. Er kritisiert die „seelenlose Funktionsweise des Welthandels“, die zu existenziellen Problemen wie Klimawandel und Artensterben führe. In einigen Weltregionen sei die Lage mittlerweile prekär, zum Teil seien die Schäden nicht mehr reparabel und auch nicht mehr finanziell auszugleichen. Dies gilt vor allem in den armen Regionen der Welt.
Die zentrale These dieses Buches ist für das Literarische Duett ebenso klar wie dringlich: „Der Klimawandel ist zum verhängnisvollen Verhandlungsobjekt geworden. Nur wenige, die dabei gewinnen, zahllose verlieren.“ Doch es gibt Hoffnung und Latif zeigt den Weg. Die Zukunft nachfolgender Generationen könne gerettet werden, wenn die Menschen sich auf globale Zusammenarbeit besinnen sowie Wohlstand und Nachhaltigkeit in Einklang bringen.
Die Brühler Literatinnen empfehlen ein Buch, das Wirtschaft und Klimawandel behandelt
Die amerikanischen Professoren Gernot Wagner und Martin L. Weitzman legen ihr Buch „Klimaschock. Die extremen wirtschaftlichen Konsequenzen des Klimawandels“, (2016, Verlag Ueberreuter, ISBN 9783 800076499, 256 Seiten) vor – von der Financial Times zu einem der besten 15 Wirtschaftsbücher des Jahres 2015 gekürt. „Sie zeigen, dass die Welt viel mehr tun muss, um eine Katastrophe zu vermeiden. Es geht nicht darum, was wir mit Sicherheit wissen, sondern um die unberechenbaren Auswirkungen des Klimawandels, die viel mehr ins Gewicht fallen“, so Krebaum und Hennl-Goll.
Das Buch zeige, dass es am Ende nicht um Kapitalismus gegen das Klima gehe, sondern darum, das tägliche Handeln mit dem Klimaschutz in Einklang zu bringen – also eine Frage des Risikomanagements in einem globalen, für die Menschheit existenziellen Ausmaß. „Es ist ein spannendes, sehr anschaulich geschriebenes Buch mit einem umfangreichen Anmerkungs- und Quellenteil“, fasst Krebaum zusammen.
Matthias Quent beschäftigt sich in seinem Buch „Klimarassismus. Der Kampf der Rechten gegen die ökologische Wende“ (2022, Piper Verlag, EAN 978-3-492-06399-9, 288 Seiten, 20 Euro) mit der Frage, ob Klimawandelleugnung rassistisch sei. Quent ist Professor für Soziologie an der Hochschule Magdeburg und seine beiden Mitautoren sind ebenfalls Soziologen und Rechtsextremismusexperten und forschen über gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Auch das Thema Klimarassismus wird bei den Brühler Lesetipps behandelt
Sie beschäftigen sich in ihrem Buch nicht nur mit rechtsextremen, sondern mit vielen verschiedenen Milieus, die den Klimawandel leugnen oder zumindest Maßnahmen zum Klimaschutz verhindern wollen. Diesen Milieus ist gemeinsam, dass sie Privilegien bewahren wollen – auf Kosten der fortgeführten Ungleichheit. Er stellt die Frage, warum in Deutschland pro Kopf im Durchschnitt das Neunfache an CO2 emittiert werden dürfe als auf dem afrikanischen Kontinent. Der globale Norden hat demnach den Klimawandel durch die Industrialisierung entscheidend verursacht – aber vor allem der globale Süden muss die Konsequenzen tragen, ohne groß mitsprechen zu können.
„Es gibt auch Ökofaschisten, die fordern, dass nicht die Industrienationen sich verändern, sondern die Bevölkerungszahl im globalen Süden dezimiert werden müsse – ’Survival of the Fittest’ beziehungsweise ’Survival of the Richest’. Also: Nur die Stärksten beziehungsweise Reichsten überleben“, fasst Krebaum zusammen.
Das Buch behandele hochspannend, dass auch Klima und Demokratie zusammengehören und dass Menschen aus den reichen Ländern Klimaschutz, Antirassismus, Antifaschismus und andere Aspekte von Antidiskriminierung und Demokratieförderung zusammen denken und praktizieren sollten, lautet das Fazit des Literarischen Duetts.
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