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Magische Unterwasserwelt: Meerjungfrauenschwimmen im Brühler Freibad

Inspiriert von Hans Christian Andersens Märchen der kleinen Meerjungfrau bietet das Brühler Freibad einen faszinierenden Schwimmkurs an. Unter der Leitung von Amy Reuther lernen Teilnehmer, mit Monoflossen zu schwimmen und sich wie Meerjungfrauen im Wasser zu bewegen.

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Ralf Strauch
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Diese drei Meerjungfrauen im Freibad fühlen sich beim schier schwerelosen Schweben unter Wasser sichtlich wohl. © lang

Brühl. „Weit draußen im Meere ist das Wasser so blau, wie die Blätter der schönsten Kornblume, und so klar, wie das reinste Glas. Aber es ist sehr tief, tiefer, als irgend ein Ankertau reicht; viele Kirchthürme müssten auf einander gestellt werden, um vom Boden bis über das Wasser zu reichen. Dort unten wohnt das Meervolk.“ So beginnt das Märchen der kleinen Meerjungfrau von Hans Christian Andersen, das er vor fast 160 Jahren niederschrieb. Inzwischen finden sich Meerjungfrauen und -männer nicht nur in Kopenhagen, sondern in vielen Regionen der Welt – diesmal auch im Brühler Freibad.

Die 20-jährige Amy Reuther aus Rohrhof hatte als erfahrene Lehrerin dorthin zu Schwimmkursen für angehende Mitglieder des Meeresvolkes eingeladen. Und genauso, wie Andersen einst die Wesen beschrieb, so tummelten sie sich nun im Freibad: „Sie hatte sie keine Füße; der Körper endete in einen Fischschwanz.“

Meerjungfrauenschwimmen in Brühl: Große Filmvorbilder

Für Kursleiterin Reuther war einst die australische Fernsehserie „H2O – Plötzlich Meerjungfrau“ der Tropfen, der in ihr die Sehnsucht weckte, so im Wasser zu schweben, wie die drei Teenager-Mädchen der Serie, die ihre ganz normalen Probleme des Erwachsenwerdens meistern – mit dem Unterschied, dass sie nebenbei noch Meerjungfrauen sind. Doch damals gab es noch keine „Mermaiding“-Angebote in der Region, also ging die 14-jährige Schwimmerin erfolgreich daran, sich über das Internet und die eigenen Erfahrungen zur Expertin in Sachen Meerjungfrau zu mausern.

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Meerjungfrauen und -männer bevölkern Brühler Schwimmbecken

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Inzwischen bietet sie immer wieder Kurse für Interessierte im Brühler Freibad an, mal – wie am Wochenende – offen für alle Teilnehmer, mal als Geburtstagsattraktion. Das Ergebnis der Kurse ist allerdings immer das Gleiche – egal wie alt die Teilnehmer sind: Sie sind sofort von diesen magischen Momenten im Wasser fasziniert und bekommen selbst beim Tauchen das glücklich Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht.

Trainerin Amy am Beckenrand weiht all ihren Meerjungfrauen-Lehrlingen in die Geheimnisse der Fabelwesen ein. © Andreas Gieser

So ist auch der 45-jährige Ben, der den Kurs geschenkt bekommen hat, absolut begeistert. Bei ihm wurde der Kindheitstraum von Patrick Duffy in „Der Mann aus dem Meer“ in den frühen 1980-er Jahren geweckt – auch wenn der ohne Monoflosse das Wasser durchpflügte. „Zu der Zeit gab es so ein Angebot noch nicht – aber jetzt kann ich mir diesen Traum endlich erfüllen, mega“, sagt er – und seine Schwimmerfahrung zahlt sich aus. „Das beim Hellas gelernte Schmetterlingsschwimmen ist die beste Voraussetzung jetzt mit der Monoflosse Tempo zu machen – es ist jetzt halt nur unter der Wasseroberfläche“, sagt er, taucht ab und schwimmt als einziger Meermann des Tages davon – so als hätte er nie etwas anderes gemacht.

Teilnehmer beim Meerjungfrauenschwimmen in Brühl wagen erste Nixentricks

Cassandra (22) hat im Unterschied zu ihm schon zuvor Erfahrungen mit dem Meerjungfrauenschwimmen gesammelt und besitzt sogar ihre eigene Flosse. „Ich finde es einfach toll, auf diese Weise durchs Wasser zu schweben“, sagt sie. Vom Kurs erhofft sie sich, ihren Stil noch zu verfeinern.

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Die größte Gruppe bei diesem „Mermaid“-Schwimmen im Brühler Freibad machen aber die Mädchen im Alter von neun bis 14 Jahren aus. Viele von ihnen haben schon Erfahrungen mit der Schwimmflosse gesammelt. Beispielsweise die Schwestern Marlene (8) und Philippa (10). Sie besitzen schon länger ein Meerjungfrauenoutfit und nutzen es eifrig im eigenen Pool. Doch jetzt unter Anleitung von Reuther sieht alles noch anmutiger aus. Zunächst erlernen die Kursteilnehmer die Grundbewegungen des Hingleitens. Nach und nach wächst die Herausforderung, bis sich die Teilnehmer im tieferen Wasser an erste Nixentricks wagen.

Die Meereswesen sorgen für ordentlich Wirbel im Becken des Freibades – hier üben sie gemeinsam, mit ihren Flossen Wellen zu schlagen. Unter Wasser gibt ihnen diese Bewegung ordentlich Antrieb. © Andreas Gieser

Magdalena (9) findet das auch gar nicht so schwierig – kein Wunder, sie hat ihre Flosse bereits zum fünften Geburtstag geschenkt bekommen. Bei Emma (9) sieht das schon anders aus – sie hat zwar mit vier Jahren ihre Flosse bekommen, aber „in die muss ich erst noch reinwachsen“. Dass sie die Flosse aber schon jetzt liebt, verrät Mutter Heike (52): „Sie hat sie oft Tag und Nacht an – sogar im Bett beim Schlafen.“

Dorothea (9) findet es gar nicht so einfach, mit der Flosse zu schwimmen, aber auch sie lernt schnell und bewegt sich nach einer halben Stunde geschickt im Wasser. Den Kurs hat sie von ihrer Oma geschenkt bekommen. „Wenn man die Angst überwunden hat, mit in der Flosse fixierten Beinen ins Wasser zu steigen, dann geht es schnell, dass man den Dreh raus hat“, verrät Reuther. Das kann Alia (9) nur bestätigen. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten, weiß sie durch die gute Anleitung schon bald, die Flosse richtig einzusetzen und schwimmt ihre Bahnen durchs Becken.

Im Freibad geht es eng zu unter Wasser – bei so vielen Meerjungfrauen und einem Wassermann, die an diesem Kurs teilnehmen. © Andreas Gieser

„Einfach große Bewegungen machen“, ruft ihr die Kursleiterin noch hinterher, aber da ist Alia längst in eine ganz andere Welt abgetaucht. Zum Schluss gibt es dann noch Unterwasser-Fotoshootings. Doch dann wird es Zeit, das nasse Element wieder zu verlassen, denn richtig sommerlich warm ist es nicht. Und so wird manche Schuppenflosse am Oberkörper mit Gänsehaut abgerundet.

Schuppenflosse und Gänsehaut

Einen großen Vorteil haben die Wesen des heutigen Meervolks im Vergleich zu denen von Andersen: Sie können am Beckenrand die Fischflosse ausziehen und – wenn sie es wieder wollen – anziehen. Arielle aus der Walt-Disney-Filmadaption des dänischen Märchens– sie ist das große Vorbild von Dorothea – dürfte sie darum sicherlich beneiden, denn genau das ist ihr Problem: Sie muss sich auf Dauer zwischen Flosse oder Beinen entscheiden. „Unter dem Meer – wo wär das Wasser besser und nasser als es hier wär“.

Redaktion

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