Brühl. Er wird der erste Künstler sein, der nach der inzwischen eineinhalbjährigen Zwangspause wieder Bilder in der Villa Meixner zeigt: Alf Osman aus Sandhausen. Er kennt den Ausstellungsort, denn bereits vor 15 Jahren war er in der Jugendstilvilla mit seinen Arbeiten zu Gast. Schon damals wurde betont, dass der Künstler in seinen Bildern dem Geheimnis des Lebens auf die Spur zu kommen versucht. Das sei der Grund seines Malens. Dabei folgen die Bilder Osmans bei all ihren Spannungen dem Bedürfnis nach Stimmigkeit.
Wie hat Sie als Künstler der Corona-Lockdown getroffen? Haben Sie mehr Zeit zum Malen gefunden oder hat Sie das Thema eventuell zu sehr beschäftigt?
Zur Person: Alf Osman
1941 wurde Alf Osman im westpreußischen Graudenz geboren.
Seit 1981 lebt der Künstler in Sandhausen.
Von 1961 bis 1966 studierte er an der Universität Heidelberg und der Freien Akademie Mannheim die Fächer Kunstgeschichte, Germanistik und Grafik. Es folgte eine Tätigkeit als Designer.
Von 1966 bis 1969 studierte er weiter an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg.
Von 1969 bis 2011 war er im Schuldienst als Grund- und Hauptschullehrer, seit 1972 als Realschullehrer.
1985 war er Gründungsmitglied der Künstlervereinigung „Heidelberger Malerkreis“. zg/ras
Alf Osman: Ich bin in dieser Zeit wie sonst auch im Stübchen geblieben, habe gearbeitet und hatte viele Einfälle. Das ist alles nicht selbstverständlich, deshalb war ich dankbar dafür, dass ich nicht in solche desaströse Situationen gekommen bin, wie viele Geschäftsleute, die zumachen mussten und jetzt an den Rand ihrer Existenz geraten. Wenn ich das sehe, stelle ich mir die Sinn- und die Gerechtigkeitsfrage, was mein Part im Ganzen sein könnte.
Bei meinen Bildern ist es so, dass ich sie nicht nach irgendwelchen gesellschaftlichen Vorgaben male, sondern sie aus mir raushole. Und erst dann stelle ich fest: Das hat auch etwas mit unserem gesellschaftlichen und dem politischen oder religiösen Leben zu tun. So sind in jüngster Zeit Bilder entstanden, die irgendwie direkt oder indirekt mit dieser Katastrophe zu tun haben.
Spiegelt sich das auch in der geplanten Ausstellung in Brühl wider?
Osman: Das spiegelt sich auch da wider. Es wird zum Beispiel das Bild „Der runde Tisch“ gezeigt. Das könnte man zu denen rechnen, die in den vergangenen Monaten entstanden sind und die in mir ein Ethos hervorgerufen haben, worauf es jetzt ankommt.
Was zeigt das Bild?
Osman: Es stellt eine schwarze Nachtfläche dar, die sich vertikal im mittleren Bereich öffnet und eine Flammenknospe im hellen Bereich freigibt. Unterhalb öffnet sich eine rote runde Platte, auf der eine goldene Kugel liegt. Drumherum tanzen kleine Lebensschiffchen, die wie aufgebrochene bunte Eischalen aussehen, darüber schweben jeweils Kügelchen mit weiteren Flämmchen. Man könnte jetzt sagen, diese Schiffchen repräsentieren unterschiedliche Individuen, Nationen, politische Einstellungen oder Religionen, die um den runden Tisch versammelt sind. Das Bild hat – wie mir mehrfach bestätigt wurde – den einladenden Charakter eines Kindergeburtstages, aber es lädt dazu ein, sich wie bei einer Politiksendung im Fernsehen um ein Zentrum zu versammeln, einander zuzuhören, voneinander zu lernen – ich denke, das ist jetzt die Generalaufgabe, vor allem auch im politischen Bereich. Und ich merke, dass das bei vielen Menschen zündet und inzwischen auch als Lebensaufgabe wahrgenommen wird.
Sie beschreiben die Entstehung Ihrer Bilder als skizzenhaft – gleichzeitig wirken die Arbeiten klar konzipiert. Wie erklären Sie diesen scheinbaren Widerspruch?
Osman: Die Planung vollzieht sich während der Gestaltung. Wenn ich an einen Bildentwurf gehe, habe ich noch überhaupt keine Ahnung, was ich am Ende will. Es gestaltet sich also aus mir heraus, alles ist absichtslos. Es war schon während meiner Schul- und Studienzeit so, dass ich meine Hefte mit skizzenhaften Darstellungen füllte. Und dann entsteht bei mir das Bedürfnis, diese Skizzen immer mehr Form werden zu lassen. Bei mir ist der Schritt des Rausschmeißens, des Weglassens sehr ausgeprägt, das Konzentrieren auf Minimales, auf Wesentliches. Wenn das spannungsreich geschehen ist und ich die Idee habe, dass sich eine Bildgestalt entwickelt hat, die meinem Gestaltungswillen entspricht, dann übertrage ich es gern auf großformatige Leinwand. In einem ersten Schritt gestalte ich es darauf mit wasserlöslichen Farben. Die dann fein aufgetragene Ölfarbenschicht wird punktuell geradezu aufgetupft. Das entspricht meinem Bedürfnis der Vervollkommnung, der Vertiefung, der Beseelung. Ich bekomme das, was ich als beseelte Malwelt empfinde nur so hin – das zeigt sich immer wieder. Es reicht nicht aus, im skizzenhaft Spontanem zu verbleiben. Ich finde es bei anderen Künstlern in Ordnung, wenn sie das so stehen lassen, aber mir gelingt das nicht. Ich will die Dinge durchformen, bis die Gestaltung des Bildes anfängt, mir etwas zu sagen. Ich setze mich dann vor das Bild, meditiere und hole aus dem Bild heraus, was es sagen könnte.
Wie würden Sie sich wünschen, dass andere Betrachter an Ihre Bilder herangehen?
Osman: Es wäre schön, wenn sie erst einmal das Empfinden haben, das Bild spreche zu ihnen – in Farben, Kontrasten und Spannungen zwischen Hell und Dunkel. Und dann ist jeder dazu eingeladen, sein ganz eigenes Verhältnis zum Bild zu gewinnen. Er darf und soll gerne von dem vorgeschlagen Titel, der für mich aber organisch zum Bild gehört, Abstand nehmen, um eine Beziehung in die eigene Erfahrungs- und Lebenssituation zu entdecken.
Info: Alf Osman präsentiert „Ansicht – Neusicht – Aussicht“ ab Freitag, 24. September, in der Villa Meixner. Die Vernissage beginnt um 19 Uhr.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl_artikel,-bruehl-maler-alf-osman-stellt-in-der-villa-meixner-aus-_arid,1821114.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl.html